“Discovery” steuert auf die Zielgerade der zweiten Staffel zu und lüftet endlich das große Geheimnis. Wir lüften, was in der Folge steckt. Achtung Spoiler! Auch wir enthüllen gleich zu Beginn jenes Geheimnis – deswegen gilt hier mehr als je zuvor: weiterlesen auf eigene Gefahr!
Die Fans hatten Recht – oder doch nicht?
Keine drei Minuten dauert es, bis enthüllt wird, wer hinter der Maske des roten Engels steckt. Wie viele Fantheorien vermuteten, wird in Airiams Dateien zu Projekt Daedalus nämlich Burnhams Neuralsignatur beim Engel entdeckt, ergo muss sie es sein. Bis zu den letzten Sekunden der Folge wird der Glaube daran auch aufrecht erhalten und nicht wenige Fans dürften bis dorthin gedacht haben, das sie mit ihrer Voraussage ins Schwarze getroffen hatten. Umso überraschender ist dann, dass es sich beim Engel eben nicht um Burnham, sondern um ihre Mutter handelt. Hier wird ganz gezielt mit den Erwartungen der Fans gespielt, was bis dato auch recht gut funktioniert.
Natürlich müssen noch einige andere Fragen geklärt werden, etwa was der Plan des roten Engels ist und warum er Sachen gemacht hat, wie die Umsiedlung nach Terralysium. Da das vermutlich erst in der nächsten Folge thematisiert wird, darf man hier gespannt sein. Es bleibt zu hoffen, den Autoren gelingt hier der Spagat zu einer guten Erklärung. Leider hatten sie nämlich auch in dieser Staffel in der Hinsicht noch kein so glückliches Händchen (man denke nur an die Auflösung des Streits zwischen Burnham und Spock).
Dadurch, dass der Anzug ein von Sektion 31 entwickeltes Gerät zur Zeitreise ist, wird allerdings erneut ein Deus Ex Machina geschaffen. Das Ding stammt nicht aus der Zukunft, sondern ist als Ergebnis des temporalen Wettrüstens mit den Klingonen entstanden. Vielleicht mögen viele hier den Kopf schütteln, die Idee hat aber durchaus Potential und wird hoffentlich in der Sektion 31-Serie weiter verfolgt. Denn dass nur die Sternenflotte in der Zukunft Zeitschiffe und temporale Direktiven hat, ist schon lange ein kleiner Kritikpunkt gewesen. Endlich werden hier auch mal andere Mächte ins Spiel gebracht, die vielleicht weniger Skrupel bei Zeitreisen haben. Und irgendwann muss die Sternenflotte ja auch mal mit den Forschungen hierzu begonnen haben.
Hier ist also durchaus Luft nach oben, auch wenn man natürlich wieder über die Methoden von Sektion 31 diskutieren darf (was später auch noch geschieht). Der Zeitreisekristall ist übrigens eine nette Referenz an das von Harry Mudd in Staffel 1 benutzte Exemplar (“T=Mudd²”/”Magic To Make the Sanest Man Go Mad”, 1×07).
Zurück zum Anfang
Bevor wir aber in die Tiefen der neuen Folge abtauchen, sollte man die Referenzen zur Vorwoche nicht vergessen. Die Episode beginnt daher auch mit Airiams Bestattung, bei der jeder ein paar Worte sagen und Saru sogar ein Lied anstimmen darf. Das ist rührselig und gut gemacht, stellt auch eine gute Verbindung zur Vorwoche her, und hätte vermutlich einen Ticken besser funktioniert, wenn man Airiam noch besser eingeführt hätte. Aber sei es drum, die Szene funktioniert auch so. Übrigens wird Sara Mitich, die auch bei der Bestattung ist und Airiam in Staffel Eins gespielt hatte, später ihren Platz auf der Brücke einnehmen. Ob man über ihren Charakter mal mehr erfahren wird als über Airiam?
Ein anderer Bezug zur Vorwoche wird dagegen in einem Nebensatz abgehandelt: Control wurde kurzerhand in die Luft gesprengt. Klar, letzte Woche hatte man noch nicht die Infos, die man diese Woche hatte. Trotzdem macht dies im Nachhinein den Aufwand der Vorwoche ein wenig überflüssig. Und zumindest kurz hätte man die explodierende Station ja noch parallel zur Beerdigung zeigen können, um auch diesen offenen Strang angemessen zu beenden. Immerhin erhält Control hier einen ‘Nachruf’, anders als Kaminar, wo die Discovery einfach abgehauen ist und es keine Erklärung gab, ob der Sturm nun dem Planeten schadet oder nicht.
Wenigstens darf Pike erwähnen, dass man nicht sicher ist, ob Control nicht doch entkommen konnte. Diese Voraussage wird sich später sogar möglicherweise als richtig erweisen.
Der Rest ist Charakterarbeit
Die restliche Folge beschränkt sich darauf, die Charaktere voranzutreiben, denn außer der Arbeit an der Falle für den Engel passiert nicht wirklich viel. Dennoch passieren auf dieser Ebene einige wirklich wichtige Sachen.
