Fast 15 Jahre und über ebenso viele Teile hat das “Assassin’s Creed”-Franchise nun schon auf dem Buckel. In den nächsten Wochen werden wir daher eine kleine Reise unternehmen und uns alle Teile der Reihe zu Gemüte führen. In Teil 18 kehren wir zu den Nebenspielen zurück und sehen uns den zweiten Teil der “Chronicles” an. Geht mit auf unsere “Assassin’s Creed Odyssee”.
Mea Culpa
Ja, ich gestehe, es hat eine Weile gedauert, bevor es mit dieser Reihe weiterging. Aber es waren halt nun einmal einige andere gute Spiele auf dem Markt (*Hüstel* “Cyberpunk”), die vorher gespielt werden wollten. Nun aber ist der inzwischen 18. Serienteil dran, der 2016 ebenfalls als Zwischenhappen auf dem Weg zum großen Reboot “Origins” in den Regalen – oder zum Download – bereit stand.
Auch der zweite Teil der “Chronicles”-Reihe ist ein 2.5 D-Plattformer. Das heißt, anders als in der Hauptserie sehe ich meinen Helden von der Seite und absolviere klassische Jump ‘n’ Run-Passagen. Die Grafik ist dabei im selben “Zeichenstil” wie “Chronicles: China” gehalten. Wer den eher plumperem Stil von “China” schon nichts abgewinnen konnte, der wird sich hier vermutlich auch schwer tun. Der Vorteil ist natürlich, das der Rechner nicht ganz so performant wie bei der Hauptreihe sein muss. Der Grafikstil ist also nicht wirklich schlimm, sondern eben, wie bei der Reihe üblich, mal was anderes.
Selbstredend gibt es die üblichen Assassinen-Waffen, die man auch im direkten Vorgänger “Chronicles” schon hatte. So kann ich etwa Rauchbomben werfen, mich mit einem Haken an die Decke hangeln oder die obligatorischen Attentate von der Dachkante aus erledigen. Hier ist man der Reihe – oder in dem Fall der “Chronicles”-Reihe – treu geblieben. Wer also mit der Mechanik des Vorgängers klar kam, wird sich auch hier wieder schnell zurecht finden.
Einen kleinen Wermutstropfen hat die Sache allerdings, denn im Gegensatz zum Vorgänger ist das Spiel nicht mehr synchronisiert und beschert uns nur deutsche Untertitel. Okay, das hatte der Vorgänger zwar auch, dort wurde aber – passend zu “China” – durchweg chinesisch geredet. Die Nichtsynchronisation erfüllte also einen Zweck und unterstützte das Spielgefühl. Hier reden die Helden aber nicht etwa indisch (bzw. Hindi), sondern eben durchweg englisch mit deutschen Untertiteln. Das ist etwas schade im direkten Vorgängervergleich und gerade bei solchen Konstellationen gehört sich eigentlich eine Synchronisation her. Jap, ich rege mich auch heute noch über Spiele auf, die nur deutsche Untertitel haben. Aber vermutlich war Climax, das Studio, das für die Chronicles-Reihe unter Lizenz von Ubisoft verantwortlich zeichnet, zu klein dafür und konnte es sich einfach nicht leisten.
Sammelobjekte und Herausforderungsräume
In jedem “Assassin’s Creed”-Teil gab es eigentlich Sammelobjekte. Hier gibt es, wie im ersten “Chronicles”-Teil, aber nur wieder die Animus-Fragmente. Schalteten die aber in “China” noch teilweise Story-Happen in Form von Kodexeinträgen frei, so dienen sie hier nur noch dazu, die eigenen Fähigkeiten zu boostern und etwa mehr Lebensenergie oder schnellere Waffen zu erhalten. Wenn man sie denn einsammeln kann. Doch dazu später mehr.
Man verpasst allerdings nicht wirklich etwas, wenn man sie nicht sammelt. Okay, man muss hier noch etwas relativieren, denn im nächsten Teil “Russia” kann man damit ein Geheimnis freischalten. Aber dazu kommen wir, wenn wir diesen Teil besprechen.
