Für die dritte Staffel von “Star Trek: Picard”, die während der Pandemie in Produktion ging, war die Brücke einer “Enterprise D in Museumsqualität” gebaut worden, um die finalen zehn Folgen der Serie so “cineastisch wie möglich” zu gestalten. Variety.com interviewte Regisseur Jonathan Frakes und Produktionsdesigner Dave Blass zur ihren Abenteuern am Set.
Wie Berichte, Tweets und Behind-the-Scenes-Videos immer wieder bestätigen, ist die Produktion der ehrgeizigen Fernsehserie “Star Trek: Picard” eine Herausforderung gewesen. Die Bedingungen, unter denen die zweite und dritte Staffel produziert worden sind, waren außergewöhnlich. Der Drehs fanden direkt hintereinander statt, es gab keine Produktionspause zwischen Staffel 2 und 3. Dave Blass und Jonathan Frakes erinnern sich im Gespräch mit Variety.com.
Variety: Wie sind Sie an Ihre Zusammenarbeit herangegangen? Wie hat sie sich von “Fly Me to the Moon” (2×05: “Flieg mich zum Mond”) zu “Seventeen Seconds” (3×03: “17 Sekunden”) entwickelt?
Blass: Wir steckten mitten in der Pandemie. Die Arbeitsumstände waren verrückt. Aber da war ja unser Jonathan! Er ist genau so, wie man sich jemanden in dieser Situation wünscht. Er hob die Stimmung am Set und auch das Talent von allen. Er betrat den Raum und sagte: “Lasst uns kreativ sein. Lasst uns etwas Schönes machen! Lasst uns diese Idee entwickeln.” Und jeder wollte es ihm recht machen. Wir hatten einfach so viel Spaß, und es war eine wunderbare Erfahrung.
Rechts: Frakes am Set mit Maske und einem Schild von der Dekoabteilung: “Bitte kein Faulenzen, danke.”
Frakes: Die Pandemie, ja. Man konnte sich oft nicht von Angesicht zu Angesicht sehen, konnte nicht direkt miteinander sprechen. Wir trugen Masken, um mit den Schauspielern zu sprechen; wir trugen manchmal sogar noch ein Schutzschild vor der Maske. Das war verrückt. Es hat viel von der Freude an der Arbeit geraubt. Staffel 2 hätte viel größer werden können, als sie dann wurde. Sie sollte eine Anspielung auf [den Kinofilm von 1986] “Star Trek IV” werden, wo die Crew nach San Francisco geht und man die belebte Stadt mit Tausenden von Menschen um sich herum spüren kann. All das wurde uns genommen. Wir hatten plötzlich nur noch eine begrenzte Anzahl von Leuten. Aber Dave blieb unbeeindruckt; und wir machten weiter!
Blass: Es war abgefahren, die zwei Staffeln direkt hintereinander zu drehen. Zur gleichen Zeit, als wir das Finale von Staffel 2 produzierten, bauten wir schon an den brandneuen Sets für Staffel 3. Es war im Grunde das erste Mal seit Jahrzehnten, dass “Star Trek” wieder 20 Episoden am Stück lebte; also seit der Serie “Star Trek: Enterprise”, die im Jahr 2005 endete. Es war, als würde man bergab rennen. Man läuft so schnell man kann. Man arbeitet härter, aber man arbeitet auch intelligenter.
Variety: Jonathan, Sie haben schon mit vielen Talenten in Film und Fernsehen zusammengearbeitet. Was macht Ihre Erfahrung mit Dave so besonders?
Frakes: Als “Star Trek: Nemesis” von 2002 kein Geld einbrachte, war eine Grenze gezogen worden. Danach war “Star Trek” als Franchise für fünf oder sechs Jahre stillgelegt, bis J.J. Abrams das Ruder übernahm und zwischen 2009 und 2016 diese wunderbaren Filme drehte. Aber ein Teil des Marschbefehls zu dieser Zeit war, dass niemand, der am vorherigen Regime mitgewirkt hatte — weder vor noch hinter der Kamera — wieder eingeladen werden sollte, an diesen Filmen zu arbeiten. Dieses Mandat wurde von Dave aufgehoben. Er hatte den guten Geschmack, Veteranen aus Herman Zimmermans ursprünglichem Produktionsdesign-Team einzustellen, wie Mike Okuda und Doug Drexler. Ich hielt das nicht nur für klug, sondern auch für gutes Karma. Es war eine beeindruckende Gruppe von Künstlern.