Zunächst kommen Leland und Georgiou an Bord, die in der Folge zuvor schmerzlich vermisst worden sind. Zähneknirschend müssen sie vor Pike und Cornwell zu Kreuze kriechen, immerhin ist die Discovery-Besatzung unschuldig – ebenso wie Spock. Man hat hier also vermieden, allzu lange auf einer neuen Meuterei-Welle herumzureiten, was auch gut ist. Dann dürfen Leland und Burnham auch endlich ein Gespräch führen, bei dem Leland gesteht, wie ihre Eltern wirklich gestorben sind. Die zu erwartende Reaktion kommt dann auch und wird später sogar von Spock ganz witzig kommentiert.
Allein das ist gut in Szene gesetzt und später vergibt Spock Burnham auch endlich wirklich. Man mag darüber streiten, dass Burnham nun wieder Dreh- und Angelpunkt des Universums ist, aber andererseits war das ja die Prämisse der Serie. Und es deutete sich, nicht zuletzt wegen Airiams Bemerkungen in der letzten Folge, ja schon an.
Highlight an der Stelle ist mit Sicherheit wieder Michelle Yeoh als Georgiou, deren Szenen einfach nach wie vor Spaß machen. Sei es die emotionale Seite (Burnham und sie nähern sich an) oder wenn sie Stamets und Culber den Wind aus den Segeln nimmt: Nicht Eins-zu-Eins wiedergegeben: “Es gibt kein Universum, in dem wir nicht schwul sind.” – “Bei mir wart ihr pan – beide.” Derartige Szenen wissen zu gefallen und deuten (erneut) an, wohin die Sektion 31-Serie gehen könnte. Am Ende sehen wir sogar wirkliche Sorge für Burnham aufblitzen, als auch unsere Imperatorin sie rausholen will.
Apropos Stamets und Culber: Wilson Cruz darf hier weiter an seinen Gefühlen zaudern und sucht die Admiralin auf, um sich von ihr beraten zu lassen. Hierbei macht er eine sehr gute Figur, so das man künftig gern mehr davon einbauen kann. In dieser Konstellation wird also nicht zu sehr die Drama-Schiene gefahren, sondern die Entwicklungen der Figuren vermögen zu gefallen.
Auch bei Tyler, der endlich wieder befreit wird, und Burnham dürfen nun die Gefühle schwelen. Und auch wenn es hier etwas emotionaler ist als bei unseren beiden Männern, hat man sich auch hier bemüht, die Klischees zu umschiffen. Es gibt sogar eine Diskussion über die Sinnhaftigkeit von Sektion 31 und deren Methoden – Daumen hoch. Und auch Nhan bekommt eine kleine Szene mit Burnham spendiert, um die Ereignisse der Vorwoche aufzuarbeiten.
Der Plan, ach, der Plan
Bleibt am Ende der Plan, der den roten Engel stoppen soll und der, man kann es nicht anders sagen, einfach an vielen Stellen so seine Löcher hat. Zum einen ist der Engel eben nicht immer aufgetaucht, wenn Burnham in Gefahr war. Man denke hier nur an Kaminar. Zum anderen, wenn der Engel Burnham aus der Zukunft ist, weiß er ja wohl von dem Plan und würde erst gar nicht in de Falle tappen. Das wird zwar mit dem Großvaterparadoxon kurz angesprochen, dann aber genauso wie der erste Punkt einfach ignoriert.
Dafür muss Burnham nur sterben – oder zumindest so dicht dran sein, dass sie vom Tod nicht mehr zu unterscheiden ist. Die Falle wird auf Essof IV gestellt und leider sieht man mehr als deutlich, das es die Kulissen der Hiawatha aus Folge eins sind. Hier hätte man sich mehr Mühe geben können, das zu kaschieren, wenn es selbst Fans auffällt, die normalerweise nicht allzu sehr auf sowas achten.
Auch lassen sich alle ein wenig zu schnell von der Ausführung des Plans überzeugen. Das gipfelt darin, das die Brückencrew quasi live bei einer Burnham’schen Foltershow dabei ist. Zwar dürfen die alle gequält dreinschauen und mitleiden, was man den Charakteren auch abnimmt. Fragwürdig bleibt das Ganze aber trotzdem. Auch Spocks Entscheidung, die anderen festzusetzen, bis Burnham wirklich stirbt, ist schon harter Tobak. Ja, Burnham wollte es offensichtlich so, aber das Risiko, dass der Engel eben nicht kommt, dürfte eigentlich immer noch recht hoch sein. Denn wie eingangs erwähnt, war Michael auch bei Kaminar nicht wirklich in Gefahr.
Zum Glück für unsere Helden funktioniert der Plan aber trotzdem. Spock sollte aber mindestens eine Standpauke von Pike bekommen, warum er nicht eingegriffen hat (ähnlich bei Saru, als dieser nicht in den Kampf zwischen Tyler und Culber eingriff).
