Die dritte Folge der zweiten Staffel von “Star Trek: Discovery” heißt “Lichtpunkt” (“Point of Light”), ist aber leider kein echter Lichtblick. Warum, erklärt unsere spoilerfreie Kurz-Rezension.
Story
Nach ihrem Ausflug nach Terralysium hat Discovery keine neue Fährte zu verfolgen. Es ist also an der Zeit, sich den Konsequenzen der vielen offenen Handlungsbögen zu widmen. Tillys Halluzinationen, Spocks Einweisung sowie das Schicksal von L’Rell und Tyler stehen im Mittelpunkt der Folge. Gegen Ende der Episode gibt es zudem ein interessantes und folgenreiches Wiedersehen, das uns bestimmt in den nächsten Wochen wiederholt beschäftigen wird.
Dialoge und Figuren
Andrew Colvilles Drehbuch ist spürbar dramatischer als die beiden Auftaktepisoden. Dies verdrängt den Humor der Vorgänger nicht komplett, man muss aber eine Änderung der Tonlage attestieren. Viele unserer Helden haben in dieser Folge mit Tränen zu ringen. Da bleibt leider kein Raum für Nebenschauplätze und die kleineren Rollen unter der Brückenbesatzung. Auch Tig Notaros Jett Reno hat leider wiederholt keinen Auftritt.
Zwischen den Protagonisten gibt es viele intime, verletzliche und stillere Momente. Dabei sind die unterschiedlichen Paarungen unterschiedlich effektiv. Eine positive Überraschung ist erneut Mia Kirshner als Amanda Grayson. Sie und Sonequa Martin-Greens Michael Burnham haben einige großartige Szenen in dieser Folge. Auch Tillys Konflikt mit May geht dem Zuschauer nahe. Im Gegensatz dazu mag das Drama auf Qo’noS zwischen L’Rell und Tyler nicht recht zünden. Einerseits ist die Handlung mit unplausiblen Versatzstücken und Wendungen unnötig kompliziert, andererseits steht wie schon in der letzten Staffel Mary Chieffo die schwere Maske beim Vermitteln von Emotion im Weg.
Einen faden Nachgeschmack hinterlässt die Auflösung von Tillys Sub-Plot. Die Erklärung für Mays Erscheinen ist nachvollziehbar und befriedigend, der Umgang der Crew mit dieser Erkenntnis und die sich ergebenden Konsequenzen verstören jedoch.
Produktion
Die Inszenierung von Regisseur Olatunde Osunsamni ist leider ein Rückschritt. Wieder bekommen wir unnötig viele und schnelle Schnitte zu sehen. Gleichzeitig wirkt eine Kampfszene, die als dramatischer Höhepunkt der Episode dienen soll, seltsam hölzern, ungelenk und voraussehbar.
Das Produktionsdesign von Qo’noS ist ein zweischneidiges Schwert. In einigen großartigen Matte Paintings sieht die Erste Stadt großartig aus und sie passt plausibel in die Lücke zwischen ihrer Darstellung in “Enterprise” und “The Next Generation”. Das kann man von der Großen Halle des Klingonischen Hohen Rates nicht behaupten, dessen Design aus dem letzten Staffelfinale beibehalten wurde. L’Rells Palast hingegen ist zwar ungemein detailliert aber (auch im Vergleich zum opulenten Set des Sarkophagschiffes) für die klingonische Herrscherin zu klein und beengt.
Rahmenhandlung
Mit “Lichtpunkt” holt “Discovery” etwas Luft, um die Anzahl der offenen Handlungsstränge auf ein wieder handhabbares Maß zu reduzieren. Insbesondere der Plot auf Qo’noS soll wohl das eher abrupte Ende des Klingonischen Krieges und L’Rells unwahrscheinliche Kanzlerschaft in ein plausibleres Licht rücken.
Mit Blick auf die 7 Signale wird ausschließlich der Strang um Michael und Spock etwas weiter getrieben, aber der Erkenntnisgewinn ist äußerst dünn. Trotz des sich vertiefenden Vertrauensverhältnisses zwischen Pike und Burnham scheinen die beiden immer noch nicht alle wesentlichen Informationen auszutauschen.
Beobachtungen
- Hurra! Jemand aus dem Produktionsdesign hat herausbekommen, dass ein D7-Kampfkreuzer nicht so aussieht.
- Haarige Klingonen.
- Ein klassisches Micro-Datenband (im Diskettenformat) hat seinen (ersten?) Auftritt in “Discovery”.
- Selbstironische Einsicht: Offenbar ist die Kommunikation per Bildschirm (im Gegensatz zu Hologrammen) die Ausnahme im 23. Jh.
- Starfleet benutzt nicht die Cloud und macht auch sonst keine Backups.
- Man kann offenbar einen kompletten Nervenzusammenbruch auf der Brücke zelebrieren, ohne dass nur einer von 20 Kollegen auf die Idee kommt, Hilfe anzubieten oder zu verhindert, dass man mit dem Turbolift danach unauffindbar verschwindet.
- Es ist dem Captain eines mit Sensoren vollgestopften Forschungsschiffes nicht möglich, einzelne Crewmitglieder an Bord zu lokalisieren, auch wenn er sich um deren Verfassung sorgt.
- Interessantes und selten effektives Waffenarsenal. Es verwundert ein wenig, wie viele Rothemden einen unnötigen Tod sterben müssen, wenn es solch praktische Drohnen gibt.
- Wir müssen nochmal darüber reden, wie wir mit unbekannten, intelligenten Lebensformen umgehen, wenn wir sie gefunden haben und sie mit uns kommunizieren wollen.
- Zu früh gefreut: Kameras fliegen doch wieder durch Bullaugen (oder Wände, oder… ach, was soll’s).
Fazit
Eine nicht ganz runde, aber wohl notwendige Episode, um die Vielzahl von offenen Handlungssträngen zu “bereinigen” und alle Protagonisten für kommende Episoden “in Stellung” zu bringen.
Das sind unsere ersten Eindrücke. Es folgt wie gewohnt unsere ausführliche Rezension.
Bewertung
Handlung der Einzelepisode | [usr 2 max=6] |
Stringenz des staffelübergreifenden Handlungsstrangs | [usr 2 max=6] |
Stringenz des bekannten Kanons | [usr 3 max=6] |
Charakterentwicklung | [usr 3 max=6] |
Spannung | [usr 3 max=6] |
Action | [usr 3 max=6] |
Humor | [usr 3 max=6] |
Intellektueller Anspruch | [usr 2 max=6] |
Gesamt | [usr 3 max=6] |
Mit Rücksicht auf andere Leser, die die Folge noch nicht gesehen haben, bitten wir, in den Kommentaren zu diesem Artikel auf Spoiler zu verzichten. Danke!
Ich habe mit dem Review aufgehört als ich “Kia Krishner” gelesen habe. Wer sich so wenig Mühe gibt sollte auch keine “Kurtz”-Rezension schreiben.
Ich hab keine Probleme mit Tippfählärn. Mache selpst oft welchä. Auf den Innhalt komt es an.
Korrigiert, danke für den Hinweis.