Darüber hinaus gibt es in “India” aber nur noch die Herausforderungsräume. Das sind kleine Räume im Animus-Stil (ihr wisst schon, mit weißen Wänden und eher etwas schlichter gehalten), die man innerhalb eines Zeitlimits absolvieren muss. Da gibt es Attentatsräume, in denen man eben Ziele ausschalten muss, oder auch Sammelräume, in denen man möglichst schnell Fragmente einsammeln und den Ausgang erreichen muss. Und das alles, ohne rote Bereiche auf der Karte zu betreten. Und dann gibt es noch eine Kombo aus beiden.
Die Räume sind ganz nett gemacht, bringen aber spielerisch keinen Mehrwert. Sie dehnen die Spielzeit nur und sind daher eher etwas für Komplettisten, die dort wirklich die Bestzeiten einheimsen wollen. Wer Spaß an solchen Sachen hat, kann hier locker nochmal einige Stunden reinbuttern. Im Gegensatz etwa zu den Herausforderungsräumen in “Portal” ist die Motivation aber eher gering. Wie im Hauptspiel selber gibt es nicht allzu viele Sachen, die man in diesen Räumen ausprobieren kann und sie sind zumeist “Straight Forward”.
Bockschwer
“Straight Forward” ist dann auch der Rest des Spiels. Das liegt nicht nur daran, dass es ein Sidescroller ist, sondern vielmehr daran, dass die Missionen bockschwer sind. Und das auf dem leichtesten der zwei Schwierigkeitsgrade. Hat man den ersten Grad absolviert, gibt es noch “Neues Spiel+” und “Schwer”, die nochmal eines drauflegen und vor allem den Gegnern mehr Vorteile geben.
Im direkten Vergleich zum Vorgänger geht man hier aber öfter in die virtuellen ewigen Gezeiten ein und kann manche Passagen nur durch Trial and Error lösen. Das ist etwas schade, war doch vor allem das kreative Herumschleichen eines der Hauptthemen der Reihe und war eigentlich auch im Vorgänger “China” noch vorhanden. Schleicht man sich hier an den Gegnern vorbei, muss man ganz genau aufpassen. Zwar gibt es auch hier noch Sichtkegel, denen es auszuweichen gilt. Meist gibt es aber nur wenig Spielraum, neue Wege auszuprobieren.
Das liegt zum einen an der hohen Gegnerdichte, zum anderen auch daran, dass jeder Gegner Schusswaffen besitzt und die eigenen Angriffe kontern kann. Wer also mal erwischt wird und kämpfen muss, hat im Nahkampf schlichtweg keine Chance. Klar, auch Yun im direkten Vorgänger “Chronicles” war schwach (dort wurde es mit “Sie ist halt eine Frau” erklärt), aber dort konnte man mit etwas Kampfgeschick das Ruder noch herumreißen. Hier ist das fast aussichtslos.
Erschwerend kommt wie erwähnt hinzu, dass man fast keine Erleichterungen bekommt, wenn man nicht die Level in der vorgeschriebenen Zeit absolviert oder eben die Fragmente einsammelt. Im Vorgänger hat man – je nachdem, wie weit man in der Story vorangeschritten ist – Bonusse bekommen. Etwa einen längeren Lebensbalken oder verbesserte Waffen. Hier bekommst du das nur, wenn du den Level in einer vorgeschriebenen Zeit absolvierst oder bestimmte andere Herausforderungen meisterst, wie etwa nicht entdeckt zu werden. Bei einem derartigen Zeitdruck ist aber halt nunmal auch kein Platz für Fehler oder großflächiges Rumprobieren. Und eben auch keine Zeit, die Sammelobjekte mitzunehmen.
Dabei hab ich es wirklich versucht, mal durch die Level durchzurushen, was aber meist in ziemliche schnellem Ableben mündete. Ich habe das ganze Spiel also mit den schwächten Waffen und nur einem Strich auf der Lebensleiste durchgespielt (was es natürlich nochmal deutlich schwerer macht. Ein Schuss und das war’s für den Spielercharakter…). Es war halt schlichtweg unmöglich, manchmal in der knappen Zeit was zu erreichen. Und es ist auch ein wenig demotivierend, ständig den Spieler derart unter Druck zu setzen (und nein, das hat jetzt nichts mit dem Alter zu tun). Im Vergleich: Das deutlich leichtere “China” war in neun Stunden durch, bei “India” warens jetzt zwölf – eben auch wegen der vielen Bildschirmtode.
