Nachdem die letzten beiden Folgen von “Doctor Who” eher Durchhänger waren, konnte man sich fragen, ob die Autoren es noch “drauf” haben. Achtung, massive Spoiler!
Zumindest für die fünfte Folge, das kann man an der Stille verraten, kann man diese Antwort mit einem “Ja“ geben – es geht nämlich doch noch.
Eine bewährte Formel…
Dabei beginnt alles eher nach Schema F. Denn die Autoren haben es sich leicht gemacht und einfach die Grundidee einer anderen Story nochmal benutzt. Was einmal funktioniert hat, muss ja einfach wieder funktionieren, oder etwa nicht? Zugute kommt dabei, dass der erste Auftritt der Judoon schon 12 Jahre her ist (in Staffel 3 war das), und dass die Nashorn-Aliens bislang eher spärlich eingesetzt wurden. Als Fan der Judoon darf sich auch der Rezensent an dieser Stelle mal outen, und in der Tat tauchen auch sofort die üblichen Sätze auf, wie „Du wirst katalogisiert“ oder auch das „No-to Fro-To“ (oder so ähnlich). Für Fans also Nostalgie pur, die im ersten Moment auch gut umgesetzt ist, aber reicht das aus?
Wie erwähnt, beginnt die Story eher wie gehabt: Flüchtling in einer Stadt, die wird diesmal immerhin nicht gleich entführt, sondern abgeriegelt. Der Doctor und seine Freunde kommen gerade noch so durch. Dabei werden die Judoon ein klein wenig umgeschrieben. Hatte man bisher den Eindruck, sie wären die galaktische Polizei, die vor allem durch brutalere Methoden auffällt, so kann man sie anscheinend immer anheuern, sofern man den Eindruck erweckt, man verfolgt ein gesetzestreues Ziel. Ob dieses Umschreiben zu quasi Söldnern hätte sein müssen, darf an dieser Stelle dahingestellt sein. Selbst wenn die Voraussetzungen nämlich falsch sind, halten die Judoon weiter an der Erfüllung ihres Vertrages fest.
Aber das sind letztlich nur kleine Tropfen auf dem heißen (Fan-)Stein. Ebenso wie es bei der Jagd ein paar Kanonenfutteropfer gibt. Das ist insofern schade, als diese zuvor schön aufgebaut werden, nur um dann eben schnell zu verpuffen – im wahrsten Sinne des Wortes. Star Trek Fans kennen das ja schon von ihren Red Shirts. Auch ein gewisser Beschützer gehört zu selbigen Opfern.
Und sie können es noch
Dass auch die Doctor wieder versucht, mit ihren Worten die Aliens zu überzeugen, ist nichts Neues, wirkt aber in dieser Folge nicht so aufgesetzt wie in den beiden zuvor. Tatsächlich funktioniert die Folge vor allem auf charakterlicher Ebene sehr gut. So taut der Doctor am Anfang etwas auf und erzählt seinen Begleitern von Gallifrey. Und so wie die Doctor zu ihnen steht, stehen sie am Ende der Folge unisono zu ihm. Diese Szenen sind einfach herrlich und zeigen, dass zwischen den vieren tatsächlich ein Band entstanden ist. Wie dieses irgendwann aufgelöst wird, wenn die Begleiter unvermeidlich den Doctor verlassen, wird sicher auch noch interessant zu sehen.
Zum Glück entwickelt die Folge auch noch eine neue Dynamik und wandelt nicht auf ausgetretenen Pfaden. Nachdem der Beschützer des „Opfers“ weg ist, wird es noch einmal richtig spannend und vor allem der Twist am Ende (zu dem wir gleich kommen) vermag zu gefallen. Zunächst entwickelt sich Ruth zu einer wahren Kämpferin und auch in der folgenden Actionszene (wie auch im Rest der Folge) hat man den Zoom weggelassen, so dass diese ganz gut rüberkommen. Aufgrund der späteren Enthüllung der wahren Identität von Ruth ist bereits diese Entwicklung fraglich, bzw. zum Mysterium passend.
