Die fünfte Episode der Staffel wartet erneut mit einem Actionfeuerwerk auf. Zudem erhalten die Antagonisten Moll und L’ak mehr Profil. Lest hier unsere weitestgehend spoilerfreie Episodenkritik.
Was meinen wir mit “spoilerfrei”?
Es gibt sehr unterschiedliche Auffassungen dazu, was “spoilerfrei” bedeutet. Damit ihr selbst entscheiden könnt, ob ihr die Rezension vorab lesen möchtet, machen wir hier transparent, was wir darunter verstehen:
- Wir verraten keine wichtigen und unerwarteten Wendungen der Handlung bzw. Informationen über die fiktiven Welt und ihre Figuren.
- Was im Vorfeld durch Vorschauclips und Trailer gezeigt wird, ist kein Spoiler.
- Was im Cold Open (vor dem Vorspann) bzw. im ersten Akt (bei Episoden ohne Cold Open) passiert, ist kein Spoiler.
- Handwerklichen Aspekte (Schauspiel, Drehbuch, Bühnenbild, Soundtrack, Spezialeffekte) sind keine Spoiler, sofern sie nichts Wichtiges über die Handlung verraten.
Mirrors
Die narrative Struktur der fünften Staffel gleicht weiterhin der eines Videospiels, in welchem man in verschiedenen Levels Artefakte oder Hinweise finden muss, die Puzzleteile eines noch viel größeren Rätsels darstellen.
Dieses Mal verschlägt es Burnham und Book durch ein gefährliches Wurmloch in den interdimensionalen Raum, wo sie auf die dort gestrandete I.S.S. Enterprise aus dem Spiegeluniversum des 23. Jahrhunderts stoßen. Moll und L’ak haben dort Zuflucht gesucht, nachdem ihr eigenes Schiff zerstört wurde…
Kaum Neues im interdimensionalen Raum
Wer sich angesichts des Trailer-Ausschnitts, in welchem die I.S.S. Enterprise bereits zu sehen war, Hoffnungen darauf gemacht hat, dass die neuerliche Verquickung der Handlung mit dem Spiegeluniversum irgendeinen genialen Story-Kniff bereithält, der wird hier leider enttäuscht werden. Die Szenerie auf der Spiegel-Enterprise erweist sich schlussendlich als reiner Selbstzweck, um abermals nostalgische Elemente in der Episode zu platzieren. Die dortige Handlung hätte auf jedem x-beliebigen Schiff genauso funktioniert. Allerdings konnte man dadurch bei den Dreharbeiten auf die Kulissen der Schwesterserie “Strange New Worlds“ zurückgreifen, was Produktionskosten gespart haben dürfte.
Die Handlung auf der Enterprise folgt indes dem altbekannten actionreichen Stil der Serie. Mit imposanten SFX-Schauwerten, spektakulären Schusswechseln und den obligatorischen Martial Arts-Einlagen versucht man, die augenfällige Eindimensionalität des Storytellings zu kaschieren. Die Handlung auf dem verlassenen Spiegel-Schiff ist nämlich wieder einmal sehr uninspiriert und deswegen auch nur leidlich spannend.
Die Serie zeigt leider auch in ihrer finalen Staffel nicht wirklich die Ambition, das bereits vorhandene erzählerische Repertoire zu erweitern. Neben den ausgedehnten Actionszenen charakterisieren auch einige – inhaltlich eher flache – melodramatische Dialoge das Drehbuch. Man hat einfach das Gefühl, in jeder Staffel so ziemlich das Gleiche vorgesetzt zu bekommen – lediglich nuanciert anders geschrieben. Mich überzeugt das nach wie vor nicht. “Discovery“ hat jenseits von Emotionalität und Action einfach nicht viel zu erzählen, was über oberflächliches Mainstream-Fernsehen hinausgeht.
Viele Episodenhandlungen sind folglich enorm vorhersehbar. Das gilt auch dieses Mal wieder für das Episodenfinale und den Verbleib der beiden Antagonisten. Die Erzählweise von “Discovery“ ist einfach derart unflexibel, als dass man nach vier Staffeln nicht schon von Anfang an erahnen würde, wie es nach Folge 5 zwingend mit Moll und L‘ak weitergehen muss. Ich finde die Parallelen zu Staffel 4 (Book und Tarka) geradezu erschreckend, denn sie legen die Einfallslosigkeit im Writer’s Room schonungslos offen.
Backstory für Moll und L‘ak
Zwischen den Szenen auf der Enterprise streut die Episode immer mal wieder kurze Rückblenden ein, welche die Backstory von Moll und L’ak näher beleuchten. Aus Spoiler-Gründen kann ich an dieser Stelle allerdings nicht näher darauf eingehen.
Dass man diese Hintergrundinfos wieder bis zur Staffelmitte unter Verschluss gehalten hat, um auf diese Weise künstlich Spannung zu erzeugen, sei an dieser Stelle einfach mal so hingenommen. Die Vorgeschichte der beiden Widersacher erweist sich allerdings als ebenso einfallslos wie die Haupthandlung auf der Enterprise. Denn Moll und L’aks Beziehung bedient so einige Klischees, die man irgendwie auch aus vielen Märchen oder Romantikschnulzen kennt. Nur eben “Discovery“ -typisch unter umgekehrten Vorzeichen, was die Rollen betrifft.
