Die inzwischen vierte Folge von Discovery lässt erneut das große Staffelthema links liegen. In unserer Review sehen wir uns an, ob das gut gelungen ist oder nicht. Aber Achtung, Spoiler.
Auf jede „gute“ Discovery-Folge scheint eine etwas schwächere zu folgen, zumindest wenn man die Entwicklung in der derzeitigen Staffel so ansieht. Wobei: Eigentlich ist die Folge gar nicht so schlecht, scheinen an manchen Stellen doch echt trekkige Momente durch. Sie stolpert aber ein bisschen über die etwas generische Handlung.
Wie letzte Woche so sind auch diesmal drei Handlungsstränge dominierend.
Counselor in Spe
Fangen wir mit der kleinsten Nebenhandlung an, und das ist Culbers Behandlung von Booker. Der Arzt hat sich ja schon in der letzten Season gemausert und war der Crew mit guten Tipps zur Seite gestanden, nun wird das konsequent ausgebaut. Nicht nur hilft er erneut Tilly in einer kurzen Szene zu Beginn, sondern auch Booker.
Dabei bedient er sich klassischer Counselor Szenarien, die auch einer Troi gut zu Gesicht gestanden hätten. Wobei man bei Culber halt auch einfach merkt, das er charakterlich weiter gekommen ist. Aus dem einstigen Nebendarsteller ist ein Mitglied der Hauptcrew geworden, ohne den es nicht mehr geht. Das zeigt sich auch am Ende, als Booker ihn fragt, ob er nicht auch mal reden möchte. Irgendwie hat man da den Eindruck, zwischen den beiden läuft die Freundschaft besser als zwischen Stamets und Booker, und die hatten dafür immerhin zwei Folgen Zeit.
Wobei Book in der Konstellation ja eher der Schwachpunkt ist. Sicher ist einen ganzen Planeten zu verlieren traumatisch, aber letzte Woche sah es so aus, als wäre er wieder auf dem Wege der Besserung, nur um dies mit einigen kurzen Sätzen zu Beginn wieder zunichte zu machen. Wie erwähnt, das mag in gewisser Weise passend sein, aber dies ist schon die dritte Folge, in denen Booker und sein Trauma nun schon im Vordergrund stehen, daher hätte ich mir an dieser Front einfach etwas Abwechslung gewünscht.
So gut die Szenen also auch gewesen sein mögen, es gibt aber immer noch genug andere Crewmitglieder, die durchaus mal etwas mehr Raum verdient hätten.
Akademie-Ausbildung im alten Stil
Der zweite Handlungsstrang betrifft Tilly, welche hier, zusammen mit Adira, einen neuen Sinn in ihrem Leben bzw. Lieutenant-Rang sucht. Anfangs fällt sie da fast (wie bereits letzte Woche) in Manierismen aus der ersten Staffel zurück, aber schnell festigt sich ihre Einstellung und sie gibt im Team souverän den Ton an. Doch der Reihe nach.
Zunächst einmal soll auch Adira Tilly begleiten, denn auch dey ist sich unsicher. Die Szene mit Gray bleibt dabei angenehm kurz, wobei man sich hier fragen muss, wer denn Ian Alexander diese neue Haartolle verpasst hat. Hoffentlich ist das kein Hinweis darauf, das er bald einen Genderchange zur Frau durchmachen möchte. Okay, als Leser meiner Reviews wisst ihr vermutlich, das ich kein Fan von Gray bin, aber auch davon abgesehen finde ich diese Frisur einfach furchtbar und unpassend. Aber mal sehen wo hier die Richtung hingeht.
Etwas passender ist da der Gastauftritt von David Cronenberg als Kovich, der auch erklärt, warum man damals so feindselig auf die Discovery-Leute reagiert hat. Das, und das er Tilly dann den entscheidenden Rat für ihren Karriereweg mitgibt, überzeugen aber und machen die Szenen gelungen.
