Der Dominion-Krieg ist einer der wichtigsten Handlungsbögen in “Star Trek: Deep Space Nine”. Aber hat die Serie das Phänomen ‘Krieg’ wirklich realistisch dargestellt? Und welche Botschaft steckt eigentlich hinter dieser Storyline?
Anlässlich unserer “Deep Space Nine”-Themenwoche haben wir uns die in der Serie dargestellten kriegerischen Auseinandersetzungen in Form einer mehrteiligen Artikel-Serie noch einmal etwas genauer angesehen.
Heute gehen wir der Frage nach, welche Konfliktformen in “Deep Space Nine” dargestellt werden.
Der “klassische” Krieg: Großmächte und Bündnisse im Dominion-Krieg
Der Dominion-Krieg ist ein “klassischer” Krieg in dem Sinne, dass hier Staaten miteinander in einen kriegerischen Konflikt geraten und sich dementsprechend staatliche Streitmächte gegenüberstehen (symmetrischer Konflikt). Von Bedeutung sind hier, ähnlich wie im Fall der beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts, die verschiedenen Bündnisse der Großmächte.
Auf der einen Seite steht ein Zweierbündnis bestehend aus der Vereinigte Föderation der Planeten und dem Klingonischen Reich, das gegen Ende der 6. Staffel mit dem aktiven Eingreifen der Romulaner in das Kriegsgeschehen zu einem Dreierbündnis wird, welches gelegentlich auch Föderationsallianz genannt wird. Die im 23. Jahrhundert (und teilweise noch im 24. Jahrhundert) verfeindeten Großmächte des Alpha-Quadranten gehen ein (Zweck-)Bündnis ein, um das Dominion aus dem Quadranten zu vertreiben. Nach dem Krieg zerfällt das Bündnis zwar wieder, jedoch führt diese Kooperation scheinbar zum Abbau der politischen Spannungen zwischen Romulus und der Föderation (“Star Trek: Nemesis”).
Auf der anderen Seite steht zunächst auch ein Zweierbündnis aus Cardassianischer Union und Dominion, wobei Cardassia mit diesem Bündnis faktisch ein Mitgliedsstaat des Dominion wird, sich aber selbst als Verbündeter (und nicht als Unterworfener) betrachtet. (Was jedoch eine fatale Fehleinschätzung ist, wie der letzte Teil der 7. Staffel belegt.) Auch dieses Bündnis wächst mit dem Kriegseintritt der Breen-Konföderation zu einem Dreierbündnis, der Dominion-Breen-Allianz, an. Wobei das Dominion den Breen auf Augenhöhe begegnet, was bei den Cardassianer zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr der Fall ist. Darin steckt wohl taktisches Kalkül, da das Dominion durch den Kriegseintritt der Romulaner in die Defensive geraten ist und auf die Unterstützung der Breen (und deren Energiedämpfungswaffe) zwingend angewiesen ist, um dem Krieg doch noch eine Wendung zu geben. Im Laufe der finalen Schlacht um Cardassia Prime wechseln die Cardassianer schließlich die Seiten und schließen sich der Föderationsallianz an, sodass nun ein Viererbündnis einem Zweierbündnis gegenübersteht, was den Krieg dann schlussendlich auch entscheidet.
Die Mittelmächte beziehungsweise kleineren Mächte verhalten sich im Dominion-Krieg entweder neutral oder sie schließen sich einem der großen Bündnisse an (Bandwagoning). Bajor unterschreibt zunächst (auf Empfehlung von Captain Sisko) einen Nichtangriffspakt mit dem Dominion (ebenso wie die Großmacht des Romulanischen Sternenimperiums), schließt sich aber wenig später der Föderationsallianz an. Die Ferengi-Allianz versucht, nicht in Konflikt hineingezogen zu werden, sympathisiert aber in gewisser Weise mit der Föderationsallianz. Die Son’a stellen Ketracel White für das Dominion her, suchen aber auch den Kontakt zur Föderation (“Star Trek: Der Aufstand”).