In gewisser Weise sollen Moll und L’ak das Paar Burnham und Book spiegeln (daher die Doppeldeutigkeit des Episodentitels “Mirrors”), wobei ich diese Parallele allerdings etwas erzwungen finde.
Selbstredend wird auch diesen beiden Antagonisten wieder die obligatorische Opferrolle zugedacht (wir denken hierbei u.a. an Ruon Tarka und Vadic), damit wir als Zuschauer ein gewisses Verständnis für Moll und L’ak entwickeln können. Das wäre grundsätzlich kein Problem, wenn man es endlich mal schaffen würde, den berühmtberüchtigten Holzhammer in der Werkzeugkiste zu lassen und deren persönlichen Dramen stattdessen subtiler, mit deutlich mehr Kreativität und Gewissenhaftigkeit zu erzählen. Wie das geht, hat beispielsweise “Deep Space Nine“ gezeigt, wo man die Gegenspieler behutsam und mit dem ein oder anderen überraschenden Twist aufgebaut hatte, siehe Dukat, Damar oder auch Kai Winn. Hier wirkt die Backstory auf mich wieder einmal – man verzeihe mir den Ausdruck – lustlos hingerotzt.
Es bleibt also dabei: Das neue “Star Trek“ tut sich unglaublich schwer damit, Gegenspieler zu schreiben, die sich vom Gros der Nullachtfünfzehn-Schurken in Hollywood abheben können.
Lehrprobe für Commander Rayner
In der B-Handlung muss Commander Rayner das Kommando übernehmen, solange Burnham auf Außenmission ist. Er befürchtet jedoch, dass er als Autoritätsfreak nicht mit Burnhams familiärer Laissez-faire-Truppe zurechtkommen wird. Die Mission wird demnach zu einer Art Lehrprobe für Commander Rayner an Bord der Discovery.
Die Szenen zwischen Burnham und Rayner leiden abermals unter der stets mitschwingenden Asymmetrie zwischen der Protagonistin und den übrigen Charakteren. Jedenfalls habe ich so meine Probleme damit, wie Burnham hier ihrer neuen Nummer Eins, die über weitaus mehr Kommandoerfahrung verfügt als sie selbst, “von oben herab” Mut zuspricht. Diese Szene soll wahrscheinlich Empathie seitens Burnham suggerieren, auf mich wirkt es allerdings eher wie Arroganz. Und das ist schlicht die Ernte der Saat, welche die Autoren über viereinhalb Staffeln gesät haben: Die ständige Überhöhung Burnhams und die oftmals damit verbundene Bewunderung und Unterwürfigkeit der Nebenfiguren killt für mich leider nahezu jede Figurenkonstellation mit Burnham. Keine andere Trek-Serie hatte dies nötig, nur “Discovery” reitet dieses tote Pferd bis zum Serienende munter weiter.
Wie dem auch sei: Schlussendlich müssen der knorrige Kelleruner und die emotionale Disco-Crew eine gemeinsame Ebene der Kommunikation und Zusammenarbeit finden, die erfreulicherweise abermals sehr viel trekkiges Technobabble beinhalten. Gerne mehr davon! Und auch wenn die B-Handlung sicherlich keine Bäume ausreißt, so hat sie dennoch einen gewissen Unterhaltungswert, eben weil hier Teamwork im Vordergrund steht und sich die Crewmitglieder endlich mal wieder wie echte Profis verhalten.
Breen on screen
In den ersten Folgen wurden bekanntlich die vor allem aus “Deep Space Nine“ bekannten Breen als Gegenspieler etabliert, nun erhalten sie in dieser Folge auch endlich etwas mehr Aufmerksamkeit. Zwar sollte man auch hier die Erwartungen nicht allzu hoch schrauben, nichtsdestotrotz gelingt es “Mirrors“, die nach wie vor recht geheimnisvollen Breen um einige durchaus interessante Facetten zu erweitern und auf diese Weise deren Profil zu schärfen. An dieser Stelle können wir folglich ein paar Pünktchen für Worldbuilding verbuchen.
Sehr gelungen ist meiner Meinung nach auch der neue Look der Breen, der viele Charakteristika des ursprünglichen Erscheinungsbildes konserviert, aber zugleich auch nachvollziehbar modernisiert. Zudem wird angedeutet, dass diese Spezies seit dem 24. Jahrhundert eine Entwicklung durchlaufen hat, die im weiteren Verlauf der Staffel womöglich noch von größerer Bedeutung sein könnte. Das ist in meinen Augen ein vielversprechender Story-Arc, den man hoffentlich konsequent weiterverfolgen wird.
Action-Saru macht Pause
Der Handlungsstrang um Saru und T’Rina pausiert in “Mirrors” erneut. Dieses Mal sehen wir sogar überhaupt nichts von Saru. Auch hier muss man kritisch fragen: Hat dieser Story-Arc überhaupt genug erzählerische Substanz für eine 10-teilige Staffel?
Mit Rücksicht auf die Leser:innen, die die Episoden noch nicht gesehen haben, bitten wir in den Kommentaren zu diesem Beitrag auf Spoiler zu verzichten. Danke!
*schnarch* DSC, ich penn weg… Aber die Rezi find ich gut.