“The Ready Room” mit Wil Wheaton ist eine Reihe, die regelmäßig “Star Trek”-Themen aufarbeitet, Cast & Crew interviewt und Previews zu kommenden Produktionen veröffentlicht. In der aktuellen “Ready Room”-Episode ist Paul Wesley (James T. in “Strange New Worlds”) zu Gast und unterhält sich mit Wil Wheaton über die verschiedenen Versionen des James Tiberius Kirk. Wir haben das sehr interessante Gespräch für Euch übersetzt.
Das Interview
Wil Wheaton: Heute ist ein neues Mitglied der “Star Trek”-Familie bei mir: Paul Wesley, der James T. Kirk spielt. Paul, willkommen zurück zu “Strange New Worlds” und willkommen im “Ready Room”. Danke, dass du gekommen bist.
Paul Wesley: Danke, dass ich dabei sein darf, ich bin ein großer Fan.
Wil Wheaton: Oh, danke! Wie findest du das “Star Trek”-Universum?
Paul Wesley: Ja, ich muss schon sagen, ich mache das jetzt schon so lange. Und ich habe noch nie an einer Produktion mitgewirkt, bei der wirklich alle auf so wunderbare Weise zusammenarbeiten. Und ich glaube, das macht einen großen Teil des Erfolgs der Serie aus.
Wil Wheaton: Wie war deine Beziehung zu “Star Trek”, bevor du in diese Rolle geschlüpft bist?
Paul Wesley: Ich habe es als Kind oft gesehen. Meine Eltern sind Einwanderer aus Polen. Und ich erinnere mich, dass ich immer “Star Trek” geschaut habe. Und auf eine seltsame Art war es wie Amerika. Amerikanische Exploration! Und die Crew! Und Captain Kirk war diese Vaterfigur für viele Menschen. Ich habe ihn als diese starke, amerikanische, gottähnliche Figur gesehen. Und ich glaube, dass er für so viele Menschen so war… weshalb ich, als du eben sagtest, Paul Wesley spielt James T. Kirk… dachte: “Was? Wie?”
Wil Wheaton: Das verstehe ich. Das führt mich direkt zur nächsten Frage. Jim Kirk. Wusstest du beim Vorsprechen, dass es um Jim Kirk ging? Oder lief das mit einem Geheimnamen? Das passiert jetzt ständig: du sprichst für etwas vor und es sieht aus wie eine gewöhnliche Weltraumserie. Dann stellt sich heraus: Ach ja, übrigens, du bist jetzt Kirk in “Star Trek”.
Paul Wesley: Weißt du, sogar meine Agenten waren da komisch drauf. Sie riefen mich an einem Sonntag an, was selten passiert. Sie sagten: “Machst du einen ZOOM mit Akiva Goldsman und Henry Lonzo Myers?” Ich sagte: “Ja, klar. Worum geht es?” Und sie so: “Star Trek!” Ich antwortete: “Okay…” Und wir haben geplaudert und geplaudert. Erst am Ende des Gesprächs verrieten sie mir die Rolle. Ich fragte: “Was ist das für eine Rolle?” Und sie erwiderten: “Es ist DIE Rolle.” Und ich sagte: “Was meint ihr?” Natürlich wusste ich, wovon sie sprachen… Und dennoch. Es ist halt schwer, die Größe und das Gewicht dieser Rolle in Worte zu fassen.
Wil Wheaton: Für mich klingt das so, als ob die Originalserie dein “Star Trek” ist.
Paul Wesley: Ja, sehr sogar. Ich weiß natürlich zu schätzen, wie weit wir es heute mit den visuellen Effekten gebracht haben. Was ich an der Originalserie mag, ist, wie begrenzt die visuellen Effekte waren. Sie mussten sich auf ihre Vorstellungskraft verlassen. Es war alles viel praktikabler. Ich glaube, die Originalserie hat etwas Pures an sich, wenn man sie im Zusammenhang mit der Zeit der 1960er Jahre betrachtet, als es noch nicht so viele Fernsehkanäle und Streamingdienste gab… und man diese wunderschöne, fast theatralische Fantasiewelt hatte. Die Serie hat etwas wirklich Reines und Schönes an sich.
Wil Wheaton: Ich schaue mir die Originalserie immer wieder mal an. Es gibt Episoden, die ich einfach herauspicke.
Paul Wesley: Und genau das kannst du! Du kannst dir einfach Episoden aussuchen, das ist das Tolle daran.