Der Konfliktaustrag ist vielfältig und entspricht im wesentlichen dem eines klassischen zwischenstaatlichen Krieges. Neben Raumschlachten und dem Einsatz von Bodentruppen kommen auch Sabotageakte etc. zum Einsatz. Überraschenderweise setzt das Dominion gegen die Föderationsallianz keine biologischen Waffen oder andere Massenvernichtungswaffen ein, obwohl es über eine solche Waffentechnologie verfügt (4×24 “Hoffnung”). Tatsächlich ist es die Föderation, genauer gesagt deren (angeblich) nicht legitimierter Geheimdienst Sektion 31, der eine biogene Massenvernichtungswaffe (Morphogenes Virus) gegen die Gründer des Dominion einsetzt.
Ansonsten wird der Krieg überwiegend mit (für das 24. Jahrhundert) konventionellen Waffen (Phaser, Disruptoren, Photonen- und Quantentorpedos, Poleronwaffen, usw.) geführt. Subraumwaffen größeren Ausmaßes, wie etwa die sogenannte Isolytische Bombe, oder auch temporale Waffen kommen nicht zum Einsatz – abgesehen von den sogenannten “Houdinis” (Subraumminen) im Bodenkrieg. Ein technisches Novum stellt lediglich die Energiedämpfungswaffe der Breen dar.
Bedenkt man, dass in den Staffeln vor Kriegsausbruch (Season 3 bis 5) seitens der Autoren viel Wert darauf gelegt worden ist, die Boshaftigkeit und Brutalität des Dominion zu belegen (z.B. 4×24 “The Quickening”), dann überrascht es doch ein wenig, dass der Dominion-Krieg bis auf wenige Ausnahmen recht “konventionell” vonstatten geht (- abgesehen von Weyouns Plan, die Population der Erde nach deren Eroberung auslöschen zu lassen oder die Zerstörung von Lakarian City). Dies ist wohl auch der angestrebten Altersfreigabe für das Fernsehen geschuldet gewesen. “Discovery” ging in dieser Frage mit den Klingonen durchaus andere Wege.
Asymmetrische Kriege: Guerilla auf Bajor, Cardassia und in der DMZ
Eine weitere Form des Krieges, die “Deep Space Nine” sehr ausführlich thematisiert, sind sogenannte “asymmetrische Konflikte” oder auch “neue Kriege”. Asymmetrische Konflikte sind vielfältig, haben aber in der Regel eine Gemeinsamkeit: Die Konfliktparteien weisen große Unterschiede in Bezug auf ihr Machtpotenzial, ihre Kampfmethoden sowie ihre Motivation auf. Manchmal sind so viele verschiedene Parteien an einem Konflikt beteiligt, dass nicht eindeutig ersichtlich ist, wer mit wem gegen wen kämpft. Asymmetrische Konflikte haben in der Regel sowohl staatliche als auch nicht-staatliche Akteure.
Ein Beispiel für einen asymmetrischen Konflikt in “Deep Space Nine” ist ganz sicher der Konflikt zwischen den Cardassianern und den Bajoranern, der zu Beginn der Serie zwar schon beendet ist, aber noch größere und sehr konkrete Nachwirkungen aufweist, die vor allem in den ersten drei Staffeln ausführlich behandelt werden. Zudem wird der Konflikt in mehreren Episoden als Rückblende gezeigt.
Auf der einen Seite gibt es den sehr mächtigen staatlichen Akteur Cardassia, der über ein mächtiges Militär, moderne Waffen und einen gigantischen Apparat zwecks Staatsterrorismus verfügt. Die unterworfenen Bajoraner haben ihre politische Souveränität vollkommen verloren und werden in sogenannten Arbeitslagern versklavt. Hinrichtungen stehen an der Tagesordnung, eine faire Justiz gibt es nicht. Die Angeklagten werden in Schauprozessen verurteilt, denn der Staat kann nach cardassianischem Verständnis nicht fehlen.
