In diesem Rückblick zur dritten Staffel sehen wir uns nochmal ein paar der Highlights und Schwächen an – wer sie (immer noch nicht) gesehen hat, sei vor Spoilern gewarnt.
Rückblick auf den Rückblick
Ursprünglich wollte ich den Rückblick auf die dritte Staffel ja mit einer tabellarischen Übersicht beginnen. Die Highlights den Enttäuschungen gegenübergestellt, die Punkte dann aufaddiert und geschaut, was überwiegt. Positiv oder Negativ – und zu Beginn der Staffel stand da durchaus noch die Hoffnung, dass hier das Positive überwiegen würde.
Wie wir aus dem Staffelfinale wissen, kam es mal wieder anders als man denkt. Und am Ende erfolgte die Realisation, dass ich mir nochmal alle Folgen oder zumindest die Reviews durchlesen müsste, um diese tabellarische Gleichstellung machen zu können. Und nein, das war dann doch etwas zuviel Aufwand für diese Staffel.
Warum? Nun, für alle die die Reviews nicht verfolgt haben: Die Staffel war leider wieder desaströs. Doch bevor wir zu den Details kommen, gehen wir beim Rückblick noch einen Schritt weiter. In die gute alte TNG-Ära, mit der ich aufgewachsen bin. Nein, das wird an dieser Stelle kein sich-darüber-Auslassen, dass früher alles besser war. Oder dass ich unbedingt einen neuen Picard brauche, der auf einem Raumschiff herumeiert. Nein, mit dem düsteren Ansatz von Discovery, den neuen Effekten und all dem Drumherum könnte ich sogar noch leben.
Worauf ich hinauswill ist folgendes: Ich habe die TNG, TOS und teilweise auch DS9 und VOY-Folgen damals rauf und runter geguckt. Bei Enterprise hat es etwas nachgelassen, das guckte ich bislang nur zweimal, und hier allen voran die gelungenen Staffeln drei und vier. Aber TNG und TOS kann ich stellenweise nachsprechen, so oft flimmerten die Abenteuer dieser beiden Crews damals bei mir über die Mattscheibe.
Nun gut, auch hier muss man fair sein. Die Sehgewohnheiten von damals sind nicht mehr die von heute. Eine Staffel hat keine 26 Folgen mehr – was übrigens damals ein Alleinstellungsmerkmal von Star Trek war, hatten andere Serien doch zumeist nur 20-24 Episoden. Aber das war natürlich nicht das einzige, wodurch Star Trek herausstach.
Im Streamingzeitalter hat eine Staffel nur noch 10-12 Folgen, manchmal sogar nur 8 oder 6. Die Autoren sollen genau das kriegen, was sie benötigen, um eine Story zu erzählen. Keine Füller, alles auf den Punkt – deswegen dominieren heutzutage kurze Staffeln. Oder zumindest war so mal die Intention, bis man gemerkt hat, man kann auch hier nochmal ansetzen. Staffeln kürzer machen oder teilen und als weitere Teile oder Staffeln vermarkten (Beispiele sind hier “Haus des Geldes” und “Chilling Adventures of Sabrina”). Doch auch darauf will ich gar nicht hinaus.
Man wird regelrecht von neuen Serien erschlagen und hat als Fan gar nicht mehr die Zeit, sich einzelne Serien oder Staffeln mehrmals anzuschauen. Zuviel neuer Content kommt nach und man will ja “am Ball” bleiben. Die Frage, ob man eine Serie mehrmals anschaut, stellt sich also mitunter gar nicht. Man hat schlichtweg keine ZEIT mehr, es zu tun.
Daher muss an dieser Stelle die einfache Frage reichen, ob man sich eine Serie zweimal ansehen WÜRDE. Und im Falle der dritten Staffel von Discovery ist die Antwort leider: Nein. Es mag nicht mehr das Star Trek von früher sein, aber es ist leider auch nicht mehr so gut, dass man selbst einzelne Szenen nochmal betrachten wollen würde. Und das ist leider eine bedauerliche Entwicklung, die das gern als “New Trek” betitelte Franchise hier gegangen ist.
Ab ins 32. Jahrhundert
Dabei wollte ich Discovery Season 3 wirklich eine Chance geben (und werde das auch noch bei Staffel 4 tun). Und der Start sprach ja auch noch für sich. Man wollte sich von den Kanon-Zwängen lösen, etwas Neues schaffen und sprang 900 Jahre in die Zukunft. (Dass das freilich irgendwie Hohn ist, wenn man zeitgleich eine Serie wie “Strange New Worlds” ankündigt, die im selben Timeframe spielt und optisch dieselbe Kerbe wie Discovery einschlagen wird, ist ein anderes Thema).
