Wir nehmen den Staffelauftakt der dritten Season von “Star Trek: Discovery” unter die Lupe und sehen mal, ob es der befürchtete Weltuntergang oder doch der titelgebende Hoffnungsschimmer der Serie geworden ist.
Achtung, SPOILER!
Auf zu neuen Ufern
“Ein Zeichen der Hoffnung“ ist also die erste Folge der dritten “Discovery”-Staffel und mit dem Sprung in die Zukunft setzt man große Erwartungen, denn man betritt in der Trek-Geschichte quasi Neuland. Zunächst gibt es aber noch einmal eine Zusammenfassung der zweiten Staffel zu sehen, bevor wir dann einen zunächst unbekannten Föderationsoffizier sehen, der tagein, tagaus in sein Büro geht.
Dabei wird auch gleich der technologische Fortschritt deutlich: Die Möbel schweben jetzt, Konsolen sind interaktiv und bilden sich individuell nach Wunsch (und möglicherweise Gedankenkraft?). Selbst das Zähneputzen geht nun vollautomatisch (das hätte es schon im 24.Jahrhundert tun sollen, aber zumindest bei “Discovery” wurde in den vergangenen Staffeln ja gezeigt, das es noch mit Handarbeit erledigt wird). Und auch Tarnvorrichtungen scheinen inzwischen gang und gäbe zu sein, während Waffen aus der Hand “wachsen” oder sich zumindest manifestieren können. Zudem hat jeder einen persönlichen mobilen Transporter.
Warum ich das alles gesondert erwähne? Im Gegensatz zu meinen Kollegen sehe ich es nicht ganz so negativ, was die “Future Tech” angeht und kann (im Augenblick noch!) mit der Weiterentwicklung leben. Klar, vielleicht sollte es ein Stück weiter sein, vielleicht aber auch nicht. Hier hängt auch vieles an der Vorstellungskraft. Und man darf nicht vergessen, dass es vor 120 Jahren eben diesen katastrophalen “Brand” gegeben hat, der die Technologie mit Sicherheit wieder ein Stück weit zurückgeworfen hat. Möglicherweise wird da in Zukunft also noch mehr daraus gemacht oder gezeigt. Wie gesagt: für mich akzeptabel!
Die Galaxis nach dem “Brand”
Was man von der Zukunft erfährt, passt auch ins Bild, denn Burnham landet im Jahr 3188, etwa 120 Jahre nach dem “Brand”. Und im Jahrhundert zuvor hatte die Föderation eben noch existiert, wie wir noch aus “Enterprise” wissen. Der Zeitreisende Daniels kam nämlich aus dem 31. Jahrhundert und auch Archer reiste in einer Folge dorthin. Im Übrigen werden auch die “Temporalen Kriege” erwähnt, möglicherweise ist sogar der “Temporale Kalte Krieg” aus “Enterprise” gemeint. Auch diese Aussage wird dem etablierten Kanon also gerecht. Doch offenbar hat irgendjemand – wer genau werden wir hoffentlich noch erfahren – eine Möglichkeit gefunden, die Dilithiumkristalle der Galaxis in die Luft zu jagen. Die Kristalle sind nun übrigens rot. Dieses explosive Ereignis hat dann schlussendlich zum Zusammenbruch der Föderation geführt.
Witzigerweise hatte ich ein recht ähnliches Szenario bereits 2004 in einem “Star Trek”-Rollenspiel gespielt, inklusive rotem Dilithium. Aber das nur am Rande.
An dieser Stelle wäre es eigentlich recht interessant gewesen zu erfahren, ob es wirklich nur die Föderation so hart getroffen hat oder ob auch andere Reiche beziehungsweise Großmächte vom “Brand” in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Über die anderen bekannten Großmächte der Galaxis erfahren wir an dieser Stelle aber natürlich erst einmal sehr wenig – oder auch gar nichts. Rein theoretisch müsste dieser “Brand” aber alle Mächte betroffen haben. Okay, vielleicht nicht unbedingt die Romulaner, denn die nutzen bekanntlich künstliche schwarze Löcher als Energiequelle. Hoffentlich wird auch das im Laufe der Staffel noch ausgebaut. (Wir werden dann in 13 Wochen auf diese Worte zurückblicken und Bilanz ziehen).
Als kleine Vermutung für die Zukunft: Die Discovery wird sich als eine Art “Trojanisches Pferd” erweisen, denn mit dem Sporenantrieb ist man unabhängig vom Dilithium und das Myzel-Netzwerk dürfte sich inzwischen erholt haben. Aber derartige Vermutungen wurden ja bereits zum Ende der zweiten Season geäußert.