Die Bajoraner wiederum sind den Cardassianern waffentechnisch und logistisch klar unterlegen. Ihr Staat existiert nicht mehr, sodass sie sich in Form von nicht-staatlichen, paramilitärischen Einheiten, den sogenannten Widerstandszellen, organisieren und die cardassianischen Besatzer mit Guerilla-Taktiken bekämpfen. Nach rund 40 Jahren Okkupation verlieren die Cardassianer das Interesse an Bajor, was auf den immer massiver werdenden Widerstand der Bajoraner zurückgeführt werden kann ebenso wie auf die Tatsache, dass die Besatzung des Planeten nach vier Jahrzehnten Ausbeutung und Raubbau für die Cardassianer nicht mehr lohnenswert erscheint.
Gegen Ende der Serie wiederholt sich – in einer genialen Form von Ironie – diese Geschichte noch einmal, nun aber unter anderen Vorzeichen. Denn nun sind es die Cardassianer, deren Heimatwelt von einem übermächtigen und erbarmungslosen Okkupator besetzt ist – dem Dominion. Und um diese feindliche Macht aus dem eigenen Territorium zu vertreiben, greifen die Cardassianer um Legat Damar auf jene Methoden zurück, die sie über Jahrzehnte als “bajoranischen Terrorismus” bezeichnet haben. Und eine Bajoranerin – Kira Nerys – ist es, die die Cardassianer die Guerillakriegsführung lehrt.
“Deep Space Nine” spielt hier in überaus geschickter Weise mit einer sehr schwierigen Thematik. Die Frage, ob man in den Augen anderer nun “Terrorist” oder “Freiheitskämpfer” ist, hängt im Wesentlichen von zwei Aspekten ab: Die eigene Perspektive sowie die eingesetzten Methoden. Die Bajoraner sehen sich selbst als Freiheitskämpfer, weil sie gegen das brutale Regime der Cardassianer vorgehen – also für eine “gute” Sache kämpfen. Und weil sie sich bei ihrem Kampf weitestgehend auf politisches und militärisches Personal sowie auf militärische Einrichtungen beschränken. Im Unterschied dazu suchen sich Terroristen möglichst “weiche” (also zivile) Ziele aus, um Angst und Schrecken in die Gesellschaften zu tragen und demokratische Regierungen damit zu Überreaktionen zu verleiten, damit sich diese durch unverhältnismäßige Anti-Terror-Maßnahmen selbst “delegitimieren”.
Ob die Bajoraner ihrem Anspruch wirklich immer gerecht geworden sind, lässt die Serie gewissermaßen offen. Auch wenn der Zuschauer eine gewisse Sympathie für die Bajoraner entwickelt, kann er sich nicht wirklich sicher sein, dass diese stets moralisch vertretbar agiert haben.
Gleiches gilt auch für den Maquis, eine Widerstandsbewegung aus ehemaligen Föderationsbürgern, die sich gegen die Gewaltherrschaft der Cardassianer wehren. Auch der Maquis ist den Cardassianern waffentechnisch und logistisch unterlegen, bekämpft diese aber nicht nur auf einem singulären Planeten, sondern in einem größeren Gebiet des Alpha-Quadranten, der (ironischerweise) als “Entmilitarisierte Zone” (engl. “Demilitarized Zone”, DMZ) bekannt ist. Auch hier entwickelt der Zuschauer ein gewisses Verständnis für die Kolonisten, die durch einen Vertrag zwischen der Föderation und den Cardassianern von einem Moment auf den anderen alles verlieren, was sie sich über Jahrzehnte aufgebaut haben. Sie werden ihrer Heimat, Sicherheit und Freiheit beraubt.
Gleichwohl macht “Deep Space Nine” immer wieder deutlich, dass die Maquisarden “Outlaws” sind, die den hart erkämpften Frieden mit den Cardassianern gefährden und dementsprechend aufgehalten und der Justiz zugeführt werden müssen. Und dennoch stellt die Serie die kluge Frage, was eine Mehrheit einer Minderheit letztlich zumuten kann. “Deep Space Nine” spielt hier geschickt mit den Gedankengängen eines Jean-Jacques Rousseau (volonté générale, volonté de tous, volonté particulière , volonté de la majorite).
