Wir werfen einen Blick auf einen weiteren TNG-Relaunch-Roman, der diesmal eine Geschichte in Trek-Tradition präsentiert. Achtung, Spoiler.
Inhalt (Klappentext):
Die Vergangenheit kehrt zurück, um Captain Jean-Luc Picard zu verfolgen: Ein längst vergessen geglaubtes Verbrechen wurde aufgedeckt, und er muss sich zur Erde begeben, um sich für seine Rolle in einer Verschwörung zu verantworten, die einige als Verrat bezeichnen. In der Zwischenzeit wird die U.S.S. Enterprise ausgesandt, um Piraten zu ergreifen, die eine lebenswichtige Technologie aus einer einsamen Wissenschaftskolonie gestohlen haben. Doch der amtierende Captain Commander Worf stellt fest, dass die Piraten andere Motive haben, als es den Anschein hat, und dass man manchmal das Gesetz missachten muss, wenn man für Gerechtigkeit eintreten will …
Kritik
„Kollateralschaden“ dürfte einer der letzten Romane sein, der die Ereignisse aus „Picard“ ignoriert. Er erschien 2019, also noch vor der ersten Staffel der Serie. Allerdings war inzwischen Discovery auf dem Markt und so spürt man, wenn auch mit einiger Verzögerung, dass die dort eingeführten neuen Gimmicks nun auch in den Buchkanon Einzug gehalten haben. Reparaturdrohnen, Hologramme, die im Raum schweben bzw. bei den Konsolen herhalten und Holokommunikatoren – all das findet man nun auch im Buch.
Doch etwas anderes ist noch bemerkenswert. Denn zwei Protagonisten werden in der Ich-Form erzählt. Da ist zum einen der aus TNG Staffel 2 bekannte Captain Okona, der hier ein Comeback feiert, sowie der Bösewicht, der gleich zu Beginn in der Ich-Form einsteigen darf (und einen scheinbar klassischen Racheakt der Handlung zugrunde legt). Schaden tut dies dem Band nicht und das beabsichtigte komödiantische Element bei Okona kommt so noch besser zur Geltung.
Überhaupt baut die Geschichte vor allem auch auf dem auf, was zuvor in den Romanen etabliert wurde, allen voran Picards Gerichtsverhandlung wegen seiner Involvierung in Sektion 31-Angelegenheiten. Deutsche Leser konnten diese Story indes noch nicht lesen, erschien sie doch in der „A Time to“-Reihe, die bislang nicht übersetzt wurde. Aber die ganzen Relaunch-Bände liegen immerhin soweit auf Deutsch vor.
Die Haupthandlung der Story findet dabei auf zwei Ebenen statt. Da sind zum einen die erwähnten Rachegefühle der Nausikaaner und auf der anderen die Gerichtsverhandlung um Captain Picard. In beiden Erzählsträngen werden die Charaktere gut dargestellt und durchlaufen auch die ein oder andere Entwicklung. Vor allem das Ende steht dabei in guter Trek-Tradition, doch dazu kommen wir gleich.
Beginnen wir zunächst mit der Verhandlung um Picard, die wohl das spannendste an der Geschichte ist, obwohl für jeden Fan sicher von vorneherein klar ist, wie diese ausgehen wird. An dieser Stelle muss gespoilert werden und erwähnt werden, dass es am Ende genau so kommt. Picard erhält desweiteren sogar ein lebenslanges Beförderungsverbot – etwas, das schon vor zwei Romanen als mögliche Strafe für ihn angedeutet wurde. Und das inzwischen durch „Picard“ (Die Serie) ad absurdum geführt wurde.
Schade an diesem Strang ist auch, das Philippa Louvois, die man schon aus TNG kennt, hier ziemlich bissig reagiert und Picard unbedingt ruinieren will. Einen Roman vorher hatte sie noch gesagt, dass sie eigentlich nicht an Picards Schuld glaubt. Ein klarer Bruch mit dem Charakter, der vor allem mehr ins Gewicht fällt, wenn man kurz vorher den Vorgänger gelesen hat. Dafür ist diesmal Akaar noch mehr auf Picards Seite und will ihn retten. Kann man drüber hinwegsehen, vor allem da es einige schöne Winkelzüge während der Verhandlung gibt.
Der zweite Erzählstrang beginnt etwas langweiliger, mausert sich aber im weiteren Verlauf ebenfalls zu einer interessanten Episode. Was zunächst wie ein typischer „die Föderation ist an allem Schuld“-Racheplan entpuppt, erhält im weiteren Verlauf sehr viel Tiefe und wird – sehr positiv – in Trek-Tradition aufgelöst. Action gibt es zwar, aber die ist überschaubar – auch wenn man sich fragt, warum die Enterprise es nicht schafft, der Husnock-Waffe auszuweichen, immerhin war man ja darauf vorbereitet. Aber damit kann man zur Not noch leben.
Die eher uninteressanten Teile der Handlung sind hierbei eher LaForges Bemühungen, eine Station vor dem Schmelzen zu bewahren. Obwohl ja heutzutage das Überleben der Charaktere nicht mehr unbedingt ein Muss ist, rechnet wohl keiner wirklich damit, das Geordi hier draufgeht. Deswegen braucht dieser Handlungsstrang auch etwas, um in Fahrt zu kommen, wobei eben das Auftauchen von Okona und Naomi Wildman (die aber bestenfalls 18 sein kann und da schon den Rang eines Lieutenants inne hat!) hier durchaus etwas Lockerung verschafft.
Erst als die Föderation realisiert, dass man die Nausikaaner im Stich gelassen hat, findet ein Umdenken statt. Denn wie Worf richtig sagt, sollte man besser sein als das – und ist es in Folge auch. Denn der Konflikt wird unblutig beendet, als Worf zu dem Anführer der Bösewichte durchdringen kann. Die bekommen dann sogar eine neue Welt. Etwas schade vielleicht, dass der Anführer der Piraten nicht noch zur Rechenschaft gezogen wird, das tut der guten Lösung aber keinen Abbruch. Denn dass man gemeinsam nach vorne schaut und nach Frieden strebt, ist eine zeitlose Botschaft. Ebenso, dass man diplomatisch Verständnis füreinander aufbringt. Einfach ein großartiger und passender Twist an dieser Stelle.
Fazit
Obwohl es an manchen Stellen Mängel gibt, überzeugt vor allem das Trek-typische Ende, das hier umgesetzt wird und (fast) ohne Action auskommt. Wer also den Geist von Star Trek leben (bzw. lesen) will, wird mit diesem Buch gut bedient.
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Information: Ein Exemplar dieser Ausgabe wurde dem Autor vom Verlag zum Zwecke der Rezension kostenlos überlassen.
Quick-Infos
Autor: | David Mack |
Originaltitel: | Collateral Damage |
Jahr der Veröffentlichung (Original): | 2019 |
Übersetzer: | Bernd Perplies |
Seitenanzahl: | 488 |
Preis: | 15.- Euro |
ISBN: | 978-3-96658-323-7 |
Verlag: | Cross Cult |