Auch den zweiten Band der Red Rising-Reihe sehen wir uns an! Und auch hier muss man einfach drüber sprechen.
Aber Achtung, Spoiler!
Inhalt (Klappentext):
Immer war Darrow stolz darauf, als Minenarbeiter auf dem Mars den Planeten zu erschließen. Bis er herausfand, dass die Oberschicht, die Goldenen, längst in Saus und Braus leben und alle anderen ausbeuten. Unter Lebensgefahr schloss er sich dem Widerstand an und ließ sich selbst zum Goldenen verwandeln. Nun lebt er mitten unter seinen Feinden und versucht die ungerechte Gesellschaft aus ihrer Mitte heraus zum Umsturz zu bringen. Doch womit Darrow nicht gerechnet hat: auch unter den Goldenen findet er Freundschaft, Respekt und sogar Liebe. Zumindest so lange ihn niemand verrät. Und der Verrat lauert überall.
Kritik
Nun ist es ja so, dass Sequels meist etwas weniger erfolgreich sind als die Vorgänger. Auch im Fall von “Red Rising” scheint es so, denn der zweite Band braucht etwas länger, um in Fahrt zu kommen als der Vorgänger. Aber gut, es war nach dem derart guten Buch ja auch kaum möglich, den Erfolg noch zu toppen, oder etwa nicht? In diesem Fall sollte ich allerdings nicht Recht behalten…
Dabei ist der Aufbau schon fast klassisch. Wir machen einen Zeitsprung von zwei Jahren und überspringen Darrows Zeit an der Militärakademie. Die Ausbildung dort wäre sicher auch langweilig gewesen und hätte wenig Neues zu bieten gehabt, also nichts, was man nicht schon in anderen Romanen gelesen hätte, daher war die Entscheidung an der Stelle sicher nicht schlecht. Auf der persönlichen Ebene ist es natürlich immer schade, denn so können durchaus ein paar Charakterentwicklungen auf der Strecke bleiben. So ist es auch hier: Der Held hat sich von seiner Freundin getrennt (die dafür mit seinem Erzfeind eine Affäre anfängt, was nicht nur beim Helden, sondern auch beim Leser für Zähneknirschen sorgt), allerdings hat er, wo er es vermochte, die alten Kameraden aus dem ersten Teil zu sich geholt. Das ist ihm nicht bei allen gelungen, aber immerhin bei einigen. Er hat seine Freunde also nicht vergessen. Zusätzlich gibt es noch einige neue Charaktere, wie etwa Victra, Antonias Schwester.
Letztere war im ersten Band eine hinterhältige und mörderische Frau, aber nichtsdestotrotz faszinierend. Ihre Schwester sieht nun wie sie aus, ist aber gut und steht bis zum Ende an der Seite des Helden – klischeebehaftete Liebesgeschichte inklusive. Antonias Charakter konnte man einfach nicht umbiegen, um sie konsequent in die Handlung einfügen zu können, der Kniff sei an der Stelle also verziehen und ist verständlich. Alles in allem findet man sich mit der neuen Ausgangslage recht schnell zurecht. Und natürlich muss Darrow zu Beginn auch erstmal scheitern und ordentlich auf die Fresse kriegen, damit er sich wie ein Phönix wieder erheben kann.
Dieser zweite Band braucht länger, um sich zu entfalten, statt hundert Seiten wie im ersten, braucht es diesmal fast doppelt so viele Seiten, bis sich der übliche Sog wieder einstellt. Und was soll man sagen? Brown schafft es erneut, eine Suchtspirale aufzubauen. Da gibt es Irrungen und Wirrungen, und Intrigen und Verräter, dass sich die Balken biegen. Bei einigen ist es offensichtlich bzw. sieht man als Leser die langsame Entwicklung. Bei anderen wird man, wie Held Darrow, richtig vor den Kopf geschlagen. Und ach ja, wen es interessiert: natürlich gehört auch die Affäre von Mustangs, Darrows Freundin, zu einem Plan.
Bei so vielen Entwicklungen ist es fast schon ein Wunder, dass man es schafft, den Überblick zu behalten, immerhin mischt auch das Oberhaupt diesmal mit. Persönlich bin ich ja eher kein Fan einer Ich-Erzählung, aber in diesem Band wird man einfach erneut mitgerissen und das mit einer Wucht, die dem ersten in nichts nachsteht. Ein paar überraschende Wendungen gibt es natürlich auch wieder, wobei findige Leser die ein oder andere (Stichwort: Ares) möglicherweise ahnen, andere aber wieder nicht. Hier ist es also genauso wie bei den Handlungssträngen um die Verräter.
Die erneut knapp 600 Seiten rauschen wie im Flug vorbei und am Ende knallt uns der Autor (wohl auch, weil er diesmal wusste, dass noch ein Teil kommt) einen Cliffhanger hin, der es in sich hat. (Und Heyne würzt das Finale noch zusätzlich mit einer mehrseitigen Leseprobe aus dem dritten Band, der am Ende folgt – widersteht und schnuppert nicht rein, kann ich da nur sagen).
Dass dies alles so wunderbar funktioniert, zeigt sich auch darin, dass man in einer bestimmten Szene (“Enthüllung”) wirklich auch Tränen vergießen muss. Es gibt nicht viele Romane, die das bei mir geschafft haben, daher sei an dieser Stelle noch einmal extra Respekt gezollt. Sicher könnte man nun noch einiges mehr über dieses Buch schreiben, aber eigentlich sollte das jeder für sich selbst erleben.
Nur eine Sache sei noch erwähnt, die ich anhand von (vorsichtiger, sprich: spoilerfreier) Recherche herausfinden konnte: 2016 verkaufte Brown wohl die Filmrechte, leider wurde aus diesem Projekt nichts und es ist stattdessen in eine Serienproduktion übergegangen, mit einem anvisierten Start von 2021 oder 2022. Und ja, ich will diese Geschichte in irgendeiner Form auf der Mattscheibe sehen und kann es daher kaum erwarten!
Fazit
Der zweite Band schafft es, nach einem etwas langsameren Start, schnell zum Niveau des Vorgängers aufzuschließen und dieses auch zu halten oder gar zu übertrumpfen. Nicht vielen zweiten Teilen gelingt das. Natürlich muss man auch hier die Geschichte mögen und sich erneut auf das Intrigen- und Verwirrspiel in der schmutzigen Zukunft einlassen. Wer aber dem ersten Band nicht völlig abgeneigt war, der wird auch mit dem zweiten voll auf seine Kosten kommen. Die Pläne, erstmal wieder andere Bücher einzuschieben, bevor es mit Band drei weitergeht, muss ich wohl aufgeben ;). Höchstwertung, ganz klar!
[usr 5]
Quick-Infos
Autor: | Pierce Brown |
Originaltitel: | Red Rising – Golden Son |
Jahr der Veröffentlichung (Original): | 2015 |
Übersetzer: | Bernhard Kempen |
Seitenanzahl: | 575 |
Preis: | 12.99.- Euro |
ISBN: | 978-3-345353-442-1 |
Verlag: | Heyne |