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StartLiteraturAudio Books & HörspieleRezension: "Das tote Brügge" - Gruselkabinett (Folge 168)

Rezension: “Das tote Brügge” – Gruselkabinett (Folge 168)

Ob der trauernde Witwer jemals über den Verlust seiner Frau wegkommen kann oder ob das Schicksal etwas ganz anderes für ihn bereit hält, erfahrt ihr hier…

Inhalt:

Hugo Viane ist Witwer, seine Frau starb mit knapp 30 Jahren. Er vergöttert sie noch nach ihrem Tode und hat sein Haus in einen Tempel für sie umgewandelt. Nur sein Glaube und die Angst, als Selbstmörder ins Fegefeuer zu kommen, hält ihn von einem Suizid ab. Doch dann lernt er die Tänzerin Jane Scott kennen und traut seinen Augen kaum. Sie sieht seiner verstorbenen Frau zum Verwechseln ähnlich. Rezension: "Das tote Brügge" - Gruselkabinett (Folge 168) 1

Kritik

Diese Folge hat mich sehr ambivalent berührt. Nach und nach gerät Hugo in einen Sog aus Verderbtheit. Aus seiner reinen Liebe zur Toten wird eine Obsession nach der verruchten Tänzerin.

Brügge ist eine Kleinstadt, in der der christliche Glaube hochgehalten wird. So versteht sich von selbst, dass über den getrösteten Witwer getratscht wird und sogar dessen Haushälterin Barbe, eine fromme Frau, unter Druck gesetzt wird, die Anstellung bei Hugo Viane zu kündigen. Es gab schlichtweg Aspekte, die mich nicht mitgenommen haben und die heute einfach nicht mehr zeitgemäß sind. Und hier liegt mein Problem: Die ständig stöhnende und allzeit begattungsbereite Jane ging mir irgendwann so auf die Nerven, dass ich versucht war, die entsprechenden Passagen vorzuspulen. Es wiederholte sich schlichtweg zu oft. Niemand, nicht einmal der größte Trottel, würde sich eine solch dumme Frau gefallen lassen. Klar, er merkt im Laufe der Handlung, dass Jane eben nicht mithalten kann mit seiner verstorbenen Heiligen, aber der Hörer merkt es eben schon etliche Minuten früher. Das war der Part, den ich als sehr unangenehm und nervtötend empfand. Auch das Ende des Hörspiels offenbart sich vorzeitig. 

Doch was mich die Folge bis zum Ende hat durchhalten lassen, war die Haushälterin Barbe, die ich absolut sympathisch finde. Sie ist nämlich keine eindimensionale Putzkraft, sondern gibt ihrem Dienstherren schon mal eine charmante Retourkutsche, ist dabei aber treu wie Gold. Außerdem genoss ich die Beschreibungen der tristen Straßen Brügges. Es ist in der Tat so, dass Brügge für mich neben Brüssel eine der melancholischten und traurigsten Städte ist. Insofern war ich ganz bei unserem Protagonisten Hugo, der desillusioniert durch die grauen Straßen schlurft. Auch das Kleinstadtflair des ausgehenden 19. Jahrhunderts wurde gekonnt in Szene gesetzt. 

Die Vertonung liegt auf einem hohen Niveau. Mit dem Erzähler Peter Weiß konnte man eine raue und gesetzte Stimme gewinnen. Michael-Che Koch spricht den traurigen Witwer, der sämtliche Nuancen zeigen darf: von tieftraurig, über melancholisch bis stinksauer. Eva Michaelis verkörpert einerseits die Tote und Jane Scott, wobei sie mir als Erstere besser gefallen hat. Meine Favoritin ist definitiv Herma Koehn, die als gute Seele Barbe wirken durfte. 

Musikalisch bietet sich ein Potpourri aus gesetzten, ruhigen Tönen und aufgeregtem Orchesterspiel. 

Das Cover wurde von Ertugrul Edirne gezeichnet und zeigt einen Frauenkopf in schwarzweiß auf der linken Seite, auf der rechten Seite sieht man den Frauenkopf in bunt und anders frisiert vor der Kulisse Brügges. 

Fazit

Kein Highlight, weil vorhersehbar – aber liebevoll umgesetzt. 

[usr 3]

Information: Ein Exemplar dieses Hörspiels wurde dem Autor vom Verlag zum Zwecke der Rezension kostenlos überlassen.

Quick-Infos

Autor: Georges Rodenbach
Cover: Ertugrul Edirne
Originaltitel: Das tote Brügge
Jahr der Veröffentlichung (Original): 1892
Hörspiellabel Titania Medien
Hörspiellänge: 86 Minuten
Preis: 7,69 Euro
ISBN: 978-3785783160

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