Nicht nur nur unsere Website und “Discovery”, sondern auch “Picard” startete am Wochenende durch. Grund genug, uns auch die erste Folge der zweiten Staffel anzuschauen. Aber Achtung, Spoiler!
Dabei beginnt die Folge noch relativ ruhig und wird erst im weiteren Verlauf tempo- und Action-lastiger. Aber halt, was erzähle ich denn da? Bereits vor der Titelsequenz sehen wir eine Art Angriff auf ein Schiff. Die Tentakel lassen dabei auf die Roboterwesen aus dem Staffelfinale von Season 1 schließen, was schon Schlimme Befürchtungen weckt. Dann wird die Selbstzerstörung ausgelöst und die Titelsequenz beginnt.
Die neue Titelsequenz vermag mich, trotz der gleichen Musik, übrigens mehr zu packen als noch die von Staffel 1. Und das dort präsentierte Borg-Schiff hat gute Chancen, in meiner Favoritenliste zu landen.
Der alte Mann und das Weingut
Wir machen einen Sprung 48 Stunden zurück in die Vergangenheit. Picard ist auf seinem Weingut, wo man auch gleich die neuen Erntemethoden zu Gesicht bekommt. Das ist zwar durchaus gelungen, aber eigentlich braucht man dann ja keine Arbeiter mehr? Und habe ich schonmal erwähnt, dass ich Szenarios nicht mag, in denen man etwas angeteast bekommt, nur um dann mit „X Stunden vorher“ in die Zeit davor zurückzuspringen? Vor allem stört mich an solchen Szenarien immer, dass man die gleichen Szenen eins zu eins später nochmal vorgesetzt bekommt. Man sieht dieselbe Szene also immer zweimal in voller Länge, obwohl man die Folgenzeit besser mit anderen Sachen hätte füllen können.
Aber zunächst einmal darf man aufatmen, denn der ganze Unsinn von Staffel 1 wird nur kurz erwähnt und dann nie wieder. Klar, ein paar Sachen musste man auflösen (wie Juratis Freispruch wegen Wahnvorstellungen. Ehrlich jetzt?!), aber damit hält man sich zum Glück nur in Nebensätzen auf und besinnt sich sonst auf die Stärken.
Vor allem beginnt man bei Picard und Laris, bei denen man schon in der ersten Staffel das Gefühl hatte, da könnte sich was entwickeln. Zhaban ist anscheinend in der Zwischenzeit gestorben, doch Picard hat noch immer Bindungsängste. Das passt durchaus zur Figur, wie sie seit Anfang an angelegt war. Auch wenn man sich langsam fragen darf, worauf er mit seinen 96 Jahren (In-Universe Alter!) noch wartet? Dies sagt ihm später auch Laris – und vor allem auch Guinan.
Zunächst wird aber erstmal etabliert, wo sich die Crew aus Season 1 inzwischen befindet. Seven hat die La Sirena von Rios übernommen. Dieser wiederum ist in den Dienst der Sternenflotte zurückgekehrt und hat nun sogar ein eigenes Kommando. Soji macht einen auf Diplomatin und Jurati, die sie begleitet, ist ganz die Wissenschaftlerin geblieben. All diese Auftaktszenen werden eigentlich gut präsentiert und spielen die Stärken der Figuren aus. So ist etwa Jurati etwa – trotz aller Trunkenheit – immer noch eine fähige Wissenschaftlerin.
Und auch Rios macht als Captain eine gute Figur. Wobei man sich natürlich die Frage stellt, ob es im 24. bzw. nun 25. Jahrhundert keine Rauchverbote mehr gibt. Oder sind das ungefährliche Zigarren? Fühlen sich die Leute auf der Brücke nicht gestört? Arbeitsklagen und so?
Seven sorgt dabei mit dem vereinigten Rios-Hologramm für den ein oder anderen passenden Lacher. Und auch Picard und Raffi arbeiten wieder für die Sternenflotte.
