Wir sehen uns das Finale der vierten “Discovery”-Staffel an und klären im Rückblick, wie sie sich so geschlagen haben. Aber Achtung, Spoiler!
Action zum Showdown
Zum Auftakt der Folge wird nochmal Druck gemacht, denn es gilt, die Erde und Ni’Var zu evakuieren. Hier ist sogar Tilly wieder mit von der Partie. Seltsamerweise musste ich feststellen, dass ich sie eigentlich gar nicht vermisst habe. Und das, obwohl ich eigentlich ein Fan der Figur bin.
Ihr Auftritt ist dann auch eher Fanservice, denn wenn wir ehrlich sind, dann trägt sie nicht viel zur Handlung bei. Klar, sie bekommt ein paar schöne Charaktermomente spendiert, auch mit Admiral Vance in den Schlussminuten. Aber im Grunde hätte jeder ihre Aufgaben übernehmen können. Dennoch, immerhin überzeugt das Zwiegespräch am Ende auch auf Charakterebene.
Auch das Föderationshauptquartier fliegt mitten ins Geschehen und ich muss zugeben: Optisch sieht es schon gut aus, wie es sich zerlegen kann. Auch wenn man sich fragen kann, warum man dieses Schiff/Station so einsetzt. Immerhin sind eine Menge Begleitschiffe mit von der Partie. Lediglich das simple Rückwärtslaufenlassen der Asteroiden am Ende stört hier den Gesamteindruck.
Auch sonst kann sich die Folge im visuellen Bereich nichts vorwerfen lassen. Auch die Szenen bei den 10-C sind gut umgesetzt und vor allem die Fremdartigkeit der Spezies kommt gut zur Geltung. Und dann sind da natürlich noch die Szenen mit Books Schiff, auch wenn die eiförmigen Shuttles für mich immer noch nicht ins Bild passen wollen.
Optisch schöpft man also nochmal aus dem Vollen. Leider gilt das nicht unbedingt für den Rest der Folge.
Fremde Spezies
Der vorher erwähnte ‘Sense of Wonder’ ist auch in dieser Folge wieder vorhanden, wenn die Crew mit den 10-C redet. Die sind immer noch schön fremdartig umgesetzt und auch die Kommunikation ist mal was anderes und atmet den “Star Trek”-Flair. Und T’Rinas Versuch einer Kommunikation zu Beginn ist natürlich klar eine Hommage an TOS.
Der Haken an der Sache ist aber, dass die Kommunikation mit den 10-C stattfindet, als alles schon vorbei ist. Zu jenem Zeitpunkt hat eigentlich keiner mehr Zweifel daran, dass die DMA zurückgezogen wird. Und das Austauschen der Kultureigenarten und die Rede von Burnham und Book sind da nur Makulatur.
In der Folge vorher war das alles noch interessanter, weil man eben nicht wusste, wie es ausgeht. Das ist hier eben anders und nimmt dem Fremden einiges von ihrem Reiz.
Auch die Szenen auf Books Schiff haben den ein oder anderen Drehbuchzufall zu bieten. Etwa, dass man just das Halsband findet, auch wenn die Fluchtszene dann ganz witzig ist und Tarkas Kraftfeld dieses dann doch nicht kontern kann.
Positiv anzurechnen ist an der Stelle, dass man sich bemüht, Tarka dann doch nicht als den Bösen schlechthin darzustellen. Es entspinnt sich sogar eine durchaus Trek-typische Diskussion darüber, ob Personen in einem Paralleluniversum die Gleichen sind wie in der realen Welt. Und auch der Umstand, dass Tarka dann doch noch auf Book hört, vermag zu gefallen. Auch wenn man sich fragen darf, warum der ihn plötzlich beamen kann, war doch vorher gesagt worden: „Ohne deren Zustimmung kann man sie nicht rausbeamen.“ Nun ja…
Dass Tarka am Ende dann auch noch den Löffel abgeben muss, war leider auch viel zu offensichtlich. Oder denkt irgendjemand ernsthaft, sein Versuch hat geklappt? Er hat ja in keiner Weise seine Energiequelle erlangt. Und wieso dauert das Anzapfen diesmal so lang, wo es beim DMA-Controller noch durch einfaches Reinbeamen möglich war, diesen abzustellen? (Ok, weil das Drehbuch verlangt, dass die Discovery zur Rettung kommt. Aber ihr versteht, was ich meine).