Innerstaatliche Konflikte: Bajor auf der Suche nach Einheit
Das wohl wichtigste Thema der ersten zwei bzw. drei Staffeln von “Deep Space Nine” ist die Frage, wie Bajor nach dem Ende der Besatzung durch die Cardassianer zu einer gefestigten, autarken Welt wird. Schon im Pilotfilm macht Captain Picard Commander Sisko klar, dass dessen primäre Aufgabe keine Forschungsmission, sondern eine politische Mission ist: Bajor soll politisch stabil und wirtschaftlich selbstständig werden, um mittelfristig in die Föderation aufgenommen werden zu können. Doch dafür muss das Volk der Bajoraner zunächst einmal auf einen gemeinsamen Nenner kommen, was – das wird Sisko schnell klar – alles andere als eine Selbstverständlichkeit ist. Bis auf die gemeinsame Religion haben die verschiedenen Provinzen und Gesellschaftsgruppen nämlich nicht sehr viel gemeinsam, der Planet wird zwei Jahre lang von einer “provisorischen Regierung” geführt. Peace Building und State Building stehen für Sisko an oberster Stelle.
Im Laufe der ersten drei Jahre der Serie werden dann auch die unterschiedlichen Interessen der bajoranischen Gesellschaftsgruppen ausführlich behandelt. Den Kosmopoliten stehen die Isolationisten gegenüber. Vor allem die ehemaligen Widerstandskämpfer, wie etwa Kira Nerys (nur anfänglich) und Tahna Los (1×03 “Die Kohn-Ma”), aber auch Politiker, wie beispielsweise Minister Jaro Essa (2×02 “Der Kreis”), zeigen ob ihrer schlechten Erfahrungen mit den Cardassianern isolationistische Tendenzen. Sie misstrauen der Föderation, wollen sie doch endlich ein unabhängiges Bajor und keine weitere “Besatzungsmacht”. Andere Gruppen, wie etwa weite Teile der “provisorischen Regierung”, sehen für Bajor nur eine Chance: eine Integration in die interstellare Gemeinschaft unter Führerschaft der Föderation. Auch Kai Opaka und Vedek Bareil, zwei einflussreiche Geistliche Bajors, bevorzugen den Weg der Öffnung. Vedek (und später Kai) Winn wiederum ist den Isolationisten zuzurechnen, wobei deren Motivation weniger politisch als religiös ist.
Im Dreiteiler “Die Heimkehr” (2×01) /”Der Kreis” (“2×02)/”Die Belagerung” (2×03) kommt es dann zu einem ersten ernsthaften Ausbruch dieses innerstaatlichen Konflikts und Bajor steht am Rande eines Bürgerkrieges, der glücklicherweise verhindert werden kann.
Auch Gebietsstreitigkeiten, wie etwa der zwischen den Paqu und den Navot (1×14 “Die Legende von Dal’Rok), belasten den Wiederaufbau Bajors, ebenso wie verschiedene Ressourcenkonflikte. Ein Ärgernis ist beispielsweise die Politik der provisorischen Regierung hinsichtlich der Verteilung der sogenannten Reklamatoren, welche u.a. die Landwirte in der Dahkur-Provinz brauchen, um das durch die Cardassianer verseuchte Ackerland wieder fruchtbar zu machen. Ein weitere Konfliktpunkt auf Bajor ist die zeitweise von Kai Winn angestrebte Vereinigung von religiöser und politischer Führerschaft (Kai-Amt und Premierminister-Amt in Personalunion), was allerdings nur eine kurze Episode bleibt (3×24 “Shakaar”).
“Deep Space Nine” war in dieser Thematik absolut zeitgemäß, hat die Serie doch insbesondere die Situation auf dem Balkan in den frühen 1990er-Jahren mit den Sezessionskriegen in verfremdeter Form widergespiegelt. Das Thema “Staatsversagen” (Failing States und Failed States) ist indes auch heute noch sehr aktuell. Die Frage, inwiefern ein Staat, der gerade erst unabhängig geworden ist, sich sofort wieder in ein neues Bündnis begeben sollte, hat sich zudem vielen Nationen in Osteuropa nach dem Fall des “Eisernen Vorhangs” gestellt.