Ob es diesen Befreiungsschlag gebraucht hätte ist auch wieder ein anderes Thema. Wie wir alle inzwischen wissen, wurde es leider kein Schlag, sondern allenfalls ein laues Lüftchen. Kanonbezüge gab es auch noch, sie wurden aber eher dezent eingestreut. Viel wichtiger ist aber, dass die Autoren nach drei Staffeln, trotz anderslautender Versprechungen, immer noch nicht aus ihren Fehlern gelernt hatten.
So ist Burnham immer noch diejenige, die alles kann und alles weiß und immer Recht hat. Da halfen leider auch die Abkanzel-Szenen, in denen man als Fan schonmal Hoffnung schöpfen konnte, dass es nun anders wird, nicht viel. Wenige Folgen später ist man wieder in das alte Muster zurückgefallen. Discovery ist und bleibt nunmal keine Ensemble-Show, dabei hätte es gerade an der Stelle einen Befreiungsschlag gebraucht. Wie dies in Staffel vier mit Burnham als Captain sein wird? Ob sie wie Kirk jedesmal auf eine Außenmission mitgeht? Wir werden es sehen.
Das verschenkte Potential der Crew
Dabei hat die Crew auch ohne Burnham so einiges drauf, wie gleich die zweite Folge beweist, in der fast ausnahmslos alle mal glänzen dürfen. Sieht man von der Rettung am Ende ab, machen alle hier eine gute Figur, machen Hoffnung auf mehr – und leider wird das Ganze am Ende wieder zerschlagen. Ja, Leute wie Wilson Cruz als Culber durften, vor allem in den Folgen darauf, extrem glänzen und zeigen, dass man sie in den ersten beiden Staffeln gnadenlos unterschätzt hat. Leider kommt das für Staffel 3 schon fast zu spät.
Denn schnell zeigt sich, dass die Autoren mit anderen Charakteren, außer Burnham, leider nur wenig anzufangen wissen. Charaktere, die durchaus ausbaufähig sind, wie etwa Nhan, werden sofort rausgeschrieben. Detmer hat einen Knacks davongetragen, der eine Folge später spurlos verschwindet, nachdem sie einfach um Hilfe gefragt hat. “Show, don’t tell” heißt hier die Devise, die von Fans schon seit längerem angeprangert wird. Nur leider wird eben nicht mal mehr das “geshowed”, es löst sich einfach in Luft auf.
Und dann ist da noch der Neuzugang Adira-Gray, der großmundig als erster Non-Binärer Charakter angekündigt wurde, wobei es androgyne Spezies schon zu TNG-Zeiten gab. Leider wird auch hier nicht konsequent zu Ende gedacht. Die Beiträge, die Adira leistet, hätten von jedem anderen kommen können, so gering sind sie im Bezug zur Haupthandlung. Ja, dey wird dann später Kind von Culber und Stamets, aber auch das kommt, wie so vieles, halt aus heiterem Himmel. Manche mögen sagen, man solle sich hier eben die Erklärungen denken. Das mag schön und gut sein – in einer Actionsequenz – aber bei einer Charakterentwicklung sollte man sowas eben auch zeigen. Sonst könnte ja ein Massenmörder plötzlich in der nächsten Folge dastehen, sagen, er habe sich geläutert und heldenhaft in seine eigene Serie geschickt werden – oh…. Moooment.
Über Georgiou wurde ja bereits an anderer Stelle lang und breit diskutiert, so dass wir das hier nicht mehr aufgreifen müssen. Es gibt aber auch durchaus positive Aspekte an dem Spiegeluniversums-Zweiteiler, etwa das Auftauchen des Wächters der Ewigkeit. Allerdings merkt man an der Stelle bereits, dass der dritten Staffel so langsam die Puste ausgeht.
Dabei werden über die Laufzeit der Staffel hinweg konsequent die etablierten Figuren demontiert. Sie alle müssen wieder einmal hinter der größeren Story bzw. Burnham zurückstecken. Am schlimmsten trifft es wohl Saru, der zum Captain befördert wird – ziemlich verdientermaßen sogar. Dort macht er auch eine gute Figur, wird im Laufe der Staffel aber immer weiter von seinem Posten abgedrängt, bis letztlich Burnham in die Mitte treten darf.