Blass: Das sind die Leute, die im wahrsten Sinne des Wortes das Buch geschrieben haben, wie “Star Trek” zu gestalten ist. Mike Okuda ist legendär. Ich wollte mit ihm genauso arbeiten wie mit Jonathan und Patrick Stewart und all den anderen Leuten.
Apropos: Lest unser Interview mit Produktionsassistent Jörg Hillebrand! Wer möchte, darf es auch anhören. Im Podcast ZEHN VORNE sprachen wir mit ihm darüber, wie er unerwartet Research Assistant bei “Star Trek: Picard” wurde, wie “Star Trek” sein Leben prägte und mit welchen detailverliebten Menschen er sehr gerne zusammengearbeitet hat. Auch er schwärmte in hohen Tönen von den Urvätern des “Star Trek”-Designs Mike Oduka, Dave Blass, Doug Drexler und so weiter.
Variety: Damals, 1987, als “The Next Generation” zum ersten Mal ausgestrahlt wurde, dachte ich, dass das Produktionsdesign weit über das hinausgeht, was die ursprüngliche “Star Trek”-Serie im Jahr 1966 zu leisten vermochte. Und jetzt, im Jahr 2023, schaue ich mir “Picard” an und denke wieder, dass es das Produktionsdesign der “Next Generation”-Serie um Längen übertrifft.
Frakes: Die gesamte neue “Star Trek”-Bewegung nach den J.J.-Filmen wurde ermutigt, in jedem Aspekt des Filmemachens cineastischer zu sein. Diese Ansage kam von den ausführenden Produzenten Alex Kurtzman und Akiva Goldsman, den Leuten von Secret Hideout und auch von CBS Studios und Paramount Plus. Sie alle haben uns ermutigt, begeisternd zu drehen [“shoot to thrill”]. Wir sollten weiterhin noch die üblichen Nahaufnahmen machen, und wir sollten immer noch klassische Szenen drehen. Doch wenn man ein riesiges, großartiges Set hat, will man das auch sehen. Genauso ist es mit der Gardrobe: Wenn man ein großartiges Kostüm hat, will man das Kostüm auch zeigen. Und selbst wenn die Kulissen umfunktioniert wurden, sahen sie nicht so aus, als wären sie umfunktioniert worden, sondern wie brandneue Kulissen.
Blass: Ich habe gehört, dass die Leute Staffel 3 als eine Art “Bottle Season” bezeichnen [direkt übersetzt: “Flaschenstaffel”], da sie sehr in sich abgeschlossen ist. Und ich stimme zu, dass es eine “Bottle Season” ist. Aber man musste die Flasche trotzdem bauen! Wir hatten kein Lagerhaus voller Sachen, in das wir eintauchen konnten, wie sie es bei den früheren “Star Trek”-Serien gemacht haben, als sie Sets, Requisiten und Kostüme wiederverwendet haben.
Frakes: Du verbirgst die Schlagzeile im Fazit, Dave! Was ist mit dem Wiederaufbau der Brücke für die Enterprise-D?
Blass: Achja! Ja, das war schon was. Wenn man sich erst einmal darauf eingelassen hat, merkt man, dass “Star Trek” treue Fans hat, die jede noch so kleine Nuance zerpflücken können. Wenn man es also machen will, muss man es richtig machen. Wir mussten eine Nachbildung in Museumsqualität anfertigen, damit wir keinen Zweifel daran lassen, dass es genau richtig ist.
Frakes: Sie haben mit der Farbe, den Stoffen, den Abmessungen, dem Winkel des Bogens, dem Hufeisen, den Okudagrammen und so weiter einen guten Kampf geführt. Und ich erinnere mich, dass die meisten der Darsteller noch nicht auf der Brücke gewesen waren — unserer alten Brücke —, bis wir zu den Proben riefen. Ich war in der Nähe, weil ich bei anderen Episoden Regie geführt hatte, und so kam ich mit Marina Sirtis und LeVar Burton gemeinsam ans Set. Und beiden fiel die Kinnlade genauso herunter wie ihren Rollen. Zu sehen, wie die Kunst das Leben imitiert, mit diesen Freunden, die man seit 36 Jahren kennt, in Daves neuer Version des Raums, in dem wir diese 176 Episoden gedreht haben — das war wirklich etwas Besonderes. Es war sehr emotional.
Danke für diese grandiose Star Trek Staffel!
Gedreht unter schweren Bedingungen!