Etwas seltsam mutet auch an, dass die 10-C das Hyperfeld dann einfach deaktivieren. Hatte die letzte Folge noch nahegelegt, sie würden es brauchen, um zu überleben (immerhin sagt Book noch, dass er die Rasse nicht töten will, wenn das passiert). So ist hier davon nichts mehr zu spüren. Stattdessen nutzen sie es offenbar, um sich vor Feinden zu verstecken. Ich meine, die leben in der galaktischen Leere: Wer soll da groß kommen? Zudem ist ein Hyperfeld von der Größe einer Dyson-Sphäre wohl auffälliger als ein einfaches Sonnensystem, oder? “Discovery”-Logik…wieder einmal.
Schön ist immerhin, dass Saru und T’Rina am Ende noch eine Szene spendiert bekommen und ihre Beziehung vertiefen. Das hat sich durch die Staffel schön aufgebaut und ist daher passend. Die Brückencrew am Ende in trauter Einigkeit zu zeigen, mag bei Tilly und Co. noch funktionieren. Es ist aber spätestens dann, wenn sie in Urlaub gehen ob der Holzhammermethoden etwas fragwürdig. Mehr darüber im Staffelrückblick-Abschnitt.
Etwas überflüssig scheint am Ende auch der Auftritt der Erdpräsidentin, die nur eine “Gut-gemacht”-Rede auf Lager hat. Und natürlich die Info überbringt, dass sich die Erde nun wieder der Föderation anschließen wird. Was auch sonst?! Da werden Erinnerungen an “Andromeda” und das wundersam neugestaltete Commonwealth (über Nacht!) wach. Offenbar diente die Szene nur dazu, dem Auftritt einer US-Senatorin (welche die Präsidentin spielt) etwas Raum zu geben. Zwar gab es früher schon politische Gaststars – meist in Statistenrollen, hier wirkte der Auftritt schon etwas überflüssig und gekünstelt.
Die Konsequenzlosigkeit von “Discovery”
Und damit sind wir auch schon bei den Negativaspekten dieser Folge. Mag man über die oben genannten Logikbrüche noch wohlwollend hinwegsehen, wie dies in der Staffel schon des Öfteren der Fall war. Bei den folgenden Punkten gestaltet sich das aber leider schwierig.
Denn “Discovery” erweist sich hier wieder mal als total weichgespülte “Star Trek”-Version, die zugunsten von emotional-gepushten Szenen (Captain “Cryham”) jedwede Ernsthaftigkeit in den Wind schießt. Fast gar nichts zieht in dieser Folge Konsequenzen nach sich. Im Gegenteil, jeder bekommt sein Happy End spendiert.
Beginnen wir mit Ndoye, welche schnell ihre Sabotage eingesteht. Schnell wird ein Weg gesucht, wie man selbst aus dem Orb entkommen kann. Immerhin wird – nach immerhin 10 Minuten, in denen man sich fragt, warum die Discovery nicht einfach Books Stunt wiederholt – erklärt, warum eben dies nicht funktioniert: Die Discovery wäre zu groß! Da muss dann gleich der Sporenantrieb durchbrennen, um auszubrechen. Wer nun die Hoffnung hatte, der bei den Fans nicht unumstrittene Antrieb wäre passé, der sei daran erinnert, dass es inzwischen auch andere Prototypen gibt. Aber halt, der wird ja genau genommen auch mit Books Schiff zerstört. Doch dazu kommen wir gleich.
Immerhin sind die Szenen mit Stamets und seiner Familie noch ein kleiner Lichtblick und ganz gut eingeflochten, wenn auch sicher kein Highlight.