Und was haben die Sphärendaten eigentlich da verloren? Am Anfang der Staffel sieht es ja noch so aus, als würde man etwas mehr zu Zora erfahren, aber auch das wird am Ende einfach vergessen bzw. mit den Dots, die eigentlich auch überflüssig sind, abgehandelt.
Blasse Bösewichte und die Auflösung des Rätsels
Doch nicht nur die Crew bleibt etwas auf der Strecke, auch die Bösewichte wirken blass. So gibt es vor allem zu Beginn der Staffel eher den Bösewicht der Woche, die aber nicht viel zur Handlung beizutragen haben. Später kristallisiert sich mit Ossyra eine etwas „stärkere“ Antagonistin heraus, der man in der vorletzten (!) Folge der Staffel so etwas wie einen Hintergrund zu verpassen versucht.
Schade nur, dass in der nächsten Folge alles wieder verpufft zugunsten einer Handlung, die rein auf Action ausgelegt ist. Auch hier bleibt man weit hinter den Möglichkeiten zurück. Dass das alles vielleicht einigermaßen unterhaltsam ist, sei an dieser Stelle mal dahingestellt.
Erwähnt werden sollte an dieser Stelle wohl auch Booker. Der ist zwar kein Bösewicht, aber ein neuer Charakter und derjenige, der noch am meisten Spielraum bekommt. Das muss er ja auch, immerhin ist er Love Interest für Burnham. Seltsam mutet an der Stelle freilich an, dass er immer genau dann die Lösung für ein Problem parat hat, wenn die anderen mal nicht weiter wissen. Es sollte nicht der einzige Deus Ex Machina-Moment der Staffel bleiben.
Dann ist da noch das Rätsel um die Vernichtung des Dilithiums, welches auch souverän von der Discovery-Crew gelöst wird, nachdem dies keinem zuvor gelungen ist. Ein mutiertes Kind, das auf der einen Seite zwar kein Bösewicht ist, was durchaus als gelungene Abwechslung bezeichnet werden kann, auf der anderen Seite aber natürlich auch ein gefährliches Individuum ist, ist dann doch eher suboptimal. Und auch das Holodeckszenario ist etwas fragwürdig, vor allem weil die Discovery-typischen dunklen Töne vorherrschen.
Licht am Ende des Tunnels
Es war aber nicht alles schlecht an der neuen Staffel Discovery. So vermag die Optik, so dunkel sie auch sein mag, nach wie vor zu überzeugen, auch wenn viele die technologischen Fortschritte zum 32.Jahrhundert bemängelten. (Nein, das Turbolift-Netzwerk erwähnen wir hier mal NICHT). Auch Admiral Vance macht eine gute Figur und unterscheidet sich wohltuend von den „Badmirals“ die man früher kennengelernt hatte. Okay, am Ende haben sie ihm noch ein paar Macken verpasst, trotzdem, der Kerl ist sicher einer der kompetenteren Offiziere.
Dann ist da noch Adiras Outing zu erwähnen. Ja, viele haben sich da eine etwas Bessere Repräsentation gewünscht und es ist am Ende auch nicht mehr groß vertieft worden, aber das war sicher einer der (wenigen) Star Trek-Momente der Staffel. Auch das man stellenweise auf das diplomatische Parkett zurückgekehrt ist, darf man auf der positiven Seite verbuchen. Hätte man diese Konstellationen stringenter verfolgt, statt sie nur beiläufig anzureißen, hätte diese Staffel wirklich wieder etwas Außergewöhnliches werden können.
Auch vom Unterhaltungswert kann man der Staffel durchaus gute Momente bescheinigen. Wenn man sich einfach zurücklehnt und alles auf sich wirken lässt, über die Plot-Holes hinwegsieht, dann gibt es eine geradlinige Staffel zu sehen. Allerdings verschwindet diese eben auch im Einheitsbrei der derzeitigen Serien.
Und dann sind da noch die Kanon-Referenzen zu erwähnen. Man besucht die Erde, Trill und eben Vulkan und zeigt, wie sich Romulaner und Vulkanier zusammen entwickelt haben.
Fazit
An dieser Stelle sollte nochmal erwähnt werden: Ich habe nichts gegen andere Ansätze, wie es die Serie mit der Zentrierung auf Michael Burnham versucht. Und auch über das ein oder andere Plot-Hole kann man sicher mal hinwegsehen, waren doch die alten Serien davor auch nicht gefeit. Warum also z.B. Gray plötzlich als Hologramm dagestanden hätte wäre z.B. grundsätzlich egal gewesen. Auch mit den neuen Effekten und der optischen Aufwertung, z.B. im Direktvergleich der Talosianer aus Staffel 2, kann ich leben.