Weniger gelungen ist dann der Ausflug in den Untertassenförmigen Shuttle. (Echt jetzt? Ich weiß, man wollte hier ein neues Design zeigen, aber ich bevorzuge irgendwie die klassischen Shuttles. Die runden Dinger gefallen mir persönlich halt einfach nicht). Der Ausflug scheitert meiner Ansicht nach daran, als von vorneherein klar ist, das etwas passiert und wie es ausgehen wird. Wie oft hatten wir in Trek-Serien ein ähnliches Szenario? Ich kann es leider nicht mehr zählen und so stürzt das Shuttle auch hier auf einem Eismond ab. Die Umgebung erinnert übrigens frappierend an die zweite Folge der dritten Staffel, vermutlich hat man hier am gleichen Ort gedreht.
Für versierte Zuschauer kommt es halt dann wenig überraschend, dass der einzige höherrangigere Offizier (der Pilot) stirbt und die Kadetten zusammenarbeiten müssen. Und ebenso klar ist dann am Ende, das sie zusammenwachsen werden und alles gelingen wird. Insofern kommt dieser Handlungsstrang halt wenig überraschend daher und ist so ziemlich vorhersehbar. Zugute halten muss man aber, dass es am Ende dann doch irgendwie Laune macht, dem Team bei ihrer Flucht zuzuschauen. Ebenfalls ein Pluspunkt: Man hat daran gedacht, anzusprechen, ob es nicht ein Holoszenario ist. Das geisterte selbst mir kurz durch den Kopf.
Auch erfährt man über die Kadetten die Hintergründe – so gehört sich das, wenn man Nebenfiguren einführt, mit denen man emotional mitfiebern soll. So werden auch schöne Bezüge zur letzten Staffel gezogen. Der Vater des orionischen Kadetten etwa hatte am Friedensvertrag der Smaragdkette mitgearbeitet. (Der war dann aber schnell obsolet bzw. nur eine Finte, also warum überhaupt mitarbeiten? Aber okay, das ist Schnee von Season 3). So wachsen nicht nur die Kadetten zusammen, sondern auch Tilly und Adira.
Wie erwähnt glänzt hier vor allem Tilly als Anführerin und es wird deutlich, dass sie als Kadettenausbilderin eigentlich recht gut geeignet ist – etwas, das am Ende noch wichtig wird, aber dazu kommen wir noch. Darüberhinaus ist die Mission auf dem Mond auch nicht gänzlich ohne Fehler. Über Adiras Eisszene kann man streiten, da hat man sicher schon Besseres gesehen, und das die vorher gemeldeten „1000 Monster“ plötzlich auf nur zwei zusammenschrumpfen, mag dem Budget geschuldet sein – oder der Schludrigkeit der Autoren. Mit Eismonstern hat es Kurtzman ja seit dem ersten Kelvin-Film.
Und das die Armstrong, nachdem man sie erreicht, auch sogleich in Beamreichweite ist, ist einer jener nur allzu passenden Zufälle, ohne die das Drehbuch halt nicht funktioniert. Insgesamt ist die Kadettensequenz also recht solide, es gab aber auch schon Besseres zu sehen.
Fedxit – oder Ni’Vxit?
Der dritte Handlungsstrang im Bunde sind die neuen Beitrittsverhandlungen von Ni’Var. Hier fordert Präsidentin Rillak Saru und Burnham als Unterstützung an. Einfach den Mund halten und nichts sagen und Präsenz zeigen. Auch hier wird der geneigte Discovery-Kenner schon wissen: Burnham und Mund halten? – No Way! Und so kommt es dann eben auch.
Wobei man Burnhams Standpunkt am Ende durchaus nachvollziehen kann: Die Präsidentin hätte von Anfang an mit offenen Karten spielen sollen. Denn was, wenn Burnham wirklich mal (WHAT?) den Mund gehalten hätte? Von der etwas feindseligeren Einstellung, die Rillak in der ersten Folge Burnham gegenüber noch an den Tag gelegt hat, ist inzwischen auch nichts mehr zu spüren. Manche mögen das wieder als Zeichen der allmächtigen Burnham deuten, für mich sieht es aber eher so aus, als wolle die Präsidentin Burnham testen.
