Burnham und Spock setzen Kurs auf Talos IV, und eine fremde Macht hat Airiam infiltriert. Mit diesen tollen Zutaten startet “Star Trek: Discovery” in die achte Episode und damit die zweite Hälfte der zweiten Staffel.
Ob der Trip gelungen ist, erklärt unsere spoilerfreie Kurz-Rezension.
Story
Spocks und Burnhams Ausflug zum verbotenen Planeten steht im Mittelpunkt der Episode aus der Feder der beratenden Produzenten Dan Dworkin und Jay Beattie. In 54 Minuten Spielzeit bleibt aber genug Raum, um viele lose Enden einzusammeln und weiter zu erzählen.
Um die größte Angst vorweg zu nehmen: Der Ausflug auf Talos IV ist großartig umgesetzt. Die Episode geht äußerst respektvoll mit dem etablierten Kanon um. Allerdings wird die Folge nicht jene Kritiker zufriedenstellen können, die in dem Ausflug reinen Fan-Service sehen. Dafür sind die Verbindungen zu “Der Käfig”/”The Cage” und “Talos IV, Tabu”/”The Menagerie” nicht zwingend genug.
Das gilt im Übrigen auch für den Rest der im Grunde sehr soliden Episode. Überraschende Wendungen hat die Geschichte nämlich leider keine zu bieten, wenn man bereits den Trailer gesehen hat. Auch sonst passiert in der äußeren Handlung ziemlich viel Vorhersehbares.
Schade, denn die Illusionskraft der Talosianer hätten die Autoren deutlich kreativer nutzen können, als wir es hier präsentiert bekommen (oder das dicke Ende kommt erst noch). Auf der anderen Seite klaffen auch keine unentschuldbaren Story-Löcher und die Handlung schreitet an allen Fronten konsequent voran.
Dialoge und Figuren
Wenn man nach überdurchschnittlichen Momenten sucht, wird man wie immer bei der durchweg exzellenten Besetzung fündig. Das Rätsel um Spocks und Burnhams zerrüttetes Verhältnis wird endlich aufgelöst. Das ist einerseits großartig gespielt, andererseits angesichts der aufgebauten Fallhöhe inhaltlich ziemlich dürftig.
Die Episode kehrt auch wieder zur Beziehung zwischen Tyler und Pike zurück, die nach der oberflächlichen Behandlung in “Licht und Schatten” nun tatsächlich mehr Substanz erfährt. Leider bleibt auch hier die Charakterentwicklung seltsam folgenlos für einen Schlüsselmoment der Episode.
Endlich nimmt sich diese Episode Zeit für Hugh Culber. Zuletzt haben wir den Rückkehrer aus dem Myzelnetzwerk vor zwei Episoden gesehen, und eine Weiterentwicklung dieser Handlungsfacette war überfällig. Was das Trio Wilson Cruz, Anthony Rapp und Shazad Latif hier abliefern, geht wirklich unter die Haut, ist gleichzeitig eine pure Freude und herzzerreißend.
Am Rande sehen wir, wie sich der Konflikt zwischen Leland und Georgiou zuspitzt, und erahnen langsam, welche Konsequenzen Saru’s Metamorphose haben könnte. Nach Wochen der Abwesenheit tritt übrigens Commander Nhan in einem entscheidenden Moment endlich wieder in Erscheinung. Unerwartet, aber Klasse!
Der Humor kommt diese Woche ein wenig kurz, wobei Burnham und Spock in einem kurzen Schlagabtausch demonstrieren, worauf wir uns vielleicht in den nächsten Wochen freuen können.
Inszenierung
Nach “Der Wolf im Inneren”/”The Wolf Inside” verantwortet TJ Scott nun die zweite Episode für “Discovery”. Es gibt viele positive Aspekte lobend zu erwähnen. Die Folge zitiert selbstverständlich von Vorne bis Hinten “The Cage”. Am offensichtlichsten bei der großartigen Eröffnung der Episode, die an dieser Stelle nicht verraten werden soll. Aber auch in vielen kleinen Details über Spezialeffekte bis hin zum Sounddesign würdigt die Episode ihr Erbe.
Produktionsdesign (diese Sets! Diese Kostüme!), Effekte und Klangkulisse sind schlicht und ergreifend mit das Beste, was derzeit auf der Mattscheibe zu finden ist.