Auch hier werden wir sehen müssen, wohin die Reise geht. Immerhin scheinen die Macher seit “Lower Decks” und Tendi Gefallen an den Orionern gefunden zu haben, da diese auch hier wieder verstärkt eingesetzt werden. Mal sehen, ob jemand weiß, dass es im Kanon (“TAS” sei Dank) auch grauhäutige Orioner gibt. Übrigens: Visuell sind sowohl die Orioner als auch die Andorianer – und auch die anderen bekannten Spezies – gut umgesetzt worden.
Crashham
Doch zurück zum Geschehen. Burnham stürzt auf einem Planeten ab und nimmt gleich mal Books Schiff mit. Visuell ist das wieder gut in Szene gesetzt und das Raumgefecht auch recht kurz. Auch schön, dass man den Absturz mal gezeigt hat. Nicht immer üblich in solchen Serien oder Szenen. Und bei den Registriernummern der Trümmer werden sicher einige Fans auf Standbild schalten und weiter fleißig spekulieren. Warum Burnham den Anzug aber gleich zerstört (und damit wohl auch das Sphärenwissen), erschließt sich mir nicht so ganz. Sollte dieser dank des Stoppens von Control nicht save sein? Und wäre der Zeitanzug nicht insbesondere in dieser Zukunft ein wichtiges Hilfsmittel gewesen?
[Anmerkung: Wie ich inzwischen erfahren habe, musste das letzte Signal für Spock gesetzt werden. Das hatte ich tatsächlich nach der zweiten Staffel schon wieder vergessen]
Aber gut, zu Fuß geht es zu Books Schiff, das aus Budgetgründen zu 90 Prozent getarnt erscheint. Ähem, ich meine natürlich, damit wir mehr von den Landschaftsaufnahmen haben. Zum Glück ist Burnham nicht so blöd, nach dem ersten Auftauen gleich ihre ganze Geschichte preiszugeben. Da hatte ich an dieser Stelle Schlimmeres befürchtet. Dass zufällig ein Handelsmarkt in der Nähe ist, muss man dann auch so schlucken. Um mal Burnham vom Ende zu zitieren: “Jetzt gibst du mir das Ding erst?” Das dachte ich im weiteren Verlauf der Folge auch, als man die persönlichen Transporter gezeigt hat. Und haben Schiffe keinen Transporter mehr? Gibt es nur noch diese persönlichen Dinger?
Aber gut, Book war hier wohl noch nicht vertrauensselig genug und außerdem musste man auch noch etwas Landschaften zeigen – man war ja immerhin zum Drehen da. Im Handelsmarkt sehen wir dann auch die erwähnten Waffen, die sich wohl an den Händen bilden können (was später die Frage aufwirft, wie Book und Burnham diese einfach so “nehmen” können). Auch hier hoffe ich auf mehr Details in den späteren Folgen. Der kleine Trick mit der Wachüberlistung klappt allerdings und auch wenn man sich um etwas Variation bemüht hat, die Szene schreit förmlich nach Klischee.
Der Wermutstropfen: Trek-Truppen
Burnham wird natürlich zunächst überrumpelt und dann sogleich verhört. Hätte sie hier Book gleich verraten, wie sie es wenig später unter Drogen tut, hätte ihr der ganze Trip erspart bleiben können. Wie wäre es zur Abwechslung mit der einfachen Erklärung gewesen, dass man nicht wusste, dass hier der Tresor ist? Aber das war wohl zu einfach, weswegen Burnham rumdrucksen darf, immerhin braucht man einen Vorwand, sie unter Drogen zu setzen. Und im Ernst? Die Wachen wollen Kaffee trinken gehen, weil es nicht schnell genug wirkt, bleiben dann aber doch da, weil es doch wirkt? Ich hoffe sehr, das war nur eine Taktik à la “Guter Cop – Böser Cop”, sonst wäre die Szene wirklich oberdämlich.
Kurz keimt dann Hoffnung auf, als Burnham von ihrer Fokussierung spricht. Bricht die vulkanische Erziehung durch, kann sie der Droge widerstehen? Natürlich nicht! Und so plappert sie munter drauf los und erzählt allen ihre Story. Okay, die Wachen, die es hören, überleben die Folge nicht, aber was ist mit den allgegenwärtig herumfliegenden Kameradrohnen der Marktchefs? Und auch so wird womöglich aufgezeichnet, das können heutige Tresore doch auch schon. Hoffentlich wird das an der Stelle aufgegriffen und Bösewichte machen sich das später zunutze.