Bleibt am Ende nur noch das (mutmassliche) Ableben von Leland zu erwähnen (und die Frage, warum er zur Energieumleitung in einen anderen Raum gehen muss?). Obwohl man es eher Georgiou zugetraut hätte, dürfte wohl doch eher Control hinter dem Augen-Attentat stecken, immerhin hört man nach selbigem noch Lelands Stimme. Control hat also definitiv nicht vor, durch das Wurmloch des Engels in die Zukunft zu springen, was laut Pike verhindert werden soll (außer natürlich, das ist doch irgendwie geschehen). Trotz der Unlogik dieser Szene darf man auch hier gespannt sein, wie es weitergeht.
Fazit
Es hapert ein bisschen bei dieser Episode, aber nach zwei starken Folgen musste es einfach irgendwann mal wieder nach unten gehen. Allzu schwer wiegt der Haken nach unten noch nicht, dafür gibt es in dieser Folge einfach zu viele gute Charakterszenen. Die nächste Folge muss aber einige Erklärungen abliefern, und das war noch nie die Stärke der Autoren. Diese etwas ruhigere Folge hat also hoffentlich die Bühne für die Staffel-Zielgerade bereitet.
Bewertung
Handlung der Einzelepisode | [usr 4 max=”6″] |
Stringenz des staffel- und serienübergreifenden Handlungsstrangs | [usr 3 max=”6″] |
Stringenz des bekannten Kanons | [usr 2 max=”6″] |
Charakterentwicklung | [usr 4 max=”6″] |
Spannung | [usr 4 max=”6″] |
Action & Effekte | [usr 3 max=”6″] |
Humor | [usr 2 max=”6″] |
Intellektueller Anspruch | [usr 2 max=”6″] |
Gesamt | [usr 4 max=”6″] |
Episoden-Infos
Episodennummer | 25 (Staffel 2, Episode 10) |
Originaltitel | The Red Angel |
Deutscher Titel | Der rote Engel |
Erstausstrahlung USA | Donnerstag, 21. März 2019 |
Erstausstrahlung Deutschland | Freitag, 22. März 2019 |
Drehbuch | Chris Silvestri & Anthony Maranville |
Regie | Hanelle M. Culpepper |
Laufzeit | 48 Minuten |
Am Ende soll die Serie ja im Kanon angekommen sein. Mal eine “kreative” Idee, die Burnhams leben glücklich und zufrieden da sie nie am Anzug bauen. Der Konflikt mit den Klingonen kommt nicht auf. Spock hat nie eine Schwester. Na und in Staffel 3 ist ein lieber Lorca der Captain. Ich traue den Autoren mit ihrem Arc alles zu
Der Engel gilt doch als potentieller Verbündeter. Hat da niemand Bedenken, einem Verbündeten eine Falle zu stellen? Denn durch die Falle kann der Engel womöglich nie wieder in die Zukunft und somit kann die Discovery von dort auch keine Hilfe mehr erwarten. Oder übersehe ich da was?
Zitat: “Bleibt am Ende der Plan, der den roten Engel stoppen soll und der, man kann es nicht anders sagen, einfach an vielen Stellen so seine Löcher hat. Zum einen ist der Engel eben nicht immer aufgetaucht, wenn Burnham in Gefahr war. Man denke hier nur an Kaminar. ” An dieser Stelle haben Sie nicht richtig aufgepasst. Das Muster das Spock erkannt hat, bezieht sich ausschließlich auf die Fälle bei denen der rote Engel auftaucht ohne vorheriges Erscheinen eines “roten Signals”. Bei Kaminar ist aber zuvor ein rotes Signal erschienen und dies ist somit kein Logikloch in Bezugs auf Spocks… Weiterlesen »
Sorry für den doppelten Beitrag, aber mein erster war plötzlich verschwunden und da habe ich nochmal gepostet. Und später waren dann beide zu sehen….
Stimmt, das ging tatsächlich an mir vorbei, Danke 🙂
Wie man die Szene zwischen Georgiou, Stamets und Culber als Highlight bezeichnen kann ist mir echt ein Rätsel. Die Szene war unnötig und peinlich, wenn nicht gar grotesk. Was das Großvaterparadox angeht, so geht es ja noch einen Schritt weiter. Es geht nicht darum, dass die Zukunftsmichael von dem Plan wissen müsste, sondern darum dass es eigentlich keine Zukunftsmichael geben kann die angeritten kommt um sich selbst wiederholt das Leben zu retten. Ich kann mir aber nicht selbst das Leben retten, wenn ich schon als Kind gestorben bin! Der Plan: Bei dem hat Spock als einziger vernünftig gehandelt. Was haben… Weiterlesen »
Zitat: “Bleibt am Ende der Plan, der den roten Engel stoppen soll und der, man kann es nicht anders sagen, einfach an vielen Stellen so seine Löcher hat. Zum einen ist der Engel eben nicht immer aufgetaucht, wenn Burnham in Gefahr war. Man denke hier nur an Kaminar. ” An dieser Stelle haben Sie nicht richtig aufgepasst. Das Muster das Spock erkannt hat, bezieht sich ausschließlich auf jene Fälle bei denen der rote Engel auftaucht o h n e vorheriges Erscheinen eines “roten Signals”. Bei Kaminar ist aber zuvor ein rotes Signal erschienen und dies ist somit kein Logikloch in… Weiterlesen »