Rahmenhandlung
Wie schon letzte Episode erfüllt “If Memory Serves” im Sinne der Rahmenhandlung eine notwendige und leider auch sehr vorhersehbare Rolle. Nachdem die Suche nach Spock die erste Hälfte der Staffel praktisch lahmgelegt hat, ist es jetzt unausweichlich, dass sich “Discovery” von viel aufgestautem Ballast befreit. Wer hier hofft, dass die Auflösung aller Handlungsstränge in ihrer Brillanz der langen Wartezeit gerecht wird, muss zwangsläufig bitter enttäuscht werden. Die Folge klopft viele offene Fragen rund um Spock ab und liefert erstaunlich oft die naheliegendsten oder rein funktionale Antworten.
Alles, was wir hören, ist weitgehend plausibel, bietet aber wenig Befriedigung angesichts der unvermeidlich hohen Erwartungen. Ebenfalls schade: Den Talosianern scheint keine weitere Rolle im Rahmen der Haupthandlung zugedacht zu sein. Mehr noch, ihre Fähigkeiten werden vorwiegend eingesetzt, um die Staffel binnen einer Episode aus der Ecke zu befreien, in die sie sich selbst in der ersten Hälfte geschrieben hat. Die ältesten Aliens des Kanons verdienen eigentlich mehr Respekt.
Beobachtungen
- Einer der uninspirierteren deutschen Titel in jüngerer Vergangenheit
- Diese Episodeneröffnung! Pures Gold!
- Das schwarze Loch ist recht akkurat dargestellt.
- Talos IV erinnert mich irgendwie an Harlak. Gleicher Steinbruch?
- Vinas Gaderobe. Am Weltfrauentag. ’nuff said.
- Ich frage mich, was Vina eigentlich den ganzen Tag so auf Talos IV treibt. Wie beschäftigt man sich, wenn die Talosianer nur das eigene Gehirn für Illusionen anzapfen können? Können sie und “Virtual Pike” sich irgendwie als Menschen weiterentwickeln? Ein Familienleben führen? Gibt es ein imaginäres Kind? Wie liebt man eine Familie, die nur der eigenen Wunschvorstellung entspringt?
- Spock auf dem Eisplaneten. So 2009.
- Die Drohnen in der Schiffsmesse sind Marke “Reno-Eigenbau”.
- Böse Airiam, böse Airiam (kann wahrscheinlich nix dafür, aber trotzdem)
- Hört auf, in Orbits zu warpen, das kann übel enden!
- Hey, Nhan, altes Haus! Wie geht’s?
- Das Ende ist ja mal unschlagbar kreativ. Hat jemand Jack Bauer oder Ethan Hunt gesehen?
Fazit
Eine Folge mit tollen Zutaten und netten Einzelmomenten. So großartig die Umsetzung einiger Szenen ist, bleiben doch Schlüsselmomente weit hinter ihrem Potential zurück. Schade, nachdem man uns so lange hat warten lassen, hätte es alles etwas zwingender und stringenter aufgelöst werden dürfen. Super solide, aber mehr hat die A-Handlung nicht zu bieten. Als echter Höhepunkt bleibt die Weiterentwicklung der Culber-Storyline.
Mit Rücksicht auf andere Leser, die die Folge noch nicht gesehen haben, bitten wir, in den Kommentaren zu diesem Artikel auf Spoiler zu verzichten. Danke!
Bewertung
Handlung der Einzelepisode | [usr 4 max=”6″] |
Stringenz des staffel- und serienübergreifenden Handlungsstrangs | [usr 4 max=”6″] |
Stringenz des bekannten Kanons | [usr 3 max=”6″] |
Charakterentwicklung | [usr 5 max=”6″] |
Spannung | [usr 4 max=”6″] |
Action & Effekte | [usr 4 max=”6″] |
Humor | [usr 2 max=”6″] |
Intellektueller Anspruch | [usr 3 max=”6″] |
Gesamt | [usr 4 max=”6″] |
Episoden-Infos
Episodennummer | 23 (Staffel 2, Episode 8) |
Originaltitel | If Memory Serves |
Deutscher Titel | Licht und Schatten |
Erstausstrahlung USA | Donnerstag, 7. März 2019 |
Erstausstrahlung Deutschland | Freitag, 8. März 2019 |
Drehbuch | Dan Dworkin & Jay Beattie |
Regie | TJ Scott |
Laufzeit | 54 Minuten |
Mit den vielen Lens Flares war diese Folge für mich eine Katastrophe. So hat man eine doch recht solide Folge in meinen Augen komplett versaut. Dagegen war J. J. Abrahams ja ein Waisenknabe.