Stellt sich die Frage wozu. Denn eigentlich hat sie ein anderes Kommando schon kategorisch ausgeschlossen und im Grunde hat sie auch schon alles erreicht, was sie will. Sie ist Captain, also wohin soll ihre Reise noch gehen? Oder wird sie doch neue Vizepräsidentin mit Option auf Raumschiffeinsatz, wie ich in der ersten Folge spekuliert habe. Die Annäherung der beiden Charaktere scheint zumindest in die Richtung zu deuten und man darf gespannt sein, wohin der Weg gehen wird. Dass man Rillak aber inzwischen in jeder Folge sehr viel Raum einräumt, kann man durchaus als positiv werten. Sie ist damit überdies die erste Präsidentin, die in einer Trek-Serie derart viel Präsenz zeigt.
Doch zurück zur Politik. Normalerweise bin ich ja durchaus Fan von Politthrillern, aber wie schon bei der Shuttleepisode so ist eben auch hier für den Zuschauer schnell klar, das der Beitritt schon irgendwie klappen wird. Das nimmt halt dann, wie schon bei den Kadetten, einen Großteil Spannung heraus. Oder hat irgendwer daran Zweifel, das Ni’Var nicht wieder beitreten wird? Als einstige Gründungswelt ist das so oder so ein deutliches Signal an die Galaxis.
Wobei man den Wunsch nach der Austrittsklausel durchaus verstehen kann und demzufolge auch die andere Seite. Denn wie beim Brexit darf ein Ausstieg nicht zu leicht sein, um nicht Schule zu machen. Sonst könnten künftige Partner einfach die Vorteile genießen und gleich wieder gehen. Die am Ende präsentierte Lösung passt hier dann aber durchaus.
Neben dem Politdrama rücken vor allem Saru und Präsidentin T’Rina näher zusammen. Hier gibt es ein Gespräch in guter Trek-Tradition, in der die beiden ihre Standpunkte klar machen und näher zusammenrücken. Als zusätzlichen Pluspunkt bekommt man hier auch einen Blick auf das neue Vulkan. Überhaupt spielt diese Folge zunehmend in hellen Kulissen. Auf Ni’Var haben die Szenen alle eine rötlichen Touch (passend zu Vulkan), während man auf der Eiswelt logischerweise auch bei Tageslicht unterwegs ist. Die einzig dunklen Szenen dieser Folge sind die bei Culbers Counseling-Stunden und es tut Discovery sichtlich gut. Mal sehen, in welche Kerbe hier die nächsten Folgen schlagen.
Burnham erkundigt sich auch noch nach J’Vinis Schicksal. Persönlich hätte ich das zwar eher im Dunkeln gelassen, dass sie Strafmeditiationen leisten muss und später Wiedergutmachung, passt aber zu Vulkan.
Abschied ohne Tränen
Zuletzt sehen wir in dieser Folge dann noch den Abschied von Mary Wiseman als Tilly. Wie oben erwähnt, passt es durchaus, dass sie in ihre Rolle als Ausbilderin gewachsen ist und diese Rolle ausfüllen will. Das anschließende Gespräch mit Burnham fühlt sich daher auch verdient an und nicht wie zuvor in Discovery nach einer ad hoc-Lösung. Man hat hier gelernt und den Weggang gut aufgebaut.
Allerdings muss man halt auch sagen, das dies schon wieder eine Staffel ist, in der ein beliebter Charakter rausgeschmissen wird. Auch Anfang von Season 3 hat es damals Nhan erwischt (die eigentlich vom Nebendarsteller in den Hauptcast befördert worden war, nur um dann eben auch nach ein paar Folgen wieder zu verschwinden). Bis heute weiß man nicht genau, welche Ursache bei Nhan (bzw. ihrer Darstellerin) dahintersteckte, bei Wiseman hielten sich Gerüchte über eine angebliche Schwangerschaft (augenscheinlich aber wirklich nur Gerüchte). Ob die Autoren uns damit aufzeigen wollten, das Veränderung zum Leben gehört? Oder einfach den großen Discovery-Cast etwas reduzieren? Fraglich, ob wir es je erfahren – oder ob Tilly irgendwann wiederkommt.