Wil Wheaton: Ja, das ist das Nette! Und das ist eins der Dinge, die “Strange New Worlds” so toll macht. Was willst du diese Woche? Was willst du tun? Wie willst du die nächste Stunde verbringen?
Paul Wesley: Es ist toll. “Strange New Worlds” hat immer noch diesen roten Faden. Es gibt staffelübergreifende Erzählstränge für die Charaktere, aber, wie Du sagtest, das Episodische ist das Attraktive.
Wil Wheaton: Eines der Dinge, die du in dieser Folge gemacht hast, ist dieses wunderbare, altbewährte… Du weißt schon, jede Serie bekam so eine Handlung, die in unserer Gegenwart verortet war. Es hat mir als Zuschauer große Freude bereitet, zu sehen, wie Jim Kirks Erwartungen an Toronto und La’ans Erwartungen an Toronto nicht übereinstimmen, weil sie aus verschiedenen Universen kommen.
Paul Wesley: Das Interessante an diesem Kirk ist, dass er im Weltraum geboren wurde. Er wurde nicht in Iowa geboren. Er hat kein Gefühl für… naja, er hat ein bisschen Literatur, er hat ein paar Fotos gesehen und so weiter, aber er hat keine Ahnung, was die Erde ist oder wie sie sich anfühlt. In dieser Folge ist es also erneut nicht der Kirk, den wir kennen, sondern ein Kirk aus einer völlig anderen Zeitlinie. In der ersten Staffel, im Finale, war es auch ein Kirk aus einer völlig anderen Zeitlinie. Das gab mir Spielraum. Ich konnte ihn hier und da so interpretieren, wie ich wollte; weil es ihn [in der primären Zeitlinie so] nicht gibt.
Wil Wheaton: Ich bin sehr daran interessiert, wie dein Kirk-Entwurf funktioniert. Ich weiß, dass du die Originalserie gesehen hast und mit der Kanon-Zeitlinie vertraut bist. Ich habe gehört, dass du Shatner ein paar Mal getroffen hast. Ich war nun neugierig, was du von Kirk hältst und wie du ihn aufgebaut hast.
Paul Wesley: Erstens ist er eine ikonische Figur. Diese Figur lebt in den Köpfen derart vieler Menschen. Du hast schon so viele Versionen von ihm gesehen. Ich dachte mir so, dass ich mir die Freiheit nehmen daarf, eine weitere neue Version von Kirk zu erschaffen; eben wegen der alternativen Zeitlinie. Sie fasst Fuß in der ersten Episode, in der er eingeführt wird: das Finale der ersten Staffel, “Eine Eigenschaft der Barmherzigkeit”. Wenn du dir die Originalserie ansiehst, ist Kirk in der Originalfolge (“Spock unter Verdacht”) ziemlich ernst. Darauf habe ich geachtet. Die Tatsache, dass all diese Menschen sterben, bevor er auftaucht, hab ich sehr ernst genommen; ein Mann auf Mission. Der Kirk der zweiten “Strange New Worlds”-Staffel ist dann schon eher ein Kirk, den wir ein bisschen mehr kennen: dieser rebellische Charme, aus dem Bauch heraus handelnd, der Kerl, der instinktiv ist. In Staffel 2 erweise ich diesem Kirk die Ehre. Aber gleichzeitig war es mir wichtig, ihn nicht zu imitieren. Ich glaube, das würde die Leute nur denken lassen: “Warte, das war doch eine Shatner-Imitation!” Das wollte ich nicht.
Wil Wheaton: Das wäre dann eher eine Nachahmung als eine Interpretation.
Paul Wesley: Genau. Ich weiß, dass diese Entscheidung manchmal verwirrend ist. Aber es ist mir wichtig. Im Laufe der Serie werden wir uns immer mehr an diese Version von Kirk gewöhnen. Und dann, wenn er erwachsen wird… denn wir dürfen nicht vergessen, dass dies die Zeit vor der Originalserie ist. Er wächst erst noch zu dem Mann heran, den wir alle aus der Originalserie kennen. Ich wollte deswegen Raum für Wachstum lassen. Wenn ich meinen Kirk mit einer Zehn anfange, gibt es keine Luft nach oben. Wenn ich bei einer Drei anfange und ihn zu einer Zehn aufbaue, zu dem Mann, den wir aus der Originalserie kennen, dann können wir genau diese Entwicklung erleben. Und das war mir wichtig.