Was der dritten Staffel aber das Genick bricht, ist die Häufigkeit, mit der diese Fehler gegen Ende wieder zunehmen. Ist die Inkonsistenz, mit der hier die Charaktere vorangetrieben werden. Interessante Entwicklungen verschwinden im Off oder werden gar nicht weiter verfolgt, während man halt immer wieder zu Michael zurückschwenkt. Und das stört und nervt nach einiger Zeit leider nur noch.
In den ersten beiden Staffel gab es Reibereien hinter den Kulissen. Waren es anfangs noch der Ausstieg von Bryan Fuller, war es in der zweiten Staffel der Ausstieg von Harberts/Berg, welche als „Ausrede“ für die Missstände hatten dienen können, so kann man das in der dritten Staffel leider nicht mehr gelten lassen. Die Produzenten hatten gesagt, sie hätten auf die Fans gehört, aber im Grunde hat sich nichts geändert, was extrem schade ist. Denn ich persönlich will weiterhin Spaß an Star Trek und Discovery haben.
Bei Star Trek hatten sich schon immer die Effekte um die Geschichte gruppiert, in den neuen Inkarnationen hat man aber das Gefühl, die Effekte stehen im Vordergrund und die Geschichte ist zweitrangig. Das mögen moderne Zuschauer nicht ganz nachvollziehen können, ist aber mit einer der Gründe, warum Star Trek nie zu den quotenstärksten Serien gezählt hatte. Die Stories hatten eine Botschaft, eine Moral, und regten zum Nachdenken an und das war nicht jedermanns Sache.
Diese Art der Unterhaltung erwartet man eher von Serien wie „The Mandalorian“, die auch nicht alles richtig macht, auch Plot-Holes hat und deren Story eigentlich für die Tonne ist. Sie verbindet aber Effekte, Gefühl und Fanmomente auf eine Weise, wie es Discovery leider nicht tut, wie es sich viele Fans aber wünschen würden.
Insgesamt ist die Stafel mitnichten kein Totalabsturz, sie ist aber auch nicht der Überflieger geworden, auf den viele Fans gehofft hatten. Von einem Befreiungsschlag ganz zu schweigen…
Aber vielleicht weckt ja die vierte Staffel wieder den Impuls, sie vielleicht doch mehr als einmal sehen zu wollen.
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Danke, gute Rezension. Woran STD leidet wurde gut zusammengefasst. Ich hab die Serie allerdings abgeschrieben. Eine Staffel 4 werde ich mir nicht ansehen. Bei ST Picard hab ich Hoffnung auf Besserung, bei STD leider nicht mehr.
Allen mein Beileid, die sich diesen Rotz reingezogen haben, nur weil im Vorspann Star Trek steht. Ich habe nach Staffel 2 schon abgedreht.
Ich finde, dass die 3. Staffel sehr gut den Zeitgeist von aktuellen Serien trifft, und Srar Trek damit richtig im 21. Jahrhundert angekommen ist. Aus meiner Sicht kann man es eben nicht mit einer 50 Jahre alten Serie vergleichen, die wesentlich mehr Schwächen hatte als Discocery (siehe bspw. die Folge Spocks Gehirn). Freuen wir uns doch, dass es endlich wieder Neues von Star Trek gibt! Ich freue mich jedenfalls schon auf Staffel 4!
“sehr gut den Zeitgeist von aktuellen Serien trifft” -> Nur dass das nicht unbedingt positiv sein muss.
Man kann es nicht richtig vergleichen, aber die Anzahl der Schwächen dann doch. Alles klar.
Danke für die Rezension, trifft es aus meiner Sicht ganz gut. Mir ging es ähnlich, nach den ersten drei Folgen dachte ich: wirst du noch Fan??? Und jetzt: Die vierte Staffel schaue ich mir nicht an. Diese dritte Staffel war so ein Setzkasten der Beliebigkeit der Drehbuchautoren. Jeder wollte vielleicht mal ein bisschen „Star Trek“ bringen. Zum Schluss dann immerdasselbe Muster: Bilder, Musik und Burnham über alles. Mir ist das Zuwenig. Vor allem fehlt mir inzwischen komplett die Identität dieser Serie und eine Identifikation mit derselben. Sollten sie „Burnham, the omnipresent, crying Savor“ nennen. Noch mal anschauen? Sicherlich nicht. Ich… Weiterlesen »