Jetzt geht’s aber erstmal wieder zurück zu Book. Und was dann folgt, sind die wohl peinlichsten Szenen der ganzen Folge. Dabei geht es noch gut los: kämpfen, verstecken… und dann… ja dann… rennen wir über einen Gang auf die andere Seite, während er von Feindfeuer eingedeckt wird. Und was soll ich sagen? Während die Schüsse der Helden halt dauernd sitzen, treffen die Bösewichte nicht ein einziges Mal. Selbst später, als die zwei sich auf eine weite Ebene beamen und die Bösewichte hinterherrennen, wird nicht getroffen. Ihr wisst schon: offene, weite Ebene – keinerlei Deckung? Da machen die Wachmänner den Sturmtruppen alle Ehre und dürfen sich fortan Trek-Truppen schimpfen! Aber halt, wir wollen fair sein: Burnham kassiert wenigstens einen Streifschuss, weswegen Book später dann auch noch eine neue Fähigkeit zeigen darf.
Trotzdem metzeln B&B, wie wir unser Traumpaar fortan süß nennen wollen, fleißig Wachen um. In der Zukunft gibt es anscheinend keine Betäubungseinstellung mehr. Okay, auch hier wollen wir fair sein: Man hatte bestimmt keine Zeit, diese zu suchen. Aber dass selbst Burnham angesichts dieser Metzelei kalt bleibt, hat mich angesichts des ganzen Sternenflotten-Pathos dann doch etwas gestört. Das ist jedenfalls nicht der Weg, um Frieden zurückzubringen, auch wenn man hier noch auf Notwehr plädieren kann – und es vermutlich nächste Woche ohnehin keinen mehr interessieren wird.
Überdies eliminieren die Wachen dann auch gleich noch Books Kollegen, weil sie die Fracht für sich selber haben wollen. Auch hier muss man sich fragen, ob der Kerl das sich nicht vorher hätte ausrechnen können? Andererseits, der Schlauste scheint er nicht gewesen zu sein und so kommt es zu einem Auftauchen der Trancewürmer, die wir aber nicht sehen, weil wir wie B&B die Augen zumachen.
Äh nein, natürlich nicht, wir als Zuseher lassen sie offen. Warum B&B sie aber zumachen sollen, nur um sie 10 Sekunden später wieder aufzumachen, erschließt sich mir nicht. Es ist an der Stelle wirklich nichts passiert, was einen hätte erblinden lassen und unser liebes Würmchen lässt am Ende noch gut mit sich reden, was bei geschlossenen Augen wohl nicht geklappt hätte.
Das Finale
Am Ende erweist sich Book doch noch als sympathisch, was aber abzusehen war, da er sich ja offenbar der Crew anschließt. Die Discovery kann nämlich wahrscheinlich erst später ankommen, wie wir kurz darauf erfahren werden. Aber auch das wissen wir schon aus den Trailern. Zunächst aber outet sich Book als waschechter Tierschützer und weckt so nicht nur bei Burnham Sympathien. Der “rote Planet”, auf dem man sich befindet, weckt übrigens Assoziationen zu Nibiru aus “Into Darkness” – für alle, die es schon wieder vergessen haben.
Zu guter Letzt darf Burnham aber noch einen Föderationsoffizier aufsuchen (den Mann vom Beginn der Episode). Dieser wartet übrigens schon seit 40 Jahren in einer einsamen Relaisstation am Rande des Menschenraumes auf einen patentierten Sternenflottenoffizier. Und dann kommt Cylo-Burnham daher und… Oh sorry, Moment, falsches Franchise! Aber ich muss zugeben, die Szene hatte durchaus was, obwohl Burnham wieder als letzte Hoffnung der Galaxis zelebriert wird. Aber allein das Auspacken und Aufhängen der Flagge zu stimmungsvoller Musik verspricht doch, dass die Staffel noch interessant werden könnte. Dass da nur sechs Sterne auf derselben sind, sehe ich jetzt nicht als kritisch an, denn auch schon früher waren darauf nicht alle 150 Mitgliedswelten mit einem eigenen Stern abgebildet gewesen.
Da ist der Scan nach der Discovery schon eher mit Vorsicht zu genießen. “Ich kann mit den Sensoren nur 600 Lichtjahre abdecken.” Okay, 32. Jahrhundert und so halt, da gibt es einen kleinen Technologievorschuss, aber Burnhams Frage nach weiteren Quadrantenscans wirkt erschreckend. Denn selbst im 23.Jahrhundert konnte man nicht die ganzen 50 000 Lichtjahre der Galaxis abscannen. Man kann vielleicht die Föderationsschiffe anpingen und Rückantwort über die Positionen erhalten, aber ein kompletter Scan erscheint mir da doch weit hergeholt. Anders ausgedrückt: Die Discovery so zu finden, wäre für mich von vorneherein keine umsetzbare Gangart.
