Bei einer Außenmission auf Rigel VII verlieren Pike, La’an und M’Benga ihre Erinnerungen. Eine Gastrezension von Jessica Schreier. Achtung, Spoiler!
Definitely not the oatmeal
Fünf Jahre nach einer missglückten Außenmission unter Pikes Kommando, bei der drei Crewmitglieder ums Leben kamen, kehrt die Enterprise nach Rigel VII zurück. Bei einer routinemäßigen Überprüfung haben die Kameras in einem Garten auf der Oberfläche das Emblem der Sternenflotte entdeckt.
Um herauszufinden, wie schlimm die Kontamination der Kultur ist, brechen Pike, La’an und M’Benga zu einer Aufklärungsmission auf. Doch durch eine exotische Strahlung verlieren sie nach und nach ihr Gedächtnis und wissen bald nicht einmal mehr, wer sie sind. Auch die Enterprise im Orbit ist von dem Phänomen betroffen.
Leider ein Tiefpunkt der Serie
Es schmerzt, das zugeben zu müssen, aber „Among the Lotus Eaters“ ist – gemessen am Niveau der Serie – keine gute Folge. Und es ist gar nicht so leicht zu ermitteln, woran es liegt, denn die Ideen sind nicht doof, es wird nur so gar nichts aus ihnen gemacht. Die Handlung plätschert vor sich hin, hat ein paar gezwungen wirkende emotionale Höhepunkte und ist dann zu Ende. Das ist schade, denn es stecken definitiv ein paar gute Gedanken in der Story.
Ich erinnere mich, also bin ich
Was ich im Zusammenhang mit dieser Folge häufiger gelesen habe, ist, dass Menschen, die Erfahrung mit demenzkranken Angehörigen haben, die Geschichte ganz anders erleben. Und ich möchte „Star Trek: Strange New Worlds“ gerne zugestehen, dass das vielleicht tatsächlich zutrifft und diese Folge eben nur bei einem Teil der Zuschauer auf Resonanz trifft. Aber ich bewerte an dieser Stelle nun mal nicht Intention, sondern Ausführung, und für mich fiel die Aussage einfach sehr flach aus.
Erinnerungen sind Teil unserer Persönlichkeit, sie bestimmen, wie wir den Herausforderungen des Lebens begegnen. Luq ist gerade deshalb eine interessante Figur, erhält aber eindeutig zu wenig Raum. Zu Beginn erklärt er Pike, dass sein Leben leichter ist, weil er sich nicht um das große Ganze sorgen muss und jeden Tag bei null beginnt. Die Details sind nicht wichtig, sagt er, nur um später, als er seine Erinnerungen zurückerlangt, zu korrigieren: „The story of your life, the details, they matter.“ Es ist der Gesamtzusammenhang eines Lebens, der uns zu dem macht, wer wir sind.
Diese spannenden Gedanken gehen im Plot leider ziemlich unter. Da haben wir das für tot gehaltene Crewmitglied Zac Nguyen, der sich irgendwie zum High Lord aufgeschwungen hat, auch wenn nie ganz klar wird, wie ihm das eigentlich gelungen ist. Es wird eine einigermaßen schlüssige Kultur für die Kalar entworfen, in deren Mittelpunkt das „Vergessen“ steht, aber auch das ist im Grunde verschenkt, weil wir nur ein paar Versatzstücke davon sehen. Und aus irgendeinem Grund meinen die Autoren, das Ganze auch noch mit Pikes Liebesleben verknüpfen zu müssen.
Ein wirrer Plot, der vieles nur anreißt
Versteht mich nicht falsch, ich finde es großartig, dass sie seine Beziehung mit Captain Batel weiter thematisieren. Ganz besonders, da man „Ad Astra per Aspera“ auch gut dazu hätte nutzen können, sehr billig eine Trennung zu forcieren. Zu zeigen, dass beide in der Lage sind, Berufliches von Privatem zu trennen, ist wichtig, mir persönlich war es im Kontext dieser Folge nur zu viel und zu erzwungen. Da schenkt sie ihm dieses Medaillon, das er dann aus unerfindlichen Gründen bei der Außenmission trägt, wo es ihm hilft, eine emotionale Verbindung zu seinen Erinnerungen herzustellen. Na, okay.
Die Frau ohne Eigenschaften
Und dann ist da natürlich noch die Tatsache, dass „Among the Lotus Eaters“ vielleicht, vielleicht aber auch nicht so halb eine Ortegas-Episode sein soll. Sie ist eines der wenigen Crewmitglieder, über die wir noch nichts Substanzielles wissen, bisher ist sie in erster Linie für die lustigen One-Liner verantwortlich. Und für mich wäre es auch völlig in Ordnung, wenn sie ein untergeordneter Charakter bliebe, auch wenn ich sie mag und gerne mehr von ihr sehen will. Diesen halbherzigen Versuch, der sie am Ende auf ihren Beruf reduziert („I’m Erica Ortegas, I fly the ship“), finde ich wesentlich problematischer und auch ein bisschen unfair.
Among the Notes Eaters
- Der Titel spielt auf die Lotosesser (Lotophagen) in Homers „Odyssee“ an, aber der Sinnzusammenhang hat sich mir ehrlich gesagt nicht ganz erschlossen, da ich Homer nie gelesen habe. [Anmerkung der Redaktion: Rezensent Matthias Suzan hat die Erklärung parat.]
- Ein äußerst interessanter Aspekt war Pikes Rage, als er (noch ohne Erinnerung) wieder auf Zac trifft. Später erklärt er, Rigel VII verändere einen nicht, sondern offenbare nur, wer man wirklich ist. Daraus schließe ich, dass Pike von Natur aus viel Wut in sich trägt, worüber man am Ende leider sehr schnell hinweggeht. [Anmerkung der Redaktion: Auch Schauspieler Anson Mount hatte solche Bedenken. Regisseur Eduardo Sanchez thematisierte dies in einem Interview.]
- Apropos Ende, das unterstreicht noch mal schön Neeras Punkt in „Ad Astra per Aspera“ dass Sternenflotten-Regeln bestenfalls „flimsy“ sind. Ein Asteroid, der die Entwicklung eines Planeten und seiner Bewohner beeinflusst, ist kein natürliches Ereignis?!