Referenzen und Fanservice
Dies schlägt sich auch gleich als Fanservice nieder. Picard darf an der Akademie eine Rede halten und dabei Elnor als ersten romulanischen Kadetten der Sternenflotte vorstellen. Im Gespräch mit Raffi ergibt sich zudem, dass es auch bei Seven und ihr kriselt. Und dann gibt es ja noch die ganzen Raumschifftafeln, die jede Menge Sternenflottendesigns zeigen bzw. kanonisieren.
Die neue Stargazer ist dabei durchaus nett gemacht (und gibt der Folge ihren Titel). Ich frage mich allerdings durchaus, warum man hier nicht einfach ein A dahinter gesetzt hat. Das kann nicht wirklich der Umbau eines 100 Jahre alten Schiffes sein, wie an manchen Stellen suggeriert wird.
Doch kommen wir zurück zu unserem lieben Hauptcharakter. Der darf nämlich in einer weiteren Fanservice-Szene Guinan in einer “Ten Forward”-Bar besuchen. Und ja, auch Whoopi Goldberg ist alt geworden. Aber hat man hier wirklich unbedingt eine Erklärung dafür gebraucht, warum dies der Fall ist? Sie war ja bereits zu TNG-Zeiten mindestens 400 Jahre alt, immerhin hat sie Picard ja schonmal in der Vergangenheit getroffen. Memory Alpha listet ihre vermutete Geburt im 19. Jahrhundert, also 18xx. Sie kann also durchaus rund 600 Jahre auf dem Buckel haben. Der älteste El-Aurianer, den man bislang getroffen hat, war um die 800 oder 900 Jahre alt, meine ich mich zu erinnern. Also warum hat man nicht einfach das Alter auch Alter sein lassen und zimmert hier eine derartige Erklärung aus dem Boden?
Doch genug vom Alter. Guinan schafft es mit ihrer Intuition erneut, Picard den Kopf zu waschen und ihm zu entlocken, dass mehr hinter seiner Bindungsangst steckt als er selbst vermutet. Hinweise gaben hier Flashbacks zu einem jungen Picard und seinen Eltern. Ich will es an der Stelle nicht verschreien, aber es sieht ganz so aus, als hätte der Vater die Mutter ermordet. Und ehrlich gesagt weiß ich nicht genau, was ich davon halten soll, dass Picard nun auch aus einer dysfunktionalen Familie kommt. Hat es das unbedingt gebraucht? Die weiteren Folgen werden hier vermutlich weiter Aufschluss geben.
Die anderen Charaktere bleiben hinter den Picard-Szenen zwar etwas zurück, gefallen aber trotzdem während ihrer Auftritte.
Die Borg-Anomalie
Der heimliche “Star” von “Die Stargazer” ist allerdings nicht Picard. Denn die eigentliche Story dieser Folge dreht sich um eine Raum-Zeit-Anomalie, die plötzlich aufgetaucht ist. Und aus dieser kommt ein Ruf nach Picard. Das wiederum veranlasst die Sternenflotte, Admiral Picard dorthin zu schicken.
Hier präsentiert sich dann ein klassisches Dilemma, denn heraus kommt offenbar ein Borg-Schiff. Und das sendet überraschenderweise die Bitte, in die Föderation aufgenommen zu werden. Und hier kommt eine Diskussion zum Tragen, ob die Borg es ernst meinen oder alles nur eine Falle ist. Dabei bringen beide Seiten durchaus gute Argumente vor. Was wäre denn, wenn die Bitte wirklich ernst gemeint ist?
Picard wäre nicht Picard, wenn er es an dieser Stelle – trotz aller Einwände – nicht wenigstens mal versuchen würde. Ehrlich gesagt, wäre ich aber ob eines Borg-Schiffes in einer Raum-Zeit-Anomalie auch mehr als skeptisch. Deswegen ist ja auch eine ganze Flotte von Schiffen hier. Und wie mein Kollege schon richtig angemerkt hat, hat man die “Star Trek Online”-Schiffe damit offiziell kanonisch gemacht (ein Schelm, wer an dieser Stelle daran denkt, dass dies gemacht wurde, um Sachen wie das Spiel selbst oder die eher stockenden Eaglemoss-Modell von “Star Trek Online” im Verkauf anzukurbeln).