Hybride Kriegsführung: Das Dominion und der Alpha-Quadrant
Der Begriff “hybride Bedrohung” begegnet einem heute häufiger, wenn man Zeitung liest oder Nachrichtensendungen anschaut. Unter einer “hybriden Taktik” versteht man Konfliktszenarien, in denen ein Angreifer neben klassischen Militäreinsätzen auch auf Instrumente wie mediale Propaganda, wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen sowie Cyberangriffe setzt. Oftmals unterwandern Agenten im realen oder digitalen Raum liberale Gesellschaften, um diese zu destabilisieren.
Auch in dieser Thematik war “Deep Space Nine” seiner Zeit weit voraus. Das Dominion nutzt die hybride Taktik vor allem in der Zeit von Staffel 3, 4 und 5, also bevor der kalte Krieg zwischen dem Dominion und der Föderation zu einem heißen Krieg wird.
In einem ersten Schritt veranlassen die Gründer die beiden Geheimdienste von Romulus und Cardassia, den Tal Shiar und den Obsidianischen Orden, ihre geheimen Flotten zu vereinen und einen Angriff auf die Heimatwelt der Gründer zu starten. Die Mission entpuppt sich jedoch als Falle und es gelingt dem Dominion, zwei der schlagkräftigsten Geheimdienste des Alpha-Quadranten zu eliminieren (3x 20/21 “Der geheimnisvolle Garak, Teil 1 & 2). Die Zerstörung der gemeinsamen Angriffsflotte hat dann auch nachhaltige Wirkungen sowohl auf das Romulanische Sternenimperium als auch auf die Cardassianische Union. Während sich die Romulaner erst einmal in ihr Territorium zurückziehen (mit kurzer Rückkehr in 5×15 “Im Lichte des Infernos”), bricht auf Cardassia eine Periode mit mehreren Regierungswechseln an. Zunächst wird das Zentralkommando entmachtet und der zivile Detapa-Rat gewinnt an politischem Einfluss. Die Union ist in dieser Zeit jedoch innenpolitisch sehr instabil und außenpolitisch schwach. Der Krieg mit den Klingonen (siehe unten) schwächt diese Regierung dann in besonderem Maße, sodass es Gul Dukat rund ein Jahr später gelingt, die Macht auf Cardassia an sich zu reißen und die Union an das Dominion anzuschließen. Den Gründern ist es somit gelungen, durch eine penibel geplante und geschickt umgesetzte Intrige eine der Großmächte des Alpha-Quadranten erst zu schwächen und dann als Verbündeten gegen die übrigen Großmächte des Quadranten zu gewinnen.
Ein weiteres Hindernis für die Ziele des Dominion im Alpha-Quadranten ist die seit vielen Jahrzehnten bestehende Allianz zwischen der Vereinten Föderation der Planeten und dem Klingonischen Reich. Diese Allianz hat sich vor allem in den 2360er-Jahren als sehr stabil erwiesen, was auch daran liegt, dass die Klingonen in dieser Zeit Abstand genommen haben vom Imperialismus, den sie vor allem im 23. Jahrhundert praktiziert haben. Um diese Allianz zu zerstören, setzt das Dominion auf die Strategie “Unterwanderung”. General Martok, einer der renommiertesten Generäle der Klingonischen Verteidigungsstreitmacht, wird vom Dominion entführt und durch einen Wechselbalg ersetzt. Dieser wiederum übt einen negativen Einfluss auf Gowron, den amtierenden Kanzler des Reiches (und eigentlich ein guter Freund der Föderation) aus, um diesen davon zu überzeugen, einen unprovozierten Angriffskrieg gegen Cardassia zu beginnen. Als sich die Föderation weigert, sich an der Invasion Cardassias zu beteiligen (und sogar die zivile Regierung Cardassias evakuiert), zerbricht die föderal-klingonische Allianz für gut eineinhalb Jahre (4×01 “Der Weg des Kriegers”). Stellenweise befinden sich die Föderation und das Klingonische Reich sogar in einem Kriegszustand, der auf beiden Seiten zahlreiche Opfer fordert (5×01 “Die Apokalypse droht”, 5×04 “Die Schlacht um Ajilon Prime”). Am Ende geht die Strategie der Gründer nur teilweise auf, denn die Föderation und das Klingonische Reich finden wieder zueinander und stellen sich gemeinsam dem Dominion entgegen (5×15 “Im Lichte des Infernos”).