Auch die Sprungpassagen haben deutlich angezogen. Denn man muss hier manchmal punktgenau springen, sonst hat man verloren, wird auf den nächsten Checkpoint zurückgesetzt (freies Speichern gibt es in der Spieleindustrie ja nur noch selten) und darf die ganze Passage nochmal absolvieren. Da hilft dann wirklich nur, dass man nach dem x-ten Mal den Parcours endlich so gut kennt, dass es eben klappt. Motivation geht trotzdem anders.
Schön ist aber immerhin, dass mancher Level – wie etwa der Vorläufertempel – wie der Finallevel aus “Rebellion” aussieht. Hier ist man sich treu geblieben und Fans der Reihe fühlen sich sofort heimisch. Auch wenn man sich an der Stelle fragen muss, warum die Bösewichte diese Sprungpassagen nicht absolvieren müssen. Die sind immerhin direkt vor dem Spieler da rein und hätten durch dieselbe Anordnung der Räume gemusst. Hach ja….
Neuerungen
Ein paar Neuerungen gibt es auch hier. So hat die Gegnervielfalt zugenommen, was aber nicht gerade förderlich ist (siehe oben), da das Spiel so auch schon schwer genug ist. Wächter können jetzt aber auch in dunklen Ecken auf den Spieler lauern und wer nicht aufpasst, liegt so schnell am Boden. Das Adlerauge braucht man zwar immer noch nicht wirklich (zumindest nicht auf dem ersten Schwierigkeitsgrad), wer aber zum zwölften Mal stirbt, der wird es dann aber wohl doch mal benutzen.
Obligatorisch gibt es auch wieder einige Bonusziele zu holen, zu denen man ob des Zeitdrucks aber eben nicht immer kommt. Die belohnen aber immerhin mit weiteren Story-Schnipseln in Form von Kodexeinträgen. Kennt man aus dem Vorgänger, ist jetzt nichts Weltbewegendes, aber geht in Ordnung. Lässt man sie links liegen, verpasst man zwar nichts, aber man bekommt auch keine Charakteraufwertungen spendiert.
Neben diesen Neuerungen gefallen aber immerhin auch die eingebauten neuen Minispiele. In der letzten Mission etwa müssen wir uns kletternd anschleichen und dem Sichtfeld des Obermotzes ausweichen. Eine nette Abwechslung, auch wenn hier teilweise wieder etwas Frust zuschlägt. Dann gibt es Sequenzen, in denen man aus einstürzenden Gebäuden fliehen muss oder vor wilden Elefanten. Gab es so ähnlich auch im Vorgänger, ist hier aber nochmal eine Schippe hektischer – und eben auch bockschwer.
Dann gibt es auch Passagen, in denen man sich – ganz wie in “Hitman: Sniper” – als Scharfschütze verdingen darf und auf einem Turm etwa der Reihe nach die Wächter umnieten muss. Das ist gut umgesetzt und erfordert durchaus etwas Denkschmalz. Leider sind die Passagen aber zu wenig, um wirklich mehr als eine Auflockerung zwischendurch zu sein. Schade, gerade davon hätte es mehr sein dürfen.
Als Hilfestellung gibt es zwar auch hier wieder die “Helix-Cheats”. Soll heißen: Wenn man seine Leiste aufgeladen hat, kann man etwa von einem Versteck zum anderen springen oder einen schweren Gegner ‘One Hitten’. Bei der erwähnten Gegnerdichte ist das aber eher temporär hilfreich.
Selbstredend darf man auch wieder in den Missionen nach “vorne” und “hinten” gehen oder sich auch mal verkleiden. Obligatorische Schalterrätsel sind ebenso wieder mit dabei.
An Endbossen gibt es hier immerhin zwei, die im Vergleich zu den anderen schweren Teilen des Spieles aber eher als “leicht” einzustufen sind und nach nur zwei Versuchen im Staub lagen (selbst mit den einfachsten Waffen). Immerhin sind die Sequenzen ganz gut gemacht und beim letzten Boss darf man in den Berserker-Modus wechseln. Das ist eine schöne Ergänzung für die ganzen Strapazen, durch die einen dieses Spiel gejagt hat.
