Wir werfen einen Blick auf die sechste Folge der aktuellen “Lower Decks”-Staffel, die zu einem Gutteil auf Retro-Gefühle setzt. Wie gut das funktioniert, lest ihr hier. Aber wie immer gilt: Achtung Spoiler!
Retro: Rückkehr nach DS9
Gleich zum Einstieg fliegt die Cerritos in der neuen Folge Deep Space 9 an. Und was soll ich sagen? Das hat bei mir durchaus gezogen. Die Titelmelodie beim Anflug, welche aus der Schwesterserie stammt. Der Überflug über die Station, schön nachgestellt wie damals mit der Defiant und anderen Schiffen. Hach, da kommt doch wohlige Wärme auf!
Und auch sonst geizt man nicht mit Referenzen. Da sind zum einen die Karemma, die wir ebenso aus “Deep Space Nine” kennen. Aber auch Quark und Kira haben einen Auftritt – in der englischen (Armin Shimerman & Nana Visitor) und der deutschen Fassung sogar mit den angestammten Synchronstimmen. Zumindest im Falle von Kira (Liane Rudolph), der ursprüngliche Synchronsprecher von Quark (Peter Groeger) ist ja leider 2018 schon verstorben. Und selbst Morn sitzt noch an seinem angestammten Platz in der Bar.
Und ja, auch wenn etwa die große Verschwörung um Rutherford hier nicht fortgeführt wird, hatte mich die Story mit diesen Verweisen durchaus schon gepackt. Ein paar kleinere Sachen verhindern dann jedoch, dass auch diese Folge in den Wertungsolymp von letzter Woche klettert.
Da ist zum einen die Situation von DS9 an sich. So schön es auch ist zu erfahren, dass Quark 21 Filialen in der Galaxis eröffnet hat (womit der Bogen zu “Picard” gespannt wird), so seltsam mutet es an, dass sich sonst nichts am Status Quo geändert hat. So trägt beispielsweise Kira immer noch ihre bajoranische Uniform. Und auch sonst scheint sich in den letzten Jahren nicht viel getan zu haben. In den Büchern wurde Bajor immerhin in die Föderation aufgenommen und das gesamte Stationspersonal trug seitdem Sternenflottenuniform.
Nun sind die Bücher von den neuen Serien bekanntlich überholt worden. Oder anders ausgedrückt: Das Buch-Universum wurde durch die bald auch endlich auf deutsch erscheinende “Coda”-Trilogie “ausgelöscht”. Trotzdem hatte ich den Eindruck, dass wir uns hier nur wenige Monate nach Kriegsende befinden. Da wäre diese Konstellation sicherlich passend gewesen. Aber so?
Denn auch die Situation mit den Karemma ist seltsam. Erst sechs Jahre (ok, um fair zu sein: fünfeinhalb) nach Kriegsende nimmt die Föderation wieder Handelsgespräche mit dem Gamma-Quadranten auf?
Sicherlich, es ist “Lower Decks” und die Serie hat eben einen humoristischen Ansatz. Aber den Zuschauern einfach nur “Deep Space Nine” wie damals in der Serie hinzuwerfen, das ist halt doch schon etwas schwach. So wären neue Infos zu den Hintergründen und dem aktuellen Stand von Dominion und Bajor doch wirklich eine schöne Sache gewesen…
Beziehungskram
Das Gleiche gilt übrigens auch für die Nebenhandlung um Mariner und Jen. Nach der ersten Staffel hatte sie ja eigentlich Ransom angeschmachtet. Und in der zweiten Folge der dritten war durchaus der Eindruck entstanden, sie tut das noch immer. Zwischenzeitlich hatte man sogar mal das Gefühl, es gäbe da diverse Boimler-Vibes. Jetzt ist sie aber offensichtlich mit Jen zusammen. Zumindest knutschen die beiden schon öffentlich rum. Also was bitte soll das anderes sein?
Versteht mich bitte nicht falsch, ich mag die Dynamik der beiden. Und vor allem auch, dass Jen Mariners krude Art mag. Das ist halt so verdammt “Lower Decks” und auch so verdammt passend, dass ich diese Konstellation durchaus feiere. Aber wir haben erst zwei oder drei Folgen vorher erfahren, dass Mariner offensichtlich auf Jen steht (in “Das Psycho-Gestein“). Und jetzt sind sie schon zusammen?
Aber selbst wenn ich davon ausgehe, dass es eben “Lower Decks” ist, und dass die Unterdeckler nicht immer alles erfahren… Eine derart wichtige Entwicklung der Hauptcharaktere will ich SEHEN und miterleben! Hier hat man leider den “Discovery”-Ansatz gewählt und prügelt uns die neue Konstellation mit dem Holzhammer ein. Das ist sehr schade und in meinen Augen verschenktes Potential, das die Folge doch etwas runterdrückt.
