In unserer Rezension zur ersten Folge der zweiten Staffel bleibt kein Auge trocken. Aber Achtung – Spoiler!
Munterer Auftakt
Am Freitag den 13. (August) meldete sich “Lower Decks” zurück, zumindest beim deutschen Amazon Prime. Die Amerikaner kamen schon einen Tag vorher in den Genuss. Aber an dieser Stelle sollte man nicht meckern, sondern einfach festhalten: Es geht doch mit der zeitgleichen Veröffentlichung. Bleibt nur zu hoffen, dass es bei “Prodigy” auch klappt, sei es nun bei Paramount+ oder wo auch immer.
Wer nun aber denkt, dass wir gleich mit Boimler weitermachen (Spoiler zum Ende der ersten Staffel: Der ist jetzt auf der Titan), wird enttäuscht, denn das Ganze beginnt mit Mariner und dem Ausbruch aus einem cardassianischen Lager. Spätestens wenn die Cardassianerin ihr Folterinstrument “Quälinator” nennt, ist man zurück im Humor und dem Setting von “Lower Decks”. Auch wenn bei der Befreiungsaktion schnell klar wird, dass es sich um ein Holodeck-Abenteuer handelt. Ich meine, diese Kampfszenen in einer Live-Action-Serie? Puh…
Dafür gibt es “Lower Decks”-typisch wieder exzellente Anspielungen. Es werden nicht nur einige bekannte Schiffe verballhornt, sondern auch die Flucht mit einer Miranda-Klasse erinnert sicher nicht von ungefähr an den zweiten Kinofilm. Auch in der Titelsequenz kann ich die Aufhübschungen, die mein Kollege bereits entdeckt hat, erkennen. Offenbar wirken inzwischen auch die Pakleds in der Kampfszene mit. Wie das Ende der Folge zeigt, scheinen die sich immer mehr zu einem Galaxy Player (oder zumindest einem neuen Bad Player) zu entwickeln. Doch dazu später mehr.
Spezialmission für Mariner
Dass die Miranda-Klasse nicht die einzige Anspielung bleiben wird, sollte klar sein. Allerdings hält es sich diesmal mit den Fingerzeigen etwas in Grenzen. Klar, es mag in den Hintergründen das ein oder andere zu entdecken geben, aber außer dem großen Gary Mitchell-Anteil (dazu kommen wir noch) scheint die Folge nicht groß von Querverweisen zu leben. Und das hat sie auch gar nicht nötig.
Denn allen voran bekommen wir sehr schöne Charakterszenen zu sehen. Es geht damit los, dass Mariner und ihre Mutter jetzt enger zusammenarbeiten. Dass dies Commander Ransom nicht gefällt, wird später der Aufhänger für die ganze Folge. Dass Mariner aber effizient ist, Lower Deck hin oder her, steht außer Frage und wurde ja bereits in der ersten Staffel gezeigt. Ihre Mum ist daher auch offen und gestattet ihr Spezialmissionen, wie hier eben das Gebäude zu putzen, um den Dreck wegzukriegen und die guten Aliens zu inspirieren – quasi semi-offiziell. Und ja, ich gebe zu, dabei hab ich gejubelt, denn das ist genau das, was man von Captains an der Front erwartet. Gute alte “Star Trek”-Aktionen á la Hau-drauf-Kirk. Oder wie Data sagen würde: “Zur Hölle mit unseren Befehlen!”
Etwas schal schmeckt hier lediglich, dass Mariner eben Freemans Tochter ist und dieses Verhalten auch anderen gut gestanden hätte. Nichtsdestotrotz sieht man hier eine schöne Entwicklung der Mutter-Tochter-Beziehung zwischen den beiden. Und auch wenn es am Ende – etwas zwangsweise – wieder revidiert wird, wissen beide, dass Mariner diesmal ihre Inhaftierung nur zu gerne annimmt. Sehen wir also mal, wohin das Ganze noch führen wird in Zukunft. So oder so: Die Szene, in der die beiden Damen sich gegenseitig Befehle zuwerfen, ist sicher eines der Highlights der Folge und demonstriert, dass Mariner, so perfekt sie auch ist, auch nicht immer Recht hat (“Ich feuere keine Torpedos auf meinen Ersten Offizier!“). Im Gegensatz zur letzten Discovery-Folge (Staffel 3) fühlt sich hier das “Ihre Hau-Drauf-Diplomatie funktioniert, machen Sie mal weiter so“ aber absolut verdient und nicht erzwungen an. “Lower Decks” ist also weiterhin auf einem guten Weg.
Spezialbehandlung für Rutherford
Als weitere Charaktermomente dürfen in der Folge dann noch die Szenen mit Tendi glänzen. Die will Rutherford heilen, ist in Wahrheit aber eifersüchtig und handelt das auf eine Weise ab, die wohl so einerseits nur in “Lower Decks” funktioniert, andererseits aber durchaus auch wieder irgendwo zum Charakter passt. Okay, ein bisschen mag es grenzwertig sein, den Freund so zu triezen, aber im Kontext der Folge passt es. Interessanterweise hat man Tendis Pheromone als Orionerin bislang nicht thematisiert, was auch ganz gut ist. Man braucht es für den Charakter auch gar nicht. Lediglich der Umstand, dass es wohl doch auf ein Pairing Tendi-Rutherford hinauslaufen dürfte, mag an dieser Stelle vielleicht etwas zu offensichtlich sein.
