Wir sehen uns den neuen Brettspiel-Roman aus dem Hause Cross Cult an.
Inhalt (Klappentext)
Die einst ruhmreiche Baronie von Kell ist nur noch ein Schatten ihrer selbst, wird von Banditen und Hungersnöten heimgesucht. Der edle Baron Frederic muss zugleich sein Volk retten und die Grenzen verteidigen. Aber es soll noch schlimmer kommen … denn eine neue Finsternis steigt auf. Die sadistische Krieger-Priesterin Ne’Krul sieht ihre Chance, blutige Rache für ihre dämonischen Herren zu üben, und führt ihre Uthuk-Kriegerbande in eine brutale Invasion. Kells einzige Hoffnung: der heilige Krieger Andira Runehand und der legendäre Held Trenloe der Starke. In Kell angekommen, stehen sie einer Allianz des Bösen gegenüber, wie Terrinoth sie noch nie gesehen hat. Doch sie dürfen nicht scheitern …
Kritik
“Der Schild des Daqan” ist der zweite Band aus der Brettspiel-Welt von “Descent”, allerdings kommt er nicht an den doch sehr guten ersten Band heran. Dabei sind die klassischen Zutaten hier alle vorhanden: Eine Heldentruppe, eine typische Quest und eine Schlacht.
Die Aufgabe für die Helden scheint zunächst recht simpel. Denn in der Region Kell gibt es eine Banditin, welche die Wälder heimsucht und die gestoppt werden muss – die Graufüchsin. Was liegt also näher, als vorbeiziehende Helden anzuheuern, um diese Bedrohung zu beseitigen, wenn man es mit der eigenen Armee nicht schafft? Dieses Schicksal trifft dann auch die Protagonisten der Story, wobei es sich hier um zwei unterschiedliche Gruppen handelt, die alle aus diversen Gründen ihren eigenen Weg auf dieser Quest gehen und eigentlich nur wenige Berührungspunkte haben.
Doch es kommt, wie es kommen muss: Hinter allem lauert eine größere Bedrohung. Ein Dämon samt Armee mischt da auch noch mit und greift an. Natürlich muss man sich dann vereinen, um dem Bösewicht im wahrsten Sinne des Wortes den Zahn zu ziehen. So weit, so die Ausgangslage. Immerhin bemüht sich der Autor, auch den Bösewichtern ein klein wenig Tiefe zu verleihen und stellt sie kurz vor – was aber meist nicht nachhaltig ist. Zum einen hat man sie auf den nächsten Seiten schon wieder vergessen, zum anderen überleben die meisten Bösewichter nicht lange genug, um im Gedächtnis zu bleiben.
Spoiler
An dieser Stelle muss ich den weiteren Handlungsverlauf leider etwas spoilern. Denn das gleiche gilt auch für die Helden. Nach etwa der Hälfte des Buches gehen die nämlich über den Jordan (bis auf zwei) und der Endkampf wird von einer anderen Truppe bestritten, die kurz darauf eingeführt wird. Und das ist ein Kniff, den vermutlich die Wenigsten haben kommen sehen. Und der das Buch durchaus etwas hervorhebt. Auch wenn das vielleicht nach “Game of Thrones”-Anleihen klingt, ist das durchaus eine spannende Abwechslung…
…wenn man etwas daraus gemacht hätte. So überraschend diese überraschende (Wortspiel!) Wendung auch kommt…
Die meisten Charaktere, seien es nun die ursprünglichen Helden oder auch die neue Riege um den Baron, bekommen leider nur wenig Profil verliehen. Klar, als sie eingeführt werden, ist das halbe Buch schon vorbei. Aber auch vorher erging es den anderen nicht besser. Die durften sich zwar kurz mit ihren Fähigkeiten vorstellen und ein wenig aus ihrem Leben schwadronieren, aber das war es dann auch schon. Der Rest verliert sich leider in etwas belanglosen Kämpfen, die bis zum Ende gleich klingen und daher auch etwas langweilig geraten sind.
Ein gutes Beispiel ist hier Bauer Kurt, der in die Kämpfe hineingezogen wird, auch weil einer seiner Söhne in den Krieg zieht. Er stolpert auf den Pfaden der Helden hinter diesen her und landet am Ende zufällig in der gleichen Endschlacht wie alle anderen. Das Ganze bleibt aber farblos und uninspiriert. Auch aus der erwähnten Banditenkönigin, der Graufüchsin, hätte man mehr machen können. Nachdem man die überwältigt hat, gibt es ein paar Gespräche und sie scheint aufzutauen. Am Ende wird sie aber sang- und klanglos in die Versenkung geschrieben und taucht nicht mehr auf – Schade, denn so ist der Charakter im Grunde überflüssig. Das ist zu Beginn etwas besser, denn hier versucht man in der ersten Heldengruppe durchaus eine Art von Beziehung aufzubauen. Aber auch das ist dann eben zu schnell vorbei.
Am meisten Tiefe gewinnt hier noch Andira Runenhand, die man wohl als “Hauptheldin” bezeichnen kann. Die hat ihr Gedächtnis verloren und wer sie früher war, das bleibt leider den ganzen Roman über im Dunkeln. Vielleicht gibt das Spiel hier ja Aufschluss, aber das konnte ich jetzt nicht nachprüfen. Allerdings ist die Gute etwas getrieben und das hätte man durchaus etwas näher erforschen können. Denn auch ihr Handlungsstrang verliert sich am Ende in einer Schlacht. Da hilft auch das (nicht völlig unerwartete) Auftauchen des zweiten Helden am Ende nichts mehr.
Womit wir auch schon bei der Endschlacht wären, die leider auch recht schnell vorbei ist. Wobei man hier das Gehabe von vorher wiederholt: Der Bösewicht mäht sich durch die Reihen der Verteidiger, aber der Held streckt ihn mit einem Schwertstreich nieder. Okay, es ist nicht ganz so einfach, fasst aber gut zusammen, was bei den großen Schlachten in diesem Roman so schiefläuft.