Aber halt, ich erzähle ja schon wieder was Falsches. Denn in Season 2 konnte man die roten Signale in der ganzen Galaxie orten – Zehntausende von Lichtjahren entfernt. Okay, es geht also wohl doch irgendwie. (Hätten die dann im 23.Jahrhundert nicht auch schon von den Borg erfahren können?). Manche Sachen – wie etwa auch das oben angesprochene Verhalten der Wachen – muss man an der Stelle einfach so hinnehmen. Solange sich diese Fehler nicht wieder zu einer Unlogik-Show wie in Season 2 auftürmen, ist auch alles noch im Lot bzw. kann man darüber hinwegsehen.
Fazit
Der Auftakt zur dritten Staffel ist nicht der befürchtete Totalausfall geworden, als den einige ihn schon gerne sehen würden. Auch “Cryham” hat in der Folge noch nicht genervt, die ‘tränenreichen’ Szenen ergaben sich diesmal aus der Handlung und waren gut eingebettet. Allerdings gibt es an vielen Stellen noch Luft nach oben. Andererseits ist ja auch die Discovery noch nicht im Spiel. Lassen wir uns also überraschen, wohin die Reise geht. Lust auf mehr habe ich nach dieser Folge allemal.
Bewertung
Handlung der Einzelepisode | [usr 4 max=”6″] |
Stringenz des staffel- und serienübergreifenden Handlungsstrangs | [usr 4 max=”6″] |
Stringenz des bekannten Kanons | [usr 4 max=”6″] |
Charakterentwicklung | [usr 2 max=”6″] |
Spannung | [usr 4 max=”6″] |
Action & Effekte | [usr 5 max=”6″] |
Humor | [usr 4 max=”6″] |
Gesamt | [usr 4.5 max=”6″] |
Episoden-Infos
Episodennummer | 30 (Staffel 3, Episode 1) |
Originaltitel | That Hope Is You |
Deutscher Titel | Ein Zeichen der Hoffnung (Teil 1) |
Erstausstrahlung USA | Donnerstag, 15. Oktober 2020 |
Erstausstrahlung Deutschland | Freitag, 16. Oktober 2020 |
Drehbuch | Michelle Paradise, Jenny Lumet, Alex Kurtzman |
Regie | Olatunde Osunsanmi |
Laufzeit | 53 Minuten |
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Ich fand den Staffelauftakt soweit ganz in Ordnunng. Ich finde es auch unverzeihlich, dass Burnham unzählige Wächter ohne mit der Wimper zu zucken desintegriert. Das man keine Zeit hatte nach der Betäubungseinstellung zu suchen lasse ich für Bürnham nicht gelten. Sie hatte die ganzen Zeit einen funktionsfähigen Phaser bei sich!
Warum sie die Augen geschlossen haben? Ganz einfach, das Vieh hatte einen kurzen Glimmereffekt in den Augen, der wohl andeuten sollte, dass da jetzt etwas vor sich geht. Da die Wächter sich danach fast wie in Trance fressen lassen haben zeigt wohl deutlich, warum die zwei die Augen geschlossen haben.
Wenn man böse ist, könnte man sagen: Er hatte auch nie doofe andere Mitarbeiter am Hals, die nerven. Und keine Frau und Kinder *hust* 😀 Ach und keine Computer, die ständig Updates brauchen, wie auch ohne “Empfang” des intergalaktischen Internets.
Eine Serie für die ganz Einfältigen, da bleibt Discovery sich treu.
Danke für die Rezension.
Stimme teils zu, teilweise zu Ntty Kritty. Ich in fand die Darstellung der Zukunftstechnologien ordentlich.
Book war eher das Highlight der Folge. Burnhams “Gefühlsausbrüche” und “tieftraurig” zu sein war nicht gut in Szene gesetzt. Von einem Sternenflottenoffizier erwarte ich mehr. Da war der Wackere, der seit 40 Jahren wartet und nicht aufgibt, ein gutes Beispiel.
Aber alles in Allem guter Start, wie gesagt 4.
Vielleicht konnte der Typ ja auch nicht weg von der fast zerstörten Raumstation. Wie auch ohne Raumschiff oder Dillithium 😉
Der Typ schaut trotz den 40 Dienstjahren noch recht jung aus. Scheinbar ist das Rentenalter im 32. Jahrhundert wesentlich höher als heute 😀