Als weiteren Fanservice geht die Veränderung mit dem Chamäleonstuhl durch. Auch das hatten wir schon in Staffel 4 in Verbindung mit der FOB-Watch. Hier war eindeutig jemand am Werk, der seinen Kanon kennt. Und auch später, als enthüllt wird, dass Ruth der Doctor ist, muss man an der Stelle erstmal Luft holen. Okay, der Dcotor hat sich über ein Jahrzehnt eine Identität samt Ehemann (und wohl auch sexueller Beziehung) aufgebaut, die Fragezeichen werden dann aber noch größer, als keiner der beiden Doctoren sich kennt. Denn Ruth-Doc kommt aus des Doctors Vergangenheit… also was ist hier los? Wer pfuscht hier rum?
Vermutlich hat das etwas mit dem Zeitverlorenen Kind (aka. dem Season-Arc) zu tun – und es wurde auch Zeit, dass dieser Handlungsbogen mal langsam angezogen wird. Denn die Hälfte der Staffel ist bereits vorbei. Dementsprechend wird die große Frage nicht aufgelöst und die beiden Doctoren trennen sich, ohne zu erfahren, wie es weitergeht. Davon abgesehen ist die Dynamik der beiden Doctoren einfach herrlich anzuschauen und funktioniert auch ohne, dass Ruth eine vergangene Inkarnation ist.
Kredenzt wird das ganze noch mit weiterem Fanservice: Das TARDIS-Layout der Ruth-Doc entspricht dem klassischen Design aus Classic Who (Fanbonus) und auch der geheimnisvolle Auftraggeber bzw. Mittelsmann ist Gallifreyaner. Jap, das werden nur wenige wissen, aber nicht jeder Gallifreyaner ist zugleich Time Lord. Auch das wieder eine schöne Verbeugung vor Classic Who, die auch wiederum nur Hardcore-Fans etwas sagen dürfte. Aber hey, ich gebe zu, bei mir hat es funktioniert – genau wie der folgende Absatz.
Captain Jack is back
Es war ja auch schon zu mir durchgesickert, dass einer der beliebtesten Doctor Who-Charaktere – Jack Harkness – wieder einen Auftritt in der aktuellen Staffel haben wird. Ich wusste zwar noch nicht in welcher Folge, war dann aber positiv erfreut, dass es die vorliegende war.
Und ja, es war nur ein kleiner Cameo-Auftritt von vielleicht fünf Minuten, und ja, man hätte es vielleicht nicht wirklich gebraucht. Drehbuchmäßig war Jack nur da, um den Doc von seinen Begleitern zu trennen und diesen eine weitere Warnung für die Zukunft (Season-Arc!) mit auf den Weg zu geben. Das hätte natürlich auch jeder x-beliebige andere Charakter tun können. Aber trotzdem: John Barrowman nochmal in dieser Rolle zu sehen… das ist einfach Nostalgie pur und dementsprechend gefallen auch die Interaktionen mit den Begleitern.
Etwas schade vielleicht, dass sich Jack und die Doctor nicht von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen, aber das kann man ja vielleicht irgendwann noch nachholen. Anders ausgedrückt: Gerne mehr solcher Szenen!
Fazit
Eine mysteriöse Story, gute Charakterszenen und vor allem viel Fanservice, der Nostalgiegefühle weckt – hier stimmt einfach alles, da kann man über die paar kleineren Patzer hinwegsehen. Auf diesem Niveau kann es weitergehen.
Bewertung
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Episoden-Infos
Episodennummer | 291 (Staffel 12, Episode 5) |
Originaltitel | Fugitive of the Judoon |
Deutscher Titel | Im Taumel der Zeit |
Erstausstrahlung UK | 26. Januar 2020, BBC One |
Erstausstrahlung Deutschland | Donnerstag, 20. August 2020, FOX-Channel |
Drehbuch | Vinay Patel |
Regie | Nida Manzoor |
Laufzeit | 50 Minuten |
Einschaltquoten (England) | 5, 5 Millionen |
Die Stelle, wo die zwei diskutieren, ist genial