Nach zwei Auftritten in “Star Trek: Discovery” wird Harry Mudd nun auch eine eigene Kurzgeschichte gewidmet.
Rainn Wilsons Darstellung von Harry Mudd war bereits in der ersten Staffel von “Star Trek: Discovery” eines der Highlights. Nun bekommt der professionelle Betrüger seine eigene Kurzgeschichte spendiert. Nach der eher düsteren Interpretation von Mudd als skrupellosem Mörder in “T=Mudd²” versprüht “The Escapre Artist” wieder einen unbeschwerten Charme.
McMahan hat für seine Arbeit an der animierten Comedyserie “Rick & Morty” bereits einen Emmy erhalten und er nutzt sein Talent, um eine beißend komische Geschichte im “Star Trek”-Universum zu erzählen, die dabei nicht zur Parodie verkommt. Ähnlich wie schon “Calypso” zeigt “Short Treks” wieder einmal, welche eine Frischzellenkur talentierte Autoren für “Star Trek” bewirken können.
Wie bereits vorige “Short Treks” überrascht auch “The Escape Artist” mit einer sehenswerten Produktion. Für die kurze Folge wurden offenbar mehrere neue Sets angefertigt (oder es handelt sich um Set-Recycling aus der bisher unveröffentlichten zweiten Staffel von “Discovery”), die dem Kurzfilm zu einem stimmigen Charakter verhelfen.
Durch eine intelligente Konstruktion der Folge und dem cleveren Unterlaufen üblicher Sehgewohnheiten gelingt Autor Mike McMahan und Regisseur Rainn Wilson eine echte Überraschung zum Abschluss der Folge.
Achtung! Spoiler im Folgenden
Harry Mudd ist wieder einmal auf der Flucht. Offenbar hat er es nicht lange bei seiner lieben Stella ausgehalten und so sind ihm allerlei Kopfgeldjäger auf den Fersen. Wir erleben Versatzstücke von unterschiedlichen Begegnungen, in denen Mudd in die Fänge verschiedener “Geschäftsleute” kommt, die es alle auf eine fette Belohnung abgesehen haben, die die Föderation inzwischen auf Mudds Kopf ausgesetzt hat.
Während wir zwischen den unterschiedlichen Szenen hin- und herspringen, bildet Harrys Entführung durch einen Tellariten die Rahmenhandlung für die Folge. Der Tevrin Krit (Harry Judge) kauft Mudd von einem Breen-Kopfgeldjäger, und macht sich auf die Reise zu einem nahegelegenen Sternenflottenschiff.
Wir sehen parallel, wie Mudd in vergleichbaren Situationen auf die jeweiligen Kopfgeldjäger einredet und dabei die immer selben Strategien abspielt: Schmeicheln, drohen, verführen, bestechen. Während der Zuschauer davon ausgeht, dass die Szenen außerhalb des Tellaritenschiffs Flashbacks sind, in denen Harry sich aus seiner misslichen Lage befreien konnte, scheint der Kopfgeldjäger Krit wenig beeindruckt und überstellt ihn schließlich an die U.S.S. De Milo.
Dort wird enthüllt, dass Mudds Flucht niemals erfolgreich war, und auch nie erfolgreich sein musste. Sowohl Krit, als auch alle anderen Kopfgeldjäger haben nur Androiden in der Gestalt von Mudd in Gewahrsam genommen, die gerade gut genug programmiert waren, um für einige Zeit als das Original durchzugehen. Auf der De Milo stapeln sich inzwischen Exemplare mit Fehlfunktionen.
Harry Mudd hat seinen bisher intelligentesten Betrug realisiert: Durch den Bau und Verkauf von Androiden verdient er selbst an dem auf ihn ausgesetzten Kopfgeld.
Damit gelingt McMahan und Rainn eine großartige Pointe. Nach dem gelungenen Einstand darf man sich nun auf McMahans Arbeit an “Lower Decks” freuen.
Für Kanon-Wächter stellt sich noch die Frage nach der zeitlichen Einordnung der Folge. Die Tatsache, dass Mudd in der Lage ist, Androiden zu konstruieren, würde einen Zeitpunkt nach “Der dressierte Herrscher” nahelegen. Dies wird verstärkt durch die Gegenwart eines Androiden im Outfit aus eben dieser Folge der Originalserie. Dagegen spricht wie so häufig die übrige Optik der Folge. Mudd selbst ist ohne Schnauzbart unterwegs, und die Crew der De Milo ist in “Discovery”-typischen blauen Uniformen unterwegs. Aber das sollen Details am Rande sein, die den intelligenten Spaß an der Kurzgeschichte nicht trüben.