Die Karemma-Kugel
Und was ist eigentlich mit dieser Karemma-Kugel? Nicht nur, dass die damit einfach so auf die Station kommen können. Nein, auch die Cerritos wird da gleich mit lahmgelegt. Okay, EMP und so. Aber was sind denn das bitteschön für Sicherheitsvorkehrungen, wenn das so einfach geht? Da hätte Dukat sich im Krieg ja den großen Angriff sparen können und nur eine Person an Bord benötigt und der Sieg wäre sein gewesen.
Hier hat man halt das Drehbuch zugunsten der Story gebeugt, denn sonst hätte die Cerritos das fremde Schiff einfach stoppen können, sodass Tendi gar nicht erst zum Einsatz gekommen wäre.
Wie dem auch sei. Jedenfalls kommt mit den Karemma ein ebenfalls von damals bekanntes Völkchen nach immerhin 27 Jahren wieder auf den Bildschirm zurück. Ich dachte zunächst, es ist derselbe Karemma wie damals. Aber ein Nachschlagen belehrte mich eines Besseren. Das erklärt natürlich auch, warum Quark ihn nicht erkennt. Aber mit dem ‘Quark 2000’ ist eben noch was weiteres Arges im Busch. Wobei man sich das als Zuschauer halt schon denken kann, wenn da so ein Teil herausfällt. Dass die Mitarbeiter der Station da mal nicht genauer hinschauen? Aber gut…
Badass-Tendi
Aber nun genug der negativen Sachen, kommen wir stattdessen zum Positiven. Und da sticht eben die Kombo Jen-Mariner durchaus heraus. Der Mädelsabend ist im Kontext gut umgesetzt und macht von vorne bis hinten Spaß – vor allem, wenn Mariner am Ende “die Sau” rauslassen darf. Einfach herrlich!
Kleiner Fun Fact am Rande: Laut Memory Alpha hatte sich Tawny Newsome, ihres Zeichens großer “Deep Space Nine”-Fan, beschwert, dass ihr Charakter Mariner nur auf einer Nebenmission ist und nicht an Bord gehen darf. Deswegen wurde dann am Ende noch die Szene mit Quark eingefügt, die wieder eine nette Referenz an früher bietet.
Doch nicht nur Mariner darf die Sau rauslassen, auch Tendi glänzt in der Folge wieder. Die trifft hier nämlich auf einen Mit-Orioner namens Mesk. Der befragt Tendi dann auch zu typischen Orioner-Klischees: Piraten und Pheromone. Was Tendi aber sichtlich unangenehm ist. Später erfahren wir auch, warum dem so ist. Ihre Familie gehört nämlich in der Tat zu den orionischen Piraten. Und als sich Mesk dann später als adoptiert outet, schlägt dafür Tendis große Stunde: Sie darf ihre innere Orionerin rausholen und das Karemma-Schiff im Alleingang stilllegen.
Und ich gebe zu, ich habe mich köstlich amüsiert. Ebenso wie der Mädelsabend bei Mariner ist auch diese Szene einfach gut umgesetzt und bringt uns den Charakter näher. Mal sehen, wo das in Zukunft noch hinführen wird!
Ach ja, und Boimler erweist sich nebenher als Dabo-Nerd. Und das, obwohl es in der Föderation doch kein Geld gibt. Aber das verbuchen wir mal “unter ferner liefen”.
Kann es sein, dass Thomas bei den Zeiten etwas durcheinander bringt? DS9-Handlung endete 2375, Lower Decks setzt um 2380 ein. Das heisst, es kann durchaus sein, dass Kira hier noch ihre alte Uniform trägt, da Picard ja um die Jahrhundertwende 2399/2400, also rund 20 Jahre später, spielt.
Hallo Piero nun die Handlungszeit wird ja durch die Sternzeiten vorgegeben, und da endete DS9 in der Tat 2375 und die aktuelle Lower Decks Folge spielt 2381 (genauer: im Juni). Mir ging es eher darum, das sich das Ganze eben anfühlt, als würde es kurz nach dem Ende von Deep Space Nine spielen, da scheinbar überhaupt nichts passiert ist entwicklungstechnisch. Wenn ich mir da die Relaunch-Bücher anschaue (Bajors UFP Beitritt 2376, Kira wird Vedek, Siskos Rückkehr bis 2380, Ro Laren wird Captain) hat sich da halt einiges “mehr” getan. Auch wenn die Non-Kanon sind hätte ich mir da halt auch… Weiterlesen »
Naja, die Bücher interessieren mich nicht, weil Non-Canon. Aber wegen deinem Text stört mich das jetzt auch, vorher beim schauen dachte ich einfach: Geil, DS9 😀