Wil Wheaton: Der Kirk, der im allgemeinen Populär-Bewusstsein existiert, vermengt sich irgendwie mit William Shatner, Zapp Brannigan und Captain Picard. Dieses Bild ist, glaube ich, nicht so klar, wie es war, bevor die Popkultur begonnen hatte, “Star Trek” in Beschlag zu nehmen, einzuverleiben und zu lieben.
Paul Wesley: Und wie viele Jahre ist das jetzt her? 40 Jahre? 50 Jahre lang entstanden all diese Sinnbilder, diese Interpretationen. Es ist wie Stille Post.
Wil Wheaton: Wenn diese popkulturellen Vorstellungsbilder und insbesondere Shatners Kirk aus den Jahren 1967/1968 begutachte, erkenne ich einen ernsteren, aber verspielten, ja, …hm, jemanden, mit wunderbarem Sinn für schrägen Humor, einen super trockenen, patrick-stewart-eqsuen Humor, der bei dir wirklich durchkommt: Ich habe viel davon in deinen schauspielerischen Entscheidungen entdecken können.
Paul Wesley: Damit habe ich definitiv ein bisschen gespielt. Ein Teil von mir hat sich William Shatners Kadenz angeschaut und auch einfach die Art, wie er geht. Er hat einen ganz bestimmten Gang.
Wil Wheaton: Der “Proto-Riker.”
Paul Wesley: Ja. Ich habe auch nicht unbedingt um Erlaubnis gefragt, aber je mehr wir Kirk kennenlernen und je mehr Kirk-Folgen ich drehe, desto mehr Easter Eggs werde ich einbauen. Ich glaube, das wird richtig Spaß machen.
Wil Wheaton: Großartig! — Du hast die ganze Folge mit Christina Chong gearbeitet. Ich habe dir vorhin, bevor die Kameras loslegten, gesagt, wie neidisch ich bin, dass du das machen konntest. Erzähl mir von der Arbeit mit ihr.
Paul Wesley: Sie ist eine meiner liebsten Personen, mit denen ich je vor der Kamera gearbeitet habe.
Wil Wheaton: Wow.
Paul Wesley: Wir verstehen uns so gut, dass wir sogar die Produktion verzögern, weil wir zwischen den Szenen vor Lachen sterben. Wir verstehen uns so gut. Ich liebe ihre Herangehensweise, ihre Methodik. Ich respektiere sie. Wir haben eine tolle Chemie. Ich liebe unsere Beziehung vor und hinter der Kamera. Ich betrachte sie als guten Kumpel. Wir schreiben uns ständig Nachrichten. Sie ist eine wahre Freude und ein Profi. Sie ist sich all ihrer Entscheidungen bewusst, kennt ihren Text, weiß, was sie tun wird; aber sie ist auch verspielt und improvisationsfreudig. Sie ist alles, was man sich von einem Schauspieler nur wünschen kann, wirklich.
Wil Wheaton: Ihr beide habt in dieser Folge eine kleine aufkeimende Romanze in dieser alternativen Zeitlinie — mit einem tragischen Ende, ganz im Stil von “Star Trek”. Die beiden haben diese unglaublich starke Verbindung. Und diese Version von Kirk — stirbt.
Die Szene, in der sie sich unterhalten, welches Universum das richtige ist… sowas hat mich schon immer fasziniert. Wenn du auf deinen Klon triffst, wie entscheidet ihr, wer das Original ist? Das fand ich in Science-Fiction schon immer fesselnd. Ich liebe das. Die Version von Kirk, die eine Romanze zu erhoffen scheint, entscheidet einfach, sich zu opfern; sein Universum wird enden. In einer Schluss-Szene der Folge hat unser Kanon-Kirk ein Videochat mit Kanon-La’an… Ohne zu viel zu verraten: Glaubst du, dass Kanon-Kirk und Kanon-La’an eine Chance haben, die der alternative Kirk nicht hatte?
Paul Wesley: Ich bin da ein hoffnungsloser Romantiker. Deshalb bin ich der Meinung, dass sie im Hauptuniversum eine Chance haben. Aber diese Möglichkeiten stehen noch aus.
Wil Wheaton: Interessant! Ich hatte schon immer das Gefühl, dass Kirk ein hoffnungsloser Romantiker ist.
Paul Wesley: Das ist er auch.
Wil Wheaton: Das ist aber auch vielleicht eine der Sachen, die ihn zwar zu einem großartigen Captain machen, ihm aber auch ein bisschen im Weg stehen.