Und tatsächlich scheint die Vorsicht gerechtfertigt, denn die Borg-Königin beamt an Bord, obwohl man ihr gesagt hat, sie solle es lassen. Und hier werden dann auch die Tentakel vom Beginn aufgelöst. Das weckt auf der einen Seite natürlich kein Vertrauen, auf der anderen schießt die Königin nur mit Betäubungsschüssen, auch wenn diese recht schmerzhaft aussehen. Ungewöhnlich für die Borg. Und dass man das Gesicht der Königin nicht sieht, ist ebenfalls verdächtig. Immerhin war ja schon länger bekannt, das Annie Wersching die Rolle innehat. Also warum sie hier nicht auch zeigen?
Ich vermute hier ja eher ein bekanntes Gesicht unter der Maske. Vielleicht sogar Seven selbst….
Nach dem großen Knall findet sich Picard aber zunächst in einer Art Parallelwelt (oder neuer Zeitlinie?) wieder, in der es noch immer Androiden auf seinem Gut gibt, aber eben Laris weg ist. De folgende Szene hätte sicher mit Qs Stammsprecher auch in der deutschen Version sehr gut funktioniert. Dieser ist aber leider inzwischen verstorben, daher klingt die neue Stimme doch etwas gewöhnungsbedürftig.
Ein kleiner Gag ist natürlich auch das offensichtlich aus frühen TNG-Tagen reinkopierte, junge Gesicht von John de Lancie, das aber flugs getauscht wird. Alles in allem aber ein gelungener Cameo-Auftritt von Q zum Ende der Folge. Man darf gespannt sein, wohin die weitere Reise geht.
Ein gelungener Start für die Staffel. Ich bin überhaupt kein Fan von Romanzen in Star Trek und halte sie im besten Fall für unnötig und langweilig und war alarmiert, dass Picard jetzt auch eine kriegen muss… Aber die Sache war mit Niveau arrangiert, und Laris ist ein guter Charakter und auch eine klasse Frau, seien wir ehrlich… Wenn es nicht allzu peinlich wird, lassen wir das der Serie gnädig durchgehen. Der Rest der Folge war höchst unterhaltsam und voller Sachen, die dem Fan der TNG-Ära ein sentimentales Grinsen ins Gesicht zaubern. Sogar Schiffe gab es zu sehen, die nicht per… Weiterlesen »
Ich hatte ja diesmal eher niedrige Erwartungen, aber ich muss sagen, die erste Episode hat mich sehr positiv Überrascht. So muss das!. Ich hoffe die Staffel bleibt auf diesem Niveau.
Danke für die Rezension, wobei diese mehr einer inhaltlichen Erzählung gleicht. Dies Folge war ein fulminanter Einstieg in eine neue Staffel, zu Recht international als einer der Besten von Star Trek Serien bewertet. Der Beginn war Klasse, ich mag die Action mit dem Fragezeichen zu Beginn und dann wird dieses Fragezeichen „erzählerisch“ als Rückblick gelöst. Toll das auch wieder die menschlich (unzugängliche?) Seite von JL gezeigt wird. Da glänzt eben Sir Patrick mit seiner schauspielerischen Leistung. Vor allem gleitet das nicht in Gefühlsduselei ab! Es wird kurz und bündig auf die gute erste Staffel aufgebaut, die Fragen dieser Staffel kurz… Weiterlesen »
In der Tat gelungener Auftakt, wobei das ganze als Fragment natürlich noch nicht viel sagt. Erste Folge der ersten Staffel war auch gut…
Schön, dass ihr Rezensionen zu Picard schreibt! Freue mich auf deine Perspektive, Thomas!
Grüße vom Discovery Panel! 😉
Herzlichen Dank! Und immer gut für die Ohren: https://www.discoverypanel.de/2022/03/04/episodenbesprechung-star-trek-picard-the-star-gazer-s02-e01/