In Amerika tobt ein Kulturkampf um Familienplanung, inklusive Sprache und sexuelle Identität an Schulen, Universitäten und bald wohl auch im Streamingmarkt. Dabei scheint “Star Trek: Discovery” für einige Konservative ein rotes Tuch zu sein.
Falls euch an einem der anderen 364 Tage im Jahr ein Link hierhin führt: Es handelt sich bei dieser Meldung um einen Aprilscherz.
Wir haben uns inzwischen daran gewöhnt, dass wir immer skurriler anmutende Gesetzesvorhaben aus den USA in den Nachrichten lesen. Konservative Kräfte gehen inzwischen ganz in einem Kreuzzug gegen vermeintlich schädliche Einflüsse auf. Auch Trans- und Homosexualität sind insbesondere republikanischen Gouverneuren ein Dorn im Auge. Ganz vorne dabei: Floridas Gouverneur Ron DeSantis.
Die sonderbare Welt von Ron DeSantis
Florida war schon immer ganz vorne mit dabei, wenn es darum ging, unliebsame Medien unter dem Vorwand des Jugendschutzes zu verbieten. In öffentlichen Schulbüchereien findet man weder “Der Herr der Fliegen”, noch “To Kill a Mockingbird”. Noch im März 2021 erließ DeSantis ein Gesetz, dass es einfacher machte, unerwünschte Bücher aus Schulbüchereien zu verbannen. Und erst Anfang der Woche unterzeichnete er das von Kritikern so getaufte “Don’t Say Gay”-Gesetz, das es Eltern erlaubt, Schulen und Lehrer zu verklagen, die Kinder auch nur über die Existenz von Homo- und Transsexualität aufklären.
Offenbar ist das nächste Ziel von DeSantis eine strengere Regulierung des Streamingmarktes. Insidern zu Folge hat es viele erz-konservative Kräfte in der republikanischen Partei verärgert, dass die demokratische Politikerin Stacey Abrams im Finale der jüngsten “Discovery”-Staffel als Präsidentin der Erde auftrat.
“Star Trek: Discovery” auf der Roten Liste
Mehrere Quellen berichten unter der Bedingung der Anonymität übereinstimmend, dass DeSantis förmlich vor Wut geschäumt habe, als er den, wörtlich, “links-radikalem Antifa-Dreck” (engl. “far-left radical antifa bullshit”) in einem Tweet des Portals Breitbart gesehen habe. DeSantis, der sich Hoffnungen macht, 2024 als Präsidentschaftskandidat in die Fußstapfen von Donald Trump zu treten, wolle daher auf Bundesebene einen Versuchsballon starten, um sich bei den Verantwortlichen von “Discovery” für die vermeintliche Parteinahme zu revanchieren und damit Punkte für die Kandidatenkür zu sammeln.
Auch hier gilt: Um nicht mit dem ersten Verfassungszusatz der Vereinigten Staaten in Konflikt zu geraten, der freie Meinungsäußerung garantiert, sollen die Vergeltungsmaßnahmen als Jugendschutz getarnt werden. Dank der zahlreichen LGBTQ-Figuren und -Beziehungen in “Star Trek: Discovery” glaubt man in Tallahassee wohl, der Serie einen schlechten Einfluss auf die Jugend andichten zu können.
Ein erster Entwurf des neuen StrAiGTH-Acts (Streaming Ain’t Gay, Trans- or Homosexual) würde Streaminganbieter, die in Florida ihre Dienste anbieten wollen, geradezu absurd hohe Auflagen machen: Ähnlich wie das selbsternannte Jugendschützer in Großbritannien bei Pornographieangeboten gerne sehen würden, müssten sich Zuschauer:innen bei den Streamingdiensten mit amtlichen Ausweisen registrieren.
Der Pool der jugendgefährdenden Filme und Serien müsste in einem abgetrennten, passwortgeschützen Bereich der Streamingangebote erscheinen und klar mit großen Warntafeln versehen werden. Wer dann tatsächlich eine Episode aus dem Katalog jugendgefährdender LGBTQ-Serien ansehen möchte, muss sich dabei per Webcam beim Anbieter authentifizieren. Die Webcam würde für die Dauer der Episode eingeschaltet bleiben, damit ein Algorithmus zur Gesichtserkennung den Stream sofort beenden kann, falls nicht mehr ausschließlich registrierte, volljährige Zuschauer:innen vor dem Bildschirm sitzen.
Ähnliche Systeme sind auch aus China bekannt, wo Videospielstudios dazu verpflichtet werden, die Identität von Spieler:innen zu prüfen und dazu Gesichtserkennung nutzen. Der technische und logistische Aufwand für solche Systeme ist beachtlich, ganz zu schweigen von den Implikationen auf die Privatsphäre der Zuschauer:innen. Aber es geht DeSantis vermutlich nicht vorrangig um praktikablen Jugendschutz, sondern medienwirsame Symbolpolitik.
Um den Konflikt mit den unliebsamen Kreativen möglichst medienwirksam ausschlachten zu können, sieht der Gesetzentwurf vor, dass es jährlich öffentlich tagende Sitzungen geben soll, in denen vom Gouverneur benannte Aufseher über die von “besorgten Eltern” vorgebrachten Anschuldigungen urteilen sollen. Falls einzelne Folgen von TV-Serien bei einem solchen Schauprozess beanstandet würden, müsste die komplette Serie in den Gilftschrank der Streamingdienste. Der konservative Nachrichtensender Fox News hat hinter den Kulissen wohl bereits Bereitschaft signalisiert, diese “Tribunale zur Läuterung entarteter Künstler” live und in voller Länge zu übertragen, wenn DeSantis die Veranstaltungen auf eine werbefreundliche Sendezeit terminieren würde.
Paramount+ war zu Redaktionsschluss leider nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Hmmm, wenn das ein Aprilscherz sein soll… ich weiss nicht, dafür ist das Thema in seiner Entwicklung meiner Meinung nach zu bedrohlich. Als schwuler Mann wird mir angesichts mancher Entwicklungen echt angst und bang… Zumindest finde ich gut, auf die schlimmen Vorkommnisse in Florida hinzuweisen, das Format “Aprilscherz” eher nicht so gelungen.Ein Aprilscherz sollte eigentlich auf einer humorigen Ebene aufzulösen sein. (und ich hoffe, es ist ein Aprilscherz)
Hallo Andi,
danke für dein Feedback. Auch wir finden verschiedene menschenfeindlichen Entwicklungen weltweit bedenklich, darunter die immer neuen Grotesken in den USA. Zu den Gegenmitteln und Bewältigungsmechanismen zählt unserer Auffassung nach auch Satire. Wie viele persönliche Freiheitsrechte gehört auch sie zu den Errungenschaften demokratischer Gesellschaften, die es gegen autoritäre Strömungen zu verteidigen gilt. Es war und ist nicht unsere Absicht, dir oder anderen Leser:innen Angst zu machen. Der Artikel enthält deswegen einige Details (Straight-Act, Star Treck [sic!], Fow-News-Reaktion), die ihn als absichtliche Überzeichnung entlarven sollen.
Weiterhin viel Spaß im TrekZone Network,
Christopher
nun ja schon erst einmal schockierend beim ersten lesen…