Story
Bei den “Assassin’s Creed”-Teilen liefen die Stories eigentlich immer ähnlich ab. Und auch “India” macht hier keine Ausnahme. Im Grunde jagen wir wieder mal ein Vorläufer-Artefakt und nehmen dabei Rache an einigen Templern. Diesmal eben in Indien. Die Zwischensequenzen werden dabei – wie schon bei “China” – in gezeichneten Bildern erzählt, sind also nicht cineastisch umgesetzt.
Die Hauptperson ist Arbaaz Mir, der die Tochter des Maharadschas als Geliebte hat. Dabei ist die Geschichte der beiden eine durchaus spannende. So hat der vorherige Herrscher die Arbaaz-Familie umgebracht, aber er hat eben aus Liebe dann die Prinzessin getroffen und hilft ihr, den Koh-I-Noor-Diamanten (bekannt aus der realen Welt) zu schützen. An diesem Punkt geht die Geschichte des Spiels los. Wie, davon habt ihr nichts gewusst? Habt ihr etwa nicht die Comics gelesen?
Tja, was auch bei “Star Wars” zu jener Zeit Schule machte, wird auch in “India” umgesetzt. Die ganze Vorgeschichte des Helden gibt es nur in einem anderen Medium zum Lesen. Hier erfährt man es nur durch die Kodexeinträge, die bestimmt nicht alle Spieler lesen. Zudem ist es nicht einmal gesondert gekennzeichnet und man darf sich die Infos schön selber zusammenklauben. Kein guter Start in die Story. (Es sollte später bei “Origins” allerdings einen noch krasseren Schnitt geben.)
Und so hat man als Spieler leider auch keinerlei echten Bezug zu diesem Diamanten und weiß dementsprechend auch nicht wirklich, warum man diesem unbedingt hinterherjagen und ihn wiederbeschaffen sollte. Auch über etwaige Fähigkeiten des Stücks wird kein Wort verloren. So jagt Arbaaz halt an einige Konfliktschauplätze der 1840er-Jahre, nur um dann wieder nach Indien zum Finale zurückzukehren. Auch am Ende erfährt man nicht wirklich, ob der Bösewicht überlebt hat und entkommen ist. Die letzte (Outtro-)Sequenz bleibt hier nämlich etwas schwammig. Immerhin gibt es noch eine Verbindung zu “Syndicate“, denn am Ende wird der Diamant dem Vater der Fryes übergeben.
Also nein, die Story gewinnt keine Preise.
Fazit
Als 2.5D-Plattformer ist das Spiel an und für sich nicht schlecht. Die Level sind gut gestaltet und die Kletterpassagen herausfordernd – allerdings auch etwas zu herausfordernd. Der knackige Schwierigkeitsgrad sorgt derweil eher für Spielfrust statt für Spiellaune, was sich negativ auf die Motivation zum Weiterspielen auswirkt.
Und auch handlungstechnisch betritt man hier gewiss kein Neuland. Erschwerend kommt hinzu, dass man die Story ohne Kenntnis entsprechender anderer Medien nicht wirklich verfolgen kann. Daher ist dieser Mittelteil der “Chronicles”-Trilogie wirklich der schwächste.
Wertungsspiegel
Mit drei Sternen rangiert “India” eher im unteren Bereich der “AC”-Titel. Von der Spielzeit her geht es mit 12 Stunden aber wieder etwas nach oben.
Reisezeiten
Wir starten in Armirtsar in Indien und laufen die ersten Level im Palast rauf und runter. Per se starten wir also mal mit 20 km auf dem Zähler, bevor es dann nach Herat in Afghanistan geht. Dann landen wir in Punjab und am Ende wieder in Armirtsar.
3342 km stehen so am Ende auf dem Zähler. Und da es zu dieser Zeit noch keine Autos gab, darf wieder mal das Pferd als Reisemittel herhalten. Die im Bild angezeigten 683 Stunden per Fuß kommen via Ross also auf ungefähr 250 Stunden.
Bildquellen: instant-gaming.com, ign.com, gaming.com, pcgames.de