Paul Wesley: Nun, er ist ein hoffnungsloser Romantiker. Gut. Ja. Aber er wählt das Schiff. Er wählt immer die Mannschaft und die Mission, wenn es zu der Frage kommt. Wie wir in Folge 3 gesehen haben, ist sein Selbsterhaltungstrieb nicht unbedingt das Wichtigste. Das ist das Tragische an Kirk: Er hat all diese Romanzen und er ist jemand, der sich schnell verguckt, aber am Ende des Tages ist es ihm wichtiger, der Captain zu sein, das Schiff und die Sicherheit der Mannschaft zu verantworten und die Mission zu erfüllen.
Wil Wheaton: Dein Kirk in dieser Folge ist im Weltraum geboren, war noch nie auf der Erde, aber weiß seltsamerweise, wie man ein Auto fährt: Sofort! Woher weiß er, wie das geht?
Paul Wesley: Nicht sofort, nein! Er hat diesen Moment. Ich hoffe, sie haben den nicht rausgeschnitten. Er hat diesen Moment, in dem er das Auto startet und versucht vorwärts zu fahren, zweimal, und La’an quasi fragt: “Du weißt, was Du tust?” Und er so: “Ja! Ja! Ich hab’s drauf, ich hab’s schon mal gemacht.” Eindeutig hat er das nicht. Da er Kirk ist, findet er schon einen Weg. Er sagt: “Okay: Lenkrad, Pedal, nochmal.” Und sodann fährt er wie ein Verrückter und stößt mit weiß Gott wie vielen Gebäuden fast zusammen. Er findet’s raus. Das ist Kirk.
Wil Wheaton: In dieser Folge gibt Kirk sein Leben, um Khan zu retten.
Paul Wesley: Ja. Ich weiß. Das ist irgendwie ein seltsamer… Widerspruch, ja.
Wil Wheaton: Es fällt mir sehr schwer, das zu puzzlen…
Paul Wesley: Mir geht es genauso. Kirk ist sich nicht unbedingt der Tatsache bewusst, dass er dies tut. Er stirbt für die richtige Sache. A, um La’an zu schützen. B, weil er weiß, dass seine Zeitlinie nicht die Zeitlinie ist. Er weiß, dass es im Interesse der Menschheit ist, die andere Zeitlinie zu bevorzugen. Sein Bruder ist dort noch am Leben. Ihm gehen so viele Dinge durch den Kopf, und als er stirbt… Ehrlich gesagt, kennt er Khan nicht. Er kennt diese Historie nicht. Er hatte noch nie von Khan gehört.
Wil Wheaton: Wir haben ein wenig von Kirks Bruder Sam auf der Enterprise erlebt. Wir haben ein bisschen was über Kirks und Sams Beziehung erfahren. Ohne etwas zu spoilern: Werden wir das weiter erforschen?
Paul Wesley: Auf jeden Fall. Wir wissen nicht wirklich viel über Sam aus der Originalserie. Letztendlich ist er Kirks Bruder. Das ist eine ziemlich große Rolle. In der zweiten Staffel gehen wir mit Kirk und Sam fast schon ein so wenig um wie mit dem TOS-Spock und dem TOS-Kirk. Im Sinne von: Sam handelt logisch, er ist eher der Wissenschaftler, eher mathematisch veranlagt, folgt den Regeln. Und Kirk ist der Typ, der das Gegenteil tut. Was Sam wahnsinnig macht, ist, dass Kirk am Ende immer irgendwie die Oberhand behält. Jedes Mal findet Kirk einen Weg, vorne zu landen. Und Sam denkt sich: “Wie zur Hölle findet der Kerl immer diese Auswege?” Das macht ihn verrückt. Sie haben diese Geschwisterrivalität. Aber natürlich sind sie Brüder. Also lieben sie sich. Es ist ein schmaler Grat, mit der Rivalität der Geschwister zu spielen, den Unterschied zwischen den beiden zu zeigen, aber auch dafür zu sorgen, dass die Zuneigung zwischen ihnen nicht zu kurz kommt.
Wil Wheaton: Ich weiß, dass ich einer von vielen, vielen Menschen im Publikum bin, die sich wirklich darauf freuen, mit Kirk fremde neue Welten zu erkunden. Vielen Dank, dass Du heute hier warst.
Paul Wesley: Ich danke dir sehr! Gleichfalls! Danke, dass ich dabei sein durfte!
Schaut “Morgen und morgen und morgen” nochmal!
Mit uns!
Folgt diesem Link und lauscht der Kommentartonspur Eurer Wahl! Im Podcast “Auf den Schirm” quatscht Euch die TrekZone-Redaktion zu, während eine Episode läuft. Schlimm, ‘ne?