Dennoch etwas schade, auch weil es eben gerade Tilly ist. Immerhin ist der Abschied hier so umgesetzt, wie es sich gehört. Nicht zu tränenreich (die fließen eher bei den Zuschauern), sondern kurz und schmerzlos werden alle nochmal umarmt und dann war es das. Adira bekommt, als kleine Verbeugung vor „Enterprise“, die Schneekugel mit der NX-01. So macht man’s richtig.
Fazit
Einen halben Stern plus gibt es für den passend umgesetzten Abschied von Tilly. Ansonsten ist die Folge zwar kein Überflieger, aber größtenteils solide. Sie leidet allerdings stark unter der Vorhersehbarkeit der einzelnen Handlungsstränge. Dafür wird man aber charakterlich mit einigen schönen Szenen belohnt, etwa Culbers Counselor-Stunden oder Saru und T’Rina auf Ni‘Var.
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Episoden-Infos
Episodennummer | 46 (Staffel 4, Episode 4) |
Originaltitel | All is possible |
Deutscher Titel | Alles ist möglich |
Erstausstrahlung USA | Donnerstag, 09. Dezember 2021 |
Erstausstrahlung Deutschland | Freitag, 10. Dezember 2021 |
Drehbuch | Alan McElroy, Eric J. Robins |
Regie | John Ottman |
Laufzeit | 54 Minuten |
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Folge 4 Nach der Bewertung von 4 von 6 Punkten wollte ich mir doch selbst mal ein Bild vom Stand der Serie und der Qualität der Folgen machen. Herr im Himmel las Hirn vom Himmel fallen. 1. Tilly die durch Unsicherheit und Tollpatschigkeit aufgefallen ist sagt das sie immer auf dem direkten Weg zum Captain Stuhl gewesen ist. Soll das witzig sein oder glauben das die Drehbuchschreiber selbst? 2. Tilly wird gesagt das die Zukunft der Sternenflotte von einer Teambilding Mission abhängig ist. WTF Mann das wird hart. 3. Zu dem Zeitpunkt stellen sich mir schon einige Fragen. Warum setzt… Weiterlesen »
Ich habe die Episode noch nicht gesehen. Ich habe es damit nicht so eilig. Für die zweite und dritte Episode brauchte ich jeweils drei Anläufe, bis ich endlich durch war. Aber das Tilly geht wird mir sicher eine Freudenträne wert sein. Wieder ein nerviger Charakter nach Space-Hitler von Bord genommen. Aber es wird ja kein Abschied auf Ewig sein. Wiseman hat ja bereits angedroht, dass man sie zum Ende der Staffel wieder sieht. Böööh. Wie lachhaft ist es eigentlich, dass das nervöse Hemd ohne die geringste Führungsqualität Kadetten unterrichten darf?! Katastrophal!
Gegenüber der letzten Folge eine starke Verbesserung. Den Abgang von Tilly wirkt zwar immer noch recht konstruiert, ist aber immerhin nicht mehr eine Zwei-Sekunden-Erklärung. Genervt hat nur, dass mal wieder Burnham die ist, welche als einzige vermitteln und Brücken bauen kann. Saru hat das viel besser gemacht, er hätte das auch machen können. Dieses “Burnham muss die Rettung sein” macht die Folge gleich wieder viel schlechter in der Gesamtbetrachtung. Wirklich schade, weil diesmal viele Ansätze gut waren. OK, dass mit dem Shuttle-Absturz ist ein alter Hut und Starfleet müsste sich mal über Shuttles im allgemeinen fragen. Allgemein ist es über… Weiterlesen »