Nichtsdestotrotz hat der kurze, aber blutige Föderal-Klingonische Krieg der Jahre 2372/73 sowohl die Föderation als auch das Klingonische Imperium geschwächt, was wiederum zur Folge hat, dass beide im ersten Kriegsjahr des Dominion-Krieges massive Verluste an Schiffen und Personal erleiden.
Wenige Monate später gelangen einige wenige Wechselbälger auf die Erde, wo sie einen Bombenanschlag auf eine Konferenz mit hochrangigen Diplomaten verüben. Ein solches Verbrechen hat es zu diesem Zeitpunkt seit mehr als 100 Jahren auf der Erde nicht mehr gegeben. In der Folge entwickelt Admiral Leyton, ein Flaggoffizier der Sternenflotte, einen Plan, der zur Entmachtung des Föderationspräsidenten und zur Installation einer Militärregierung auf der Erde führen soll. Er ist der Meinung, dass die Demokratie zu schwach ist, um die Erde (und die gesamte Föderation) vor dem Dominion zu schützen (4×11/12 “Die Front”/”Das verlorene Paradies”).
Captain Sisko kann Leytons Militärputsch zwar verhindern, aber die zeitweise Ausrufung des Kriegsrechts auf der Erde hat sowohl bei der Sternenflotte als auch bei der Zivilbevölkerung Spuren hinterlassen. Die Föderation hat gewissermaßen ihre Überzeugung und somit auch ihre Selbstsicherheit verloren. Man ist sich uneins darüber, wie man der Gefahr durch das Dominion adäquat begegnen kann.
“Die Front”/”Das verlorene Paradies” hat in gewisser Weise vorweggenommen, was nach dem 9/11 in den USA, aber auch in Teilen Europas passiert ist. Die Frage, wie man einen angemessenen Ausgleich zwischen Freiheit und Sicherheit (Anti-Terror-Schutz) finden kann, beschäftigt uns seit rund 20 Jahren. In der Realität sind es sogenannte “Gefährder” oder “Terror-Schläfer”, die unser Sicherheitsgefühl unterminieren. In “Deep Space Nine” sind es die Wechselbäger – eine treffende Metapher für die camouflierte Anpassungsfähigkeit einiger Gefährder in liberalen Gesellschaften.
Auf Cardassia Prime wiederum ist staatliche Propaganda ein gängiges Mittel, um die Zivilbevölkerung politisch auf Linie zu bringen. Das Zentralkommando, die Militärregierung Cardassias, überträgt in beachtlicher Regelmäßigkeit pathetische und teils hetzerische Reden auf gigantischen Bildschirmen, die überall in den Großstädten des Planeten an den Gebäudefassaden angebracht sind. Auch juristische Schauprozesse werden hier übertragen, um der Bevölkerung vorzugaukeln, der Staat sei unfehlbar und bringe jeden Rechtsbrecher und Verräter zur Strecke.
Staatliche Propaganda ist auch heute noch in autoritären Regimen ein effektives Mittel, die Staatsideologie in den Köpfen der Bevölkerung zu verankern. Neben staatlichen Sendern spielt auch das Internet eine immer größere Rolle, um Propaganda auch außerhalb der eigenen Landesgrenzen zu implementieren. Auch hinsichtlich dieses Aspekts war “Deep Space Nine” nahezu prophetisch.
Fazit
“Deep Space Nine” hat in sieben Staffeln sehr unterschiedliche Konfliktformen in den Mittelpunkt der Handlung gestellt: Zwischenstaatliche Kriege, innerstaatliche Konflikte, asymmetrische Konflikte sowie hybride Kriegsführung. Es ist erstaunlich, dass “Deep Space Nine” diesbezüglich aktueller wirkt als die jüngste “Star Trek”-Serie “Discovery”. Und das, obwohl die Serie schon vor 20 Jahren beendet wurde. Für mich ist diese Tatsache ein klarer Beleg für Zeitlosigkeit – und damit für die hohe Qualität – dieser Serie.