Unsere spoilerfreie Rezension wirft einen kurzen Blick auf die zweite Folge “New Eden” der zweiten Staffel von “Star Trek: Discovery”.
Story
Auf der Suche nach den roten Signalen trifft die Discovery auf einen fremden Planeten mit einem jahrhunderte-altes Rätsel. Während ein Landungsteam auf der Oberfläche nach Antworten sucht, muss die Crew im Orbit eine Katastrophe planetaren Ausmaßes verhindern.
Die Versatzstücke der Ausgangslage kennen wir bereits aus zahlreichen anderen Episoden wie z.B. “Fausrecht” (“North Star”), “Das künstliche Paradies” (“Masterpiece Society”) oder “Der Kommunikator” (“The Communicator”).
“New Eden” ist aber kein bloßer Remix abgenutzter Ideen. Getragen wird die Folge von ihren Charakteren und dem Mysterium des Roten Engels und seiner Signale. Die bekannten Elemente verwurzeln die Geschichte dafür fest im Kontext von “Star Trek”.
Leider leistet sich die Folge zum Ende einen gut gemeinten, symbolisch-sentimentalen Moment, in dem einer unserer Helden ohne Not mit einer wichtigen Regel der Sternenflotte bricht. Es steht zu befürchten, dass diese Entscheidung die Rezeption dieser Folge in Fan-Kreisen (zurecht) dominieren und das ansonsten sehr solide Drehbuch überschatten wird.
Dialoge und Figuren
Nachdem bereits bei der Staffelpremiere den bisher eher blassen Brückenoffizieren etwas mehr Platz eingeräumt wurde, wird diese erfreuliche Entwicklung fortgesetzt. Dieses Mal dürfen wir Lt. Joann Owosekum (Oyin Oladejo) als Mitglied des Landungsteams ein wenig besser kennenlernen. Aber auch Detmer (Emiliy Coutts) hat in dieser Folge wieder überdurchschnittlich viel zu tun.
Während Burnham diese Woche kaum persönliche Entwicklung mitmacht, lernen wir neue Seiten von Saru, Stamets und allen voran Tilly kennen. Besonders schön sind zwei rührende Szenen zwischen Saru und Tilly. Wir erfahren darüber hinaus auch noch Einiges über Pikes Hintergrund. Er scheint prädestiniert dafür zu sein, einen “Roten Engel” durch die Galaxie zu verfolgen, während Burnham ihn als rationaler Counterpart auf dieser Reise begleiten wird.
Es gibt auch wieder einige tolle One-Liner (“I was raised on Vulcan. We don’t do funny.” – Burnham) und die inzwischen obligatorische, gut geschrieben und gespielte Tilly-Quasselattacke. Insgesamt wirkt die Folge dennoch etwas ernster, was auch den spirituellen Untertönen geschuldet ist.
Produktion
Zum zweiten Mal führt für “Star Trek: Discovery” Jonathan Frakes Regie. Der Veteran (“Star Trek: First Contact”) hatte bereits exzellente Arbeit bei der zehnten Folge “Nur wegen dir” [sic!] (“Despite Yourself”) in der ersten Staffel geleistet. Ihm gelingt es, viele frische Perspektiven für ansonsten allzu vertraute Versatzstücke zu finden und auch ansonsten darf man von einer gelungenen Inszenierung sprechen.
Wie gewohnt bewegt sich die Produktionsqualität auf gutem Niveua. Und trotz der weniger action-lastigen Rahmenhandlung dürfen wir wieder über einige ungewöhnlich inszenierte und spektakuläre Effekte staunen.
Rahmenhandlung
Die Folge fungiert einerseits als klassische “Planet der Woche”-Episode, bringt jedoch andererseits auch die Rahmenhandlung um die sieben Signale voran. Nach dem Trailer war etwas Skepsis angebracht, ob “New Eden hier konsequente Fortschritte machen würde. Erfreulicherweise werden alle angerissenen Handlungstränge aufgegriffen und vertieft: Rote Signale, Sporenantrieb, Dunkle-Materie-Asteroid, Spock, Roter Engel.
Auf ein erstes Wiedersehen mit den Klingonen müssen wir indes weiterhin warten.
Beobachtungen
- Mit 44 Minuten ist “New Eden” nach ihrem extra langen Vorgänger wieder “im üblichen Maß”.
- Der Bereitschaftsraum des Kapitäns ist stark gewachsen.
- Arthur C. Clarkes drittes Gesetz findet Erwähnung in einem kurzen theologischen Diskurs.
- Die Kamera scheint nicht mehr jede Folge durch ein Fenster in oder aus der Discovery fliegen zu müssen. Erfreulich!
- Die Folge setzt 2053 als Jahr fest, in dem der Dritte Weltkrieg wütete.
- Wie Alex Kurtzman versprochen hat, setzt sich die neue Staffel sehr direkt mit dem Thema Religion auseinander. Sehr “on the nose”.
- “Donut-Manöver”. Ich freue mich auf Sammelkarten, T-Shirts, Mouse Pads, Socken und Lizenzgebäck.
- Schon wieder ein Easter Egg in Richtung Elon Musk: Offenbar werden künftig auch Schulen nach ihm benannt.
Fazit
Eine solide zweite Folge, der insbesondere ein schöner Spagat zwischen eigenständiger Geschichte und Kapitel in einer großen Erzählung gelingt. Viele Elemente der äußeren Handlung sind jedoch wohl vertraut und lassen trotz tadelloser Umsetzung wenig Spannung aufkommen. Das ist nicht weiter problematisch, da sich die Figuren durch die Geschehnisse weiterentwickeln und auch die Rahmenhandlung nicht an Fahrt verliert. Eine kontroverse Szene am Ende der Folge wird in Fan-Kreisen sicher viel diskutiert werden.
Sollte es sich als Dauerthema der Staffel etablieren, dann wäre es schön, die Debatte “Wissenschaft vs. Religion” mit mehr Finesse zu führen. “New Eden” schrammt hier einige Klischees und wird kaum einen Betrachter zu einer angeregten Debatte provozieren können.
Das sind unsere ersten Eindrücke. Am Wochenende folgt wie gewohnt unsere ausführliche Rezension.
Bewertung
Handlung der Einzelepisode | [usr 4 max=6] |
Stringenz des staffelübergreifenden Handlungsstrangs | [usr 5 max=6] |
Stringenz des bekannten Kanons | [usr 5 max=6] |
Charakterentwicklung | [usr 5 max=6] |
Spannung | [usr 3 max=6] |
Action | [usr 2 max=6] |
Humor | [usr 4 max=6] |
Intellektueller Anspruch | [usr 4 max=6] |
Gesamt | [usr 4 max=6] |
Mit Rücksicht auf andere Leser, die die Folge noch nicht gesehen haben, bitten wir, in den Kommentaren zu diesem Artikel auf Spoiler zu verzichten. Danke!
Nachdem ‘Brother’ bei mir eher zwiespältige Gefühle hervorgerufen hatte, hat mich diese Episode überzeugt. Vielleicht lag ja u. a. an der klugen Zurückhaltung in Sachen Action?