Doch wir wollten ja den Bogen zu Ndoye schlagen. Die bietet sich nämlich später als Hilfe an. Und natürlich braucht man eine Taktikerin, um Book auszuschalten, und muss sie deshalb auf die Brücke holen. Das Ganze hat natürlich einen Grund, denn man braucht einen Piloten, der das Schiff rammt. Und dieser wird vermutlich nicht überleben. Heldenhaft will sich Detmer opfern. Und ja, ich mag den Charakter, auch wenn er eher stiefmütterlich behandelt wird. Dass sie sich tatsächlich opfert, wäre aber ein durchaus guter Zug gewesen, der die Folge merklich aufgewertet hätte.
Schnell springt aber Ndoye in die Bresche. Sie macht’s, weil sie in der Pflicht steht, für die Erde und so. Na gut, Detmer ist dem Tod also nochmal von der Schippe gesprungen und zwar zugunsten eines Nebencharakters, der dann eben drauf gehen wird. Warum braucht man nochmal einen Piloten? Man könnte doch auch so eine Holoreißleine wie in Folge 2 nehmen und Ndoye wäre in Sicherheit? Na gut, dass es das gibt, hat man schon wieder vergessen. Auch hier zeigt sich mal wieder die bekannte “Discovery”-Logik. Und Books zwei Folgen vorher als unzerstörbar betiteltes Schiff gibt dafür aber auch recht schnell den Löffel ab.
Ndoye rammt also das Schiff und wird schwer verletzt gerettet. Warum bitte schwer verletzt? Zu Zeiten, in denen der Beamvorgang nur eine Sekunde dauert, hätte man Ndoye auch 2 Sekunden vorher rausbeamen können. Da hätte auch niemand mehr den Kurs des Shuttles ändern können und sie wäre nicht verletzt worden! Und damit nicht genug, überlebt die gute Frau natürlich. Warum nochmal sollte das eine Selbstmordmission sein? Die vorher aufgebaute Exposition, dass man es nicht überleben wird, verpufft hier wirkungslos. Zumindest Ndoye hätte man als Nebencharakter bedenkenlos opfern können. Nicht deshalb, weil man es unbedingt braucht oder ich so blutrünstig bin, sondern weil es eben mal konsequent gewesen wäre!
Aber dann sind da ja noch die Asteroiden, die auf die Erde zurasen. Einer schlägt sogar ein! Wird man im Zweifel vielleicht mal was wagen und die Erde zerstören? Nein, wird man natürlich auch hier nicht, denn die Erde wird sich davon recht schnell erholen. Nicht nur das, die Asteroiden fliegen dann auch noch rückwärts und von der Erde weg. Und wie bitte soll das funktionieren? Auch wenn die 10-C die DMA einfach abgeschaltet hätten, dann wären die Asteroiden immer noch da gewesen – und die Erde wäre vernichtet worden. Haben sie eine Art Rückwärtsmodus eingeschaltet, weil sie gemerkt haben, was sie da tun? Dann wäre es schön gewesen, wenn das auch gesagt worden wäre, anstatt es bei einem einfachen “Die DMA zieht ab!” zu belassen.
Wie darf man sich dieses “Abziehen” vorstellen? Das Ding wird kleiner? Immerhin war es vorher einfach auf Knopfdruck da, wieso geht das jetzt so anders? Auch hier hat man die Konsequenzen nicht bedacht und pfeift mal wieder auf innere Logik. Klar auch, dass die 10-C die Discovery über das DMA-Wurmloch zurücksenden – “Ein letztes Mal.” Glückwunsch, man hat hier soeben eine Spezies dem Aussterben preisgegeben.