Spezialkräfte für Ransom
Unten auf Apergos gibt es dann wieder lustige Einlagen, aber eben auch die Haupthandlung um Ransom. Denn Mariner legt ein seltsames Artefakt frei, das dem XO sogleich Superkräfte wie einst Gary Mitchell in “Die Spitze des Eisberges” (TOS 1×03) verleiht. Übrigens, was passiert mit dem Ding im Anschluss? Könnten da nicht andere auch noch ihre “Injektion” abkriegen?
Jap, diese Frage muss man bei einer Trek-Kanon-Serie nun einmal stellen. Aber sei’s drum, als Aufhänger funktioniert das Szenario durchaus.
Natürlich gipfelt das Ganze nicht nur in witzigen Szenen, sondern auch in guten Charaktermomenten. Klar, Ransom ist in gewisser Weise etwas eingebildet und das sieht man auch, wenn er sein Trainingsgelände oder einen neuen Mount Rushmore baut. Auf der anderen Seite fühlt er aber auch seine Position durch Mariner bedroht – und das ist nachvollziehbar nach der Eröffnungssequenz. Übrigens erinnert ein das Schiff angreifender Riesenkopf sicher nicht von ungefähr an “Der Tempel des Apoll” aus TOS (2×02). Und doch musste ich an dieser Stelle daran denken, wie der Versuch, ein Schiff zu essen, wohl in einer Live-Action-Serie ausgesehen hätte. Das hätte man dort sicher nicht so umsetzen können.
Und ja, ich gebe zu: Mit Mariners “Lösung” hatte mich die Folge dann komplett. Der Tritt in die Weichteile war an der Stelle einfach lustig und so was Ähnliches hat man in Trek als Lösung einfach noch nicht gesehen. (Nein, bitte jetzt keine “Star Trek VI”-Referenzen.) “Lower Decks“-Humor eben, der einem aber auch sicherlich gefallen muss. Auch T’Ana hat dann an der Stelle noch ein paar schöne Szenen.
Am Ende gibt es dann doch noch einen kurzen Blick auf die Titan und Boimler und die erwähnte Pakled-Bedrohung. Hier bleibt es natürlich spannend zu sehen, wie sich dies weiterentwickelt. In der deutschen Fassung wird Captain Riker übrigens wieder von Detlef Bierstedt gesprochen, was natürlich löblich ist. Im Gegensatz zu “Picard” klingt die Stimme hier aber irgendwie verzerrt bzw. unpassend. Möglicherweise ob des Versuchs, sie jünger klingen zu lassen. Oder ich verhöre mich einfach.
Fazit
“Lower Decks” meldet sich mit “Seltsame Energien” stark zurück. Klar muss man den Humor immer noch lieben, aber die Referenzen an andere Trek-Serien halten sich hier gefühlt in Grenzen und die Charaktere entwickeln sich liebevoll weiter. Die Folge mag zwar nicht an allen Stellen perfekt sein, aber das sind Kleinigkeiten und Luft nach oben muss es ja immer geben.
Bewertung [usr 5, max=”6″]
Episoden-Infos
Episodennummer | 11 (Staffel 2, Episode 1) |
Originaltitel | Strange Energies |
Deutscher Titel | Seltsame Energien |
Erstausstrahlung USA | Donnerstag, 12. August 2021 |
Erstausstrahlung Deutschland | Freitag, 13. August 2021 |
Drehbuch | Mike McMahan |
Regie | Jason Zurek |
Laufzeit | 25 Minuten |
Leider werde ich mit “Lower Decks” weiterhin nicht warm, auch wenn ich die Motivation der Autoren, die Charakterbildung und die Referenzen in die TNG-Welt anerkenne. Die Kombination von Animation und Star Trek spricht mich halt nicht an.
Aber vielleicht schafft man deshalb so viele verschiedene Ansätze im Star-Trek-Universum, damit jeder was für sich findet.
Mir macht Lower Decks echt Freude. Habe die Folge schon zweimal gesehen und ich würde auch 5 von 6 Punkten vergeben. Die Macher sind echte Fans, das merkt man an der Liebe zum Detail. Und ja, die Figuren sind etwas abgedreht, aber es ist ja auch ein Trickfilm und au Comedy ausgelegt, für mich ist das so entschuldigt.
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es nach 11 Folgen Lower Decks mehr Charakterentwicklung gab als bei DISCO in drei Staffeln. Aber was sind schon gefühlte Beobachtungen für Vulkanier 😀
Leider werde ich mit “Lower Decks” weiterhin nicht warm, auch wenn ich die Motivation der Autoren, die Charakterbildung und die Referenzen in die TNG-Welt anerkenne. Die Kombination von Animation und Star Trek spricht mich halt nicht an.
Aber vielleicht schafft man deshalb so viele verschiedene Ansätze im Star-Trek-Universum, damit jeder was für sich findet.
Mir macht Lower Decks echt Freude. Habe die Folge schon zweimal gesehen und ich würde auch 5 von 6 Punkten vergeben. Die Macher sind echte Fans, das merkt man an der Liebe zum Detail. Und ja, die Figuren sind etwas abgedreht, aber es ist ja auch ein Trickfilm und au Comedy ausgelegt, für mich ist das so entschuldigt.
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es nach 11 Folgen Lower Decks mehr Charakterentwicklung gab als bei DISCO in drei Staffeln. Aber was sind schon gefühlte Beobachtungen für Vulkanier 😀