Ohne die Möglichkeit, ihr Boronit zu fördern, das es in der Leere ja nicht gibt, vegetieren die 10-C vermutlich einfach vor sich hin. Na schön, sie können vermutlich auch ohne ihr Hyperfeld existieren, wie hier gezeigt, aber dann jedweden Kontakt zu den anderen Völkern abbrechen? Aber vielleicht bin ich auch etwas zu voreilig und man hört künftig noch was von ihnen – hüstel…
Womit wir beim letzten Punkt sind: Book. Viele Fans hatten nach dem Trailer ja schon vermutet, das er sterben wird. Und so kommt es dann auch. Ein Beamversuch scheitert, Book is weg. Wir bekommen zwar jetzt ‘Cryham’ (das gestattet man ihr an der Stelle sicher), aber immerhin nur kurz. Nach Beilegung der Krise stehen alle an Books Grab und halten Reden wie bei Spock. Mit dieser emotionalen Szene verabschieden wir uns in die nächste Staffel…
Nun, ihr ahnt es sicher schon: Diese Szene gibt es gar nicht! Denn die 10-C haben Book gerettet weil… der Beamvorgang etwas seltsam vorkam und daher lässt man sich mit der Enthüllung auch noch etwas mehr Zeit. Auch hier wieder: keine Konsequenzen, alles wird weichgespült gelassen, auch wenn die Logik drunter leidet. Wie es besser geht zeigt übrigens das zeitgleich gestartete “Assmiliation” von Picard. Selbst wenn man auch hier weiß, dass Elnor wiederkehren wird, hat man sich dort was getraut. Aber dazu mehr an anderer Stelle.
Am Ende wird Book zwar zu Sozialstunden verdonnert, es ist aber letztlich wie bei Jurati: Unzurechnungsfähigkeit aufgrund größerem Trauma wird hier wohl zum Freispruch führen…
Kurzes Staffel-Recap
Im Rückblick auf die Staffel muss man sagen, das sich Discovery in der vierten Staffel mehr bemüht hat, die Fehler der Vergangenheit wieder gut zu machen. Dies ist vor allem zu Beginn gelungen, wo doch einige starke Folgen zu finden waren.
Zwar sind noch nicht alle typischen “Discovery”-Fehler ausgemerzt gewesen, aber man hat sich sichtlich bemüht, es besser zu machen. Und es sah auch eine ganze Weile so aus, als hätte “Discovery” sein Pacing endlich gefunden.
Klar, es gab auch hier völlig misslungene Versuche, die Brückencrew mit mehr Tiefe auszustatten. Dazu haben die immer in der größten Krise einen Kalauer aus ihrer Vergangenheit losgelassen. Andere Handlungsbögen, wie etwa der um Gray, waren völlig überflüssig, da die Figur nach zwei Folgen aus der Serie entfernt wurde.
Und natürlich steht immer noch Michael im Vordergrund, auch wenn diesmal Figuren wie Saru endlich weiterentwickelt wurden. Und dann kam natürlich wieder das Serienfinale, das zwar einen gewissen ‘Sense-of-Wonder’ ausstrahlte, aber leider wieder so verhunzt war wie die Staffeln zuvor.
Wenn auch, das muss man zugestehen, nicht so stark wie diese. Insgesamt ist “Discovery” in dieser Staffel besser geworden. Und zumindest das macht Hoffnung, dass uns mit den Staffeln 5 und 6, die es ja noch geben wird, noch besser wird und man die noch vorhandenen Schwächen weiter konsequent beseitigt.
Die zwei finalen Folgen haben sich storymässig schamlos bei “The Arrival” bedient. Natürlich haben die Autoren [Anm. d. Red.: Ausdrucksweise angepasst] alles auf die emotionale Ebene gehievt und mit einer kitschigen Zuckerschicht übergossen. Trek als Gruppentherapie und Group Hug. Etwas Handlung, dann werden Gefühle besprochen, dann wieder etwas Handlung, dann wiederum Besprechung von Gefühlen. Die Lösung des Problems waren wiederum Gefühle und Empathie. Ich sehe ein Muster! 😀 Michelle Paradise ist einfach kein Trekkie. Man gucke mal, womit sie sich bisher beschäftigt hat in ihrer Karriere. Wikipedia hilft. Sie ist eine Aktivistin, die sich Star Trek bedient, um